Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
Vom Netzwerk:
lassen, dass es jetzt losgehen durfte. Wenn noch ein weiterer Beweis für die niedere Natur der Heiden nötig gewesen wäre, dann hätte er hierin bestanden, denn es war offenkundig, dass der Mensch sich mit dem Tier verschworen hatte. Sie waren von ähnlicher Geistesart und minderwertiger Natur. Der Heide war ein Hexer, dem wilde Tiere als Schutzgeister dienten.
    Der Prediger wich vor Torpeths Rücken zurück, der sich direkt vor seiner Nase befand, aber das Einzige, was er damit erreichte, war, auf dem Maultier beinahe das Gleichgewicht zu verlieren. Wenn er aus dem Sattel stürzte, würde sein Fall wahrscheinlich nicht aufgehalten werden, bis er am Fuße des schwindelerregend steilen Hangs lag, den sie gerade hinaufritten. Er würde sich den Kopf an einem Felsen aufschlagen, und selbst die Erlöser würden nicht mehr viel für ihn tun können. Igitt! Bewegte sich da etwas in Torpeths verfilztem Haar? Der Mann war von Läusen, blutsaugenden Flöhen und bestimmt auch noch von Maden und allen sonstigen Kreaturen der Verderbtheit befallen. Er war eine lebende Verkörperung des Chaos! Der Prediger konnte sich unmöglich an ihm festhalten, und wenn es ihn das Leben kosten sollte. Er betete inbrünstig.
    Beinahe sofort begann es ihn am ganzen Körper zu jucken. Die Geschöpfe des Chaos hatten ihn nun, da seine geheiligten Gebete sie gestört hatten, zwangsläufig angegriffen. Oh, wie er litt! Aber er musste es erdulden und stark im Glauben bleiben, sonst würden ihn Angst und Zweifel aus dem Sattel stürzen und ihn das Leben kosten. Ach, das Chaos war so listig und verschlagen! Es führte einen selbst dann in Versuchung, wenn man nur mit einer so alltäglichen Aufgabe wie der befasst war, auf einem Maultier einen Berg hinaufzureiten. Er würde nicht nachgeben! Er würde diesen Berg von einer Herausforderung erklimmen, er würde die Transzendenz seines Glaubens und des Willens der gesegneten Erlöser beweisen, er würde zur Heiligkeit aufsteigen. Er würde zu einem erleuchteteren und mächtigeren Wesen werden, zum heiligen Praxis vom Gebirge!
    » Was murmelst du da vor dich hin, Flachländer?«, fragte Torpeth, räusperte sich und spuckte in den Wind, sodass ihm der Speichel wieder in den Bart geweht wurde, was ihm allerdings nichts auszumachen schien. » Du weißt, dass du die ganze Nacht hindurch mit dir selbst gesprochen hast, nicht wahr? Unruhige Träume?«
    Ekelerregende, besudelte Kreatur! Weil Praxis sich nicht den wimmelnden, hüpfenden, beißenden Chaosgeschöpfen ergeben wollte, von denen sie beide befallen waren, versuchte der Heide nun, seinen Verstand und sein Selbstvertrauen anzugreifen. » Ich bete sogar im Schlaf«, antwortete der Prediger ruhig. » All meine Gedanken, Worte und Taten sind von meinem Glauben bestimmt.«
    » Dann sind sie also gar nicht deine eigenen? Es liegt nichts von deiner eigenen Persönlichkeit und deinem Willen in ihnen? Folglich ist es doch gewiss kein Glaube, oder? Es ist körperliche, geistige und seelische Sklaverei. Wie kommt es, dass du auch nur weißt, wann du deine Eingeweide entleeren musst, da dein sogenannter Glaube sich doch sicher nicht auf deine Eingeweide erstreckt– oder tut er das? Aber dein Körper braucht doch einen freien Willen, um sich zu entleeren, nicht wahr?«
    Das Maultier bekam einen Schluckauf und schnaubte, als ob es in den Fäkalhumor des Heiden mit einfallen wollte. Aber der Prediger wusste, dass das Gespräch mit Spaß nichts zu tun hatte, sondern vielmehr ein Versuch war, seinen Glauben herabzuwürdigen und zu untergraben.
    » Warte, jetzt hab ich ’s!«, fuhr der Heide schadenfroh fort. » Du entleerst deine Eingeweide also nie! Du reinigst dich nicht! Du bist immer voll von Unrat. Kein Wunder, dass du gestern Abend keine von meinen Pinienkernen abhaben wolltest– und kein Wunder, dass du immer so einen gequälten Gesichtsausdruck hast.«
    Der Prediger blieb unbewegt. Er ertrug sein Schicksal standhaft. Er würde sich nicht von diesem Teufel anfechten lassen. » Mein Glaube nährt mich. Er ist alles, was ich brauche.«
    » Aber du isst doch sicher? Schande, ich hatte schon gehofft, du wärst eine Art Wunder, von dem ich lernen könnte. Dein Glaube nährt dich also, sagst du. Wischt er dir auch den Arsch ab?«
    Schon wieder die heidnische Besessenheit von niederen Körpervorgängen, als ob er ein kleines Kind wäre, das noch nicht gelernt hatte, sich nicht zu beschmutzen! Prediger Praxis antwortete mit ruhigem Gleichmut: » Mein Glaube hat mich an

Weitere Kostenlose Bücher