Das Wispern der Schatten - Roman
danach jemand verspeisen würde, nicht unbedingt angenehm, aber ein disziplinierter Verstand sollte in der Lage sein, das auszublenden.
Er räusperte sich und befahl mit honigsüßer Stimme den Helden, die ihm folgten: » Löscht das Feuer. Holt sie aus dem Kessel. Nehmt ihr die Ketten ab.«
Wie Schlafwandler oder wie in Trance taten etwa ein Dutzend Helden wie geheißen. Eine Trittleiter wurde geholt, und sie mussten Fredas schlaffes Gewicht zu sechst aus dem Kessel hieven. Ihre Handschellen aus Sonnenmetall fielen mit einem leisen Klirren zu Boden, und sie brach darauf zusammen, als die Männer sie nicht länger stützten. Der Sonderbare hockte sich neben sie.
» Freda, kannst du mich hören? Ich bin gekommen, um dich zu befreien. Ich bin dein Freund. Nicke, wenn du mich verstehst.«
Das tat sie benommen.
» Es ist wichtig, dass du nicht einschläfst. Kannst du um meinetwillen wach bleiben?«
Noch ein Nicken.
» Holt mir eine mit kaltem Wasser getränkte Decke«, wies er die Männer an.
Die Erde begann zu beben. Mehrere Männer blinzelten, als ob sie zu sich kamen. Sie sahen sich verwirrt und betroffen um. Einer von ihnen gab einem seiner Kameraden eine Ohrfeige, um ihn wieder ganz zu Bewusstsein kommen zu lassen.
Der Sonderbare zog eine seiner äußerst ausdrucksvollen Augenbrauen hoch. » Seine Schweinheit erwacht! Macht einen Trog und einen Eimer mit Futter bereit!«
Die Helden, die noch immer in seinem Bann standen, kicherten.
» Wer wagt es, in mein Lager einzudringen?«, erscholl eine dröhnende Stimme.
» Hat hier jemand etwas gehört? Es klang nach Blähungen. Oh, seid doch so gut, mir einen Wagen zu bringen, ja? Ich glaube, es wird noch eine Weile dauern, bis meine Freundin hier wieder richtig gehen kann.«
Der heilige Goza trat mit seinem Sonnenmetallhammer aus dem Zelt hervor, stapfte auf sie zu und warf einen Schatten auf sie alle. » Wohin willst du mit meinem Abendessen verschwinden? Hauptmann, was hat das zu bedeuten?«
Der Hauptmann, der immer noch wie verzaubert den Sonderbaren anstarrte, brachte nur unzusammenhängendes Gemurmel heraus. Speichel floss ihm aus beiden Mundwinkeln.
» Ich glaube, er ist verliebt.« Der Sonderbare strahlte den Heiligen an und klimperte gefällig mit den Wimpern. » Oh, du bist aber ein Großer! Du hast sicher mehr als genug übrig. Du brauchst die Felsfrau nicht.« Er ließ die ganze Bandbreite von zwingenden bis mitfühlenden Tönen in seiner Stimme mitschwingen.
Der Heilige schüttelte den Kopf, als würde er von lästigen Fliegen umschwirrt. » Ich herrsche hier! Wachen, ergreift ihn!«
Der Sonderbare hob abweisend die Hand, und die Helden ringsum erstarrten. Jetzt bediente er sich misstönenderer und durchdringenderer Schallwellen, um dem Heiligen Angst einzujagen. » Du wirst sie mir überlassen! Es ist der Wille deiner Erlöser! Du musst dich diesem Willen beugen!«
Der Heilige klang, als ob es ihm fast die Sprache verschlagen hätte. » Ich… repräsentiere… hier… ihren… Willen.«
Dann ertönte der süße und verführerische Gesang der Nötigung: » Komm, mein Lieber, du weißt doch sicher, wer ich bin. Du weißt, dass es zwecklos wäre, mir Widerstand zu leisten. Das würde nur in Trauer und einem gebrochenen Herzen enden. Du würdest alles aufs Spiel setzen– und wofür? Nur für diese harmlose, aussätzige Frau, die sicher alles andere als ein schmackhafter Leckerbissen ist? Du bist barmherzig, großmütig und erleuchtet. Du wirst sie mir geben, in dem Wissen, dass die Erlöser dich für deine Ergebenheit und deinen Glauben belohnen werden. Du wirst zum Ersten unter den Heiligen werden, und alle Regionen werden deinem Wort und deinem Willen folgen. Komm, nicke mit deinem prachtvollen Haupt, mein Lieber!«
Goza ließ den Kopf nach vorn sinken und sagte hölzern: » Ja, ich gebe sie dir, um meine Hochherzigkeit und Größe zu zeigen. Nimm sie.«
» Danke, Heiliger. Du bist so weise, wie du fett bist. Oh, nur noch eines, bevor ich gehe.« Die Stimme des Sonderbaren wurde ausdruckslos und tief, um sich allen in Verstand und Gedächtnis einzuprägen. » Du solltest vielleicht einmal darüber nachdenken, etwas häufiger zu baden. Es muss doch irgendwo in dieser Gegend einen See geben, der groß genug dafür ist, nicht wahr? Oder würde das eine Dürre auslösen? Jemand von deinem Leibesumfang schwitzt doch sicher ständig, und das ruft einen sehr strengen Körpergeruch hervor, sodass die meisten Leute dich ohne Zweifel schon riechen,
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