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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Feind. Es schien ihm, als hätten all die Tausende von Pfeilen erstaunlich wenig Schaden unter den Franzosen angerichtet. Zwar waren viele zu Boden gegangen, und ihre Körper hielten die anderen auf, doch noch immer war der Acker voller lebendiger, schlammverspritzter, gutgerüsteter Franzosen, die mit ihren Lanzen, Schwertern, Keulen und Äxten gegen die englische Linie vorrückten. Sie schoben sich näher, jeder Schritt eine Anstrengung in dem zähen Schlamm, und Hook suchte sich einen Mann aus, der kraftvoller wirkte als die anderen, und dann schoss er ihm seinen letzten Pfeil in die Brust. Die Ahlspitze durchbohrte die Stahlplatte, zerschmetterte eine Rippe und fuhr tief in einen Lungenflügel, sodass aus den Visierlöchern des Helmes Blutfäden tropften.
    «Pfeile!», brüllte Hook, doch da waren keine mehr, bis auf die wenigen, die die Bogenschützen der hinteren Reihen noch übrig hatten, und diese Männer hüteten ihre Geschosse. Die Bogenschützen wurden nun Zuschauer. Sie standen zwischen ihren Stöcken, nur wenige Schritte von der nächsten Keilformation der Franzosen entfernt, die inzwischen ebenfalls bis auf wenige Schritte an die englische Kampflinie herangekommen war.
    Seigneur de Lanferelle war imstande, in voller Plattenrüstung über den Rücken seines Pferdes hinwegzuspringen, er tanzte manchmal sogar in seiner Rüstung, nicht nur weil den Frauen ein zum Kampf gerüsteter Mann gefiel, sondern auch, weil er gern vorführte, dass er mit Rüstung leichtfüßiger und gewandter war als die meisten Männer ohne. Doch jetzt konnte er sich kaum mehr bewegen. Jeder Schritt war ein Kampf gegen den saugenden Boden. An manchen Stellen sank er bis zur Mitte des Unterschenkels ein und konnte sich kaum wieder aus dem zähen Schlamm herausziehen, doch Schritt für Schritt kam er voran. Gelegentlich stützte er sich auf seinen Nachbarn, um seinen gepanzerten Stiefel aus dem zähen Morast zu zerren. Er versuchte, in die Ackerfurchen zu treten, in denen der Regen stand, denn diese Furchen hatten den festesten Boden. Durch die kleinen Löcher seines Visiers konnte er kaum etwas sehen, doch er wagte es nicht, das Visier aufzuklappen, denn überall um ihn schlugen lärmend Pfeile ein. Eine Ahlspitze traf ihn an der Stirn, sodass sein Kopf nach hinten gerissen wurde und er beinahe gestürzt wäre, doch einer seiner Männer stützte ihn und richtete ihn wieder auf. Ein anderer Pfeil traf seinen Brustpanzer, riss seinen Wappenrock auf und fuhr mit lautem, schrillem Kreischen an seiner Panzerung entlang. Seine Rüstung hielt beiden Pfeilen stand, doch andere Männer hatten dieses Glück nicht. Alle paar Augenblicke hörte man unter dem metallenen Pfeilregen einen Mann keuchen, schreien oder um Hilfe rufen. Lanferelle sah sie nicht stürzen, er hörte sie nur, und ihm war bewusst, dass ihr Vorstoß den Zusammenhalt verlor, denn Männer drängten sich von links, von wo die meisten Pfeile kamen, zur Mitte der Linie und störten so die Schlachtordnung. Rüstung schlug gegen Rüstung. Lanferelle selbst wurde so dicht gegen seinen rechten Nachbarn geschoben, dass er nicht einmal mehr den Arm mit der Lanze heben konnte. Er brüllte lautstark und versuchte angestrengt, einen Schritt vor den Mann zu kommen. Er drehte seinen Kopf von einer Seite zur anderen, um etwas Sinnvolles in dem grauverschwommenen Bild zu erkennen, das durch die Sehlöcher hereindrang. Die Engländer hatten, so stellte er fest, ihre Visiere aufgeklappt. Sie mussten keine Pfeile fürchten. Lanferelle wagte es immer noch nicht, sein Visier zu öffnen, weil vor ihm zwischen den englischen Kampfeinheiten jeweils einige Bogenschützen aufgestellt waren, und diese Männer würden Gott für das Ziel danken, das er ihnen mit einem offenen französischen Visier anbot.
    Sein Atem ging keuchend unter dem Helm. Er hielt sich für einen kraftvollen Mann, doch er musste nach Luft schnappen, während er durch den tiefen Schlamm watete. Schweiß strömte über sein Gesicht. Sein linker Fuß rutschte in einer morastigen Pfütze aus, und er sank auf das rechte Knie. Mühselig kam er wieder hoch und schleppte sich weiter. Dann stolperte er über etwas, und dieses Mal fiel er neben die Leiche eines Feldkämpfers. Zwei seiner Männer zogen ihn wieder auf die Füße. Nun war er vollkommen mit Lehm überzogen. Einige Löcher in seinem Visier waren mit Schlamm verklebt, und er wischte mit der linken Hand darüber, doch der Panzerhandschuh konnte die zähe feuchte Erde nicht entfernen.

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