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Das Zeit-Tippen

Das Zeit-Tippen

Titel: Das Zeit-Tippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Dann
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haben sogar Poppa gefunden. Ist das nicht wunderbar?“ Sie lächelte. „Ich werde ihn allerdings umprogrammieren müssen. Er hatte mich diesmal fast dazu überredet, die Sache durchzustehen.“
    „Aber ich liebe dich wirklich“, sagte Stephen.
    Esme warf einen Blick in das offene Kästchen und sagte: „Poppa…“
    Poppa schlug die flatternden Lider auf. „Ich fürchte mich“, sagte er, „ich bin ganz allein im Dunkeln. Ich habe solche Angst, und es ist hier so dunkel, ach bitte, Esme, bitte hilf mir, laß mich nicht sterben. Ich habe geträumt, ich sei ein Kopf in einem Kästchen, und ich habe solche Angst…“
    Und dann brach Poppa in Tränen aus.

Amnesie
     
     
     
    Unsere Gesellschaft ist vielleicht selbst dysfunktionell geworden, und manche Formen schizophrener Entfremdung von der Entfremdung der Gesellschaft haben vielleicht eine soziobiologische Funktion, die wir noch nicht erkannt haben.
    R. D. Laing
     
    Die Politik der Erfahrung
    Die einzelnen, welche die Menge bilden, werden »Schreihälse« genannt; nur wenn diese kranken Menschen sich in Gruppen von einer gewissen Größe versammeln, werden sie telepathisch und entwickeln Masseneinfühlungsvermögen oder ein kollektives Bewußtsein. Wenn sie nicht in einer Gruppe sind, zeigen die einzelnen die verschiedenen schizophrenen Verhaltensmuster.
    Alain R. Lucie
     
    Die kollektive Realität
    „Ja, Herr Doktor. Ich höre deutlich, ja sogar laut Stimmen; sie unterbrechen uns in diesem Augenblick. Für mich ist es leichter, ihnen zuzuhören als Ihnen. Ich kann leichter an ihre Bedeutung und Aktualität glauben, und sie stellen keine Fragen.“
    Ein schizophrener Patient zu seinem Psychiater

Ebensogut hätte es Nacht sein können, obwohl die grelle Mittagssonne die Bistros, Stehkneipen, Animierbuden und Gartenrestaurants so weiß färbte wie Gebeine in der Wüste.
    Der Steg knarrte, als Mantle darüber lief; das war wenigstens noch so, wie es immer gewesen war – morsche Bretter, die bei jedem Schritt durchzubrechen drohten. Noch einmal versuchte er, sich zu erinnern, wie er seine Frau Josiane verloren hatte. Sie war für ihn eine Zwangsvorstellung. Er mußte sie finden. Aber sein geistiges Auge war geschlossen, sein Gedächtnis in Dunkelheit versunken.
    Der alte Boulevard de la Croisette, der zu seiner Rechten lag, war zwar weiterhin elegant, hatte aber durch seine vereinzelten verwahrlosten Gärten und sein brüchiges und rissiges Trottoir viel von seinem früheren Glanz eingebüßt. Aber noch immer war er der Treffpunkt der Intellektuellen, besonders im Winter, wenn Exilanten, Spione, politisch Verfolgte und Journalisten aus ganz Europa und den Staaten dort zusammenkamen. Seit Neapel in die Hände der Schreier gefallen war, war der Boulevard de la Croisette zu dem geworden, was einst die Via Roma war: ein offiziöses Zentrum für Informationsaustausch und Intrigen.
    Mantle ging schnell und ungeduldig, als könnte er sich so einen Weg durch seine Amnesie bahnen. Er war energiegeladen, ein Stern kurz vor dem Erlöschen, und von seiner Besorgnis gespeist.
    Josiane, dachte er, wobei er versuchte, sie sich im Geiste vorzustellen. Immer wieder flüsterte er ihren Namen; es war eine Beschwörung, um die Vergangenheit zurückzubringen.
    Die Erinnerung würde wie die Flut hereinbrechen und ihm die Bruchstücke seiner Vergangenheit zurücklassen, dieses ganze Strandgut; aber seine Vergangenheit war genauso bröckelig wie der Boulevard rechts von ihm. Josiane, wenn ich meine Augen schließe, kann ich mich nicht einmal an dein Gesicht erinnern…
    Der Steg war zu Ende, und Mantle ging zum Boulevard hinüber. Eine Frau winkte ihm vom Strand zu und rief seinen Namen, aber er tat so, als sähe er sie nicht. Gerade jetzt konnte er Ellen nicht gegenübertreten, obgleich er sie so liebte, wie er eben jemanden nach Josiane lieben konnte. Sie gab ihm die einzige Wärme, die ihm zuteil wurde, aber sie war nun einmal nicht Josiane. Deshalb verfluchte er sie. Er erschauderte, als hätte er sich an etwas Schmerzliches erinnert, an irgend etwas, das Josiane betraf, das ihm freilich schnell wieder entglitt. Während er die lärmenden Passanten ignorierte, die glitzernde weiße Pullover, hautenge Shorts oder gar nichts anhatten, versuchte er jene Erinnerungen zu lokalisieren, die sich wie pechschwarze Schlangen in einer finsteren Höhle durch seinen Kopf wanden.
    Der Computerknopf flüsterte ihm ins Ohr, daß es für seine Pille Zeit sei. Eine Woge des Ärgers stieg in ihm

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