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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Züge waren von der anziehenden Art, wie man sie nicht vergaß.
    Garsende ertappte sich bei dem Bedürfnis, ihm die Strähne aus der Stirn zu streifen, wie sie es früher oft getan hatte.
    »Zur Hölle mit Euch«, murmelte sie.
    »Aber da bin ich schon gewesen.« Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. »Seit dem Tag, da du mich vor die Tür gesetzt hast. Du bist mein Herzblut, und wie es scheint, lässt sich daran auch nichts mehr ändern.«
    »Mein Herzblut ist aber noch immer kein edles, und auch daran lässt sich nichts ändern.« Sie merkte selbst, wie bitter das klang, und senkte den Kopf.
    Lothar hob die Schultern. »Nein«, gab er zu. »Und nichts lag mir ferner als hierherzukommen, das kannst du mir glauben. Aber als ich dich dort auf dem Marktplatz stehen sah, konnte ich dir einfach nicht fernbleiben.«
    Jetzt, spätestens jetzt war der Zeitpunkt, ihm zu sagen,
dass sein Kommen zwecklos war. Dass er gehen müsste. Dass sie nicht wieder in seine Arme sinken würde, um sich das Herz zerreißen zu lassen. Dass sie ihn nicht mehr liebte.
    »Warum seid Ihr überhaupt nach Worms gekommen?«, hörte sie sich mit spröder Stimme fragen.
    »Das zu erzählen, würde ein Weilchen dauern«, sagte er. Garsende hob den Kopf und sah ihm in die Augen, doch konnte sie nicht darin lesen, und alles, was sie fand, war ein Blick, der sie zu liebkosen schien.
    In verzweifeltem Ringen mit sich selbst biss sie sich auf die Lippen und wusste doch, dass sie den Kampf schon wieder verloren hatte. Das Weidengeflecht schnitt ihr in die Hände, so fest umklammerte Garsende den Korb, als sie ihren Zopf in den Nacken warf und an Lothar vorbei zur Hütte eilte. An den leichten Schritten hinter sich hörte sie, dass er ihr folgte.
     
    Nach seinem Gespräch mit Bruder Goswin hatte der Burggraf die Bischofspfalz aufgesucht, um mit Lothar von Kalborn zu sprechen. Doch dort erfuhr er, dass der Edelmann die Pfalz nach einem Frühstück mit dem Vogt des Bischofs verlassen hatte und noch nicht zurückgekehrt sei.
    Die Erwähnung eines Frühstücks erinnerte Bandolf daran, dass auch er seit seinem Morgenmahl nichts mehr zu sich genommen hatte. Er beschloss, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und sich beim Wirt am Markt nach Ulberts beiden Kumpanen zu erkundigen.
    Kaum hatte der Burggraf die Pforte passiert und war auf den Domplatz getreten, fand er sich von einem Fremden angerempelt, der es offenkundig eilig hatte, die Bischofspfalz zu betreten.
    »Passt doch auf, wo Ihr hintretet!«, knurrte der Mann und starrte Bandolf ungehalten an.

    Der Fremde war um gut einen Kopf kleiner als der Burggraf, doch der reich bestickte Mantel, der über der rechten Schulter mit einer aufwendig verzierten Fibel geschlossen war, vermochte seinen muskulösen Körper nicht zu verbergen.
    »Die Entschuldigung liegt bei Euch, würde ich meinen«, gab Bandolf kühl zurück.
    Der Fremde hob eine Augenbraue, und sein Blick glitt abschätzend vom bärtigen Gesicht des Burggrafen über seine breite Brust und das Schwert, das an seinem Gürtel hing, bis zu den stiefelbewehrten, kräftigen Beinen.
    »Und wer fordert sie ein?«, fragte er schließlich.
    »Bandolf von Leyen, der Burggraf von Worms.«
    Die hellen Augen über der breiten Stirn nahmen plötzlich einen wachsamen Ausdruck an.
    »Ihr seid der Burggraf von Worms?«
    »Ganz recht. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Raoul de Saint Rémy, Graf in Burgund.«
    Ein Welscher, fuhr es Bandolf durch den Kopf. Er kniff die Augen zusammen. War es der feindselige Ton? Oder der wachsame Blick? Irgendetwas an diesem Mann erregte seinen Argwohn. »Und was führt Euch in die Stadt?«, fragte er.
    »Was geht Euch das an?«, blaffte Raoul.
    Bandolf zuckte mit den Schultern. »Jemand hat gestern Nacht das Gesetz des Königs gebrochen und einen jungen Edelmann ermordet. Wollt Ihr Euch verdächtig machen, indem Ihr mir Auskünfte verweigert?«
    »Damit habe ich nichts zu schaffen.«
    »Wenn dem so ist, wird es Euch auch keine Mühe machen, mir zu sagen, wann Ihr in Worms eingetroffen seid und wo Ihr Euch gestern Nacht aufgehalten habt«, meinte Bandolf.
    Der Burgunder warf seinen Kopf in den Nacken und lachte
schallend, doch wenig erheitert. »Den Teufel werde ich tun, mich vor einem wie Euch zu rechtfertigen«, rief er und schickte sich an, an dem Burggrafen vorbei durch die Pforte der Pfalz zu treten.
    Rasch trat ihm Bandolf in den Weg.
    »Mein Stand mag dem Euren nicht ebenbürtig sein, doch als Burggraf

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