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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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draußen. Dann glitt ein erleichtertes Lächeln über ihr Gesicht.
    Das Knarren kam eindeutig von der Tür zum Verschlag neben ihrer Hütte. Garsende pflegte dort ihre Kräuter zu trocknen und zusammen mit einigen Vorräten zu lagern. Am Abend zuvor musste sie vergessen haben, den Riegel vor die Tür zu schieben. Ärgerlich auf sich selbst, griff sie nach einem Kienspan, den sie am Herdfeuer entzündete, und hielt ihn an den Docht einer Talglampe. Als er Feuer gefangen hatte, blies sie den Kienspan aus, steckte ihn in eine Schale mit Sand und griff nach der Lampe. Doch dann zögerte sie. Hatte sie wirklich vergessen, die Tür richtig zu schließen?
    Angestrengt versuchte Garsende sich zu erinnern, aber ihr Gedächtnis zeigte ihr nur einen verschwitzten Edelmann, der tatsächlich mit einer Harke in der Hand über ihrem Kräuterbeet stand und dort mehr Schaden anrichtete, als er Hilfe bot. Gegen Abend war die Köhlerwitwe um eine Salbe gegen ihre Kreuzschmerzen gekommen. Glücklicherweise brachte sie ihren Enkel mit, der ihr Kommen mit lautstarkem Krakeelen lange vor ihrem Eintreffen angekündigt hatte, und so war es Garsende gelungen, den widerstrebenden Lothar in den Verschlag zu bugsieren, noch ehe die Witwe ihn zu Gesicht bekam.
    Garsende runzelte die Stirn. Nachdem die Köhlerfrau und ihr lärmender Enkel sich verabschiedet hatten und sie Lothar aus dem Verschlag herausließ, hatte sie da nicht den
Holzriegel wieder herunterfallen lassen? Doch, das hatte sie! Und nachdem ihr Liebster gegangen war, hatte sie den Verschlag auch nicht noch einmal betreten.
    Warum war er dann jetzt offen und knarrte?
    Vorsichtig stellte sie die Lampe auf dem Boden ab und griff nach der Harke, die, noch mit Erde behaftet, neben der Tür stand.
    Der Gedanke an das, was sie vor ihrer Hütte womöglich erwarten könnte, ließ sie schaudern, und für einen Moment hatte sie das Bedürfnis, sich in ihrer Bettstatt zu verkriechen und zu warten, bis das Morgenlicht den nächtlichen Schrecken vertreiben würde.
    Memme!, schalt sie sich selbst, umklammerte entschlossen die Harke und öffnete die Tür. Mit zusammengekniffenen Augen spähte sie durch den Spalt nach draußen.
    Es war dunkel. Mond und Sterne hatten sich hinter einer schweren Wolkendecke verkrochen, und das spärliche Licht, das aus dem Inneren ihrer Hütte nach draußen fiel, trug nicht weit. Eine laue Brise fuhr durch die Sträucher ihrer Beete, deren Umrisse sie mehr erahnen als sehen konnte, und ließ das Immergrün im Wald rascheln. Andere Geräusche hörte sie nicht.
    Mit der Linken griff Garsende nach der Lampe und schob sich durch den Spalt ins Freie. Lauschend verharrte sie, doch als sich kein Strauchdieb auf sie stürzte und auch sonst alles ruhig blieb, schlich sie auf bloßen Füßen an der Wand entlang bis zum Verschlag, um den die Hütte erweitert worden war. Die Tür stand einen Spalt weit offen.
    Garsende holte tief Luft, dann schob sie die Harke hinter die Tür und zog sie auf. Der durchdringende Geruch verschiedenster Pflanzen, die zu Büscheln gebunden von der Decke baumelten, in Öl eingelegt, klein gehackt oder zu Pulver zerstoßen in Krügen, Schalen und Fässchen lagerten, schlug ihr entgegen. Die Heilerin hob die Lampe und leuchtete
in den niedrigen Raum. Dann atmete sie erleichtert auf. Hier war nichts, was nicht hierhergehörte. Und nichts schien zu fehlen. Keines der Behältnisse war beschädigt, die wenigen Gerätschaften, die sie besaß, um ihre Beete und die Pflanzen zu bearbeiten, lagen vollzählig auf dem Boden, und auch die halbe Speckseite, die im Verein mit den Kräuterbündeln vom Balken an der Decke hing und sich im Luftzug langsam drehte, war noch da.
    Doch plötzlich stutzte sie. Der Anschnitt der Speckseite glänzte im Schein ihrer Lampe. Garsende bückte sich unter dem Türsturz durch und trat näher. Tatsächlich! Jemand hatte eine Scheibe davon abgeschnitten. Nun, da sie sich genauer umschaute, bemerkte sie, dass auch der Käse um ein Stückchen kleiner und der vom Winter übrig gebliebene Vorrat ihrer Äpfel um ein paar dezimiert worden war. Von Magdas braun gesprenkelten Eiern im Flechtkorb fehlte eines, und der Deckel eines Fasses, in dem sie Saubohnen aufbewahrte, lag nicht mehr richtig auf. Garsende hob ihn an, konnte jedoch nicht sagen, ob etwas fehlte. Falls sich jemand daran vergriffen hatte, konnte er nicht viel genommen haben. Auch an ihrem Mehl schien sich der Dieb bedient zu haben. Garsende pflegte die Oberfläche stets wieder

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