Das zweite Gesicht
seine Miene noch im m er war, wie in sich gekehrt s e in Blick. Ma c hte er sich ernsthafte Sorge n ? W aru m ? Es war doch nichts passiert.
Nur Klavierspiel von Geister h and und eine Planchette, die sich von selbst bewegte.
Jakob wollte, dass sie ihm davon erzählte, weil er dies e l ben Ge f ühle wieder hervo r lo c ken wollte, jederz e i t abru f bar f ür ihr Spiel. Jet z t aber v erlor e r da r über kein Wort m ehr. Etwas anderes beschäftigte ihn.
» W illst du das wirklich … m it deiner S c hwester spreche n ?«
Sie s t arrte ihn entgeistert a n, dann lachte sie nervös.
»Gehört das zum Unterricht ? «
» W ar es dir da m it wirklich ernst?«
»Es reicht, dass ich einmal d a rauf hereingefallen bin. Ich habe keine Lust, denselben …«
Er unterbrach sie. »Her m ann ist ein Dum m kopf, aber er ist nicht der Einzige. Manch m al kommt es einem vor, als sei ganz Berlin verrückt geworden. Alle wollen neuerdings Spiritisten sein.« Er betonte den Begriff wie ein Schi m p fwo r t. »Seancen und die s es ganze Zeug sind die große Mode, egal wo du hinschaust. Grundsolide F a m ilien setzen sich nach dem Abendessen zusam m en und rufen die Toten an. Reiche W itwen geben ein Heidengeld für falsche Medien und dubiose Geisterbeschwörer aus. Hast du dich m al in einem Buchl a den umgeschaut? Die Regale sind voll m i t Büchern über Spiritismus.«
Sie zuckte die Achseln. »Und ? «
»Alberner Hokuspokus, könnte man m einen. Ein paar Leute verdienen sich eine go l dene Nase da m it. Aber das Schlim m e ist, dass die m eisten ni c ht wissen, a uf was sie sich einlassen.«
Sie sah i h n verstän d nislos an. » W orauf will s t du eigentlich hinaus ? «
»Das, was Her m ann und die anderen getan haben, ist nicht ungefährlich. W enn alle wissen, um was e s geht, gut,
dann ist das ihre Sache. Aber d i ch da m it hineinzuziehen, ist unverantwortlich.«
»Ich brauche nie m anden, der m i ch in Sch u tz nim m t, Jakob«, sagte sie m i t sch m alem Lächeln. »Ich bin freiwillig m itgegangen, keiner hat m i ch dazu gezwungen.«
»Vor einiger Zeit gab es eine Frau, drüben in Boxhagen. Irgendwer hat sie überre d et, an ei n er Seance teilzuneh m en. Sie war kein Medium oder so was, wenigstens nicht bis zu dem Ab e nd, als sie m it den anderen ging und sich m it ihnen um einen runden Tisch setzte, bei Kerzenschein und dem Duft von Räucherstäbchen.«
Der Geruch in Langs W ohnung fiel ihr ein, ganz unver m ittelt.
»Sie haben die Toten herbe i gerufen«, fuhr Jakob fort, so als erzähle er ihr et w as, das er heute Mor g en in der Zeitung gelesen hatte. »Sie hab e n es ein wenig geschickter angestellt als Her m ann, was ver m utlich dein Gl ü ck war.«
»Ich verstehe nicht …«
»Her m ann hat versucht, dich als Medium zu m i ssbrauchen, wissentlich oder nicht. Er hat ausgenutzt, dass du von allen die engste Bindung zu Jula hattest. Und das haben diese Leute mit der Frau da m als auch getan. Sie haben ihr versprochen, Kontakt mit ihrem toten Mann aufzuneh m e n, und auch sie hatten kein echtes Medium dabei – der schlim m ste Fehler, den m an überhaupt m achen kann.«
Sie fragte sich, weshalb er so viel über diese Dinge wusste, unterbrach ihn aber nicht.
»Echte Medien wissen, was sie tun. Jedenfalls sollten sie das. Aber die Geister über einen Laien herbeizurufen …«
Er schüttelte den Kopf. »Das ist, als würde m an einem kleinen Kind eine entsicher t e Pistole in die Hand drücken und abwarten, was passiert. Verstehst du? In deinem Fall ist es fast schief gegangen.«
Sie versuchte zu lachen, aber es war schlechter gespielt als jede andere Regung in ihrer kurzen Schauspiellaufbahn.
Er sah sie prüfend an, als wollte er herausfinden, ob sie m ehr wuss t e, als sie zugab. Dann kam er wohl zu dem Schluss, dass sie tatsächli c h nicht die geringste Ahnung hatte. E r s eu f zte. »Hör zu, ich will dir k e ine Angst m achen. D a s m eiste, was diese Leute tun, ist har m loser Quatsch. Eine Art Gesellschaftsspiel, nicht mehr. Aber m anche – s o wie Hermann zum Beispiel – besitzen ein ge f ährlic h es Halbwiss e n, m it dem sie experi m entieren. Die Planchette, die ihr benutzt habt, kann keine einfache aus irgendeinem Laden gewesen sein.«
»Sie sah alt aus«, sagte sie schulterzuckend.
»Viell e icht hat sie eine e i gene Geschichte, womöglich wurde sie früher von m ä chtigeren Medien benutzt, als ihr, Her m ann oder du, es jemals sein könntet.«
All m ählich war ihr u n
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