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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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könnte das lernen.«
    Entschlossen, hartnäckig: »Ich könnte
lernen

    Sie verstand einfach nicht, warum er ihr nichts beibringen wollte. Erst viel später begriff sie, dass er die Last dessen, was er tat, keinem anderen aufbürden wollte – dass seine Arbeit schön war, aber auch schrecklich, und dass das Schreckliche bei weitem überwog. Doch als sie das begriff, war es ihr gleichgültig geworden. Denn inzwischen gehörte sie dazu.
    »Hier. Die kannst du mal sortieren«, sagte Brimstone eines Tages und schob ihr über seinen Schreibtisch ein Tablett mit Zähnen zu. Inzwischen war sie schon einige Jahre als Page bei ihm, und er hatte ihre Aufgaben hartnäckig auf diese Rolle beschränkt. Bis zu diesem Moment.
    Issa, Yasri und Twiga hielten in ihrer Arbeit inne und wandten die Köpfe. War das … ein Test? Doch Brimstone ignorierte sie und konzentrierte sich auf etwas in seiner Schatulle, während Madrigal kaum zu atmen wagte, das Tablett zu sich heranzog und sich still ans Werk machte.
    Es waren Bärenzähne. Vermutlich nahm Brimstone an, dass sie sie nach ihrer Größe sortieren würde, aber Madrigal hatte ihn schon seit Jahren beobachtet. Deshalb nahm sie nun jeden Zahn einzeln in die Hand und … lauschte. Sie lauschte mit den Fingerspitzen, rangierte ein paar aus, die sich nicht richtig anfühlten – sie waren faul, wie Brimstone ihr später offenbarte –, und die anderen ordnete sie nach Gefühl, nicht nach Größe. Als sie ihm das Tablett wieder zuschob, beobachtete sie mit enormer Befriedigung, wie seine Augen groß wurden und er sie auf einmal ganz anders ansah.
    »Gut gemacht.« Das sagte er damals zum ersten Mal. Sie spürte ein seltsames, anschwellendes Ziehen im Herzen, während sich Issa in der Ecke die Augen betupfte.
    Danach begann er ihr Dinge beizubringen, aber ganz unauffällig, ganz nebenbei.
    Sie lernte, dass Magie hässlich war – ein hartes Feilschen mit dem Universum, ein Kalkulieren mit dem Schmerz. Vor langer Zeit hatten Medizinmänner sich gegeißelt, hatten ihr eigenes Fleisch bloßgelegt, um Zugang zur Kraft ihrer Qual zu finden, hatten sich selbst verstümmelt, sich Knochen gebrochen und absichtlich falsch wieder zusammengesetzt, um einen Vorrat an Schmerzen für das ganze Leben anzulegen. Damals hatte es ein Gleichgewicht gegeben, einen natürlichen Regulator, denn es war das eigene Leiden gewesen, das man zum Einsatz brachte. Doch im Lauf der Zeit hatten einige Zauberer Methoden gefunden, die Kalkulationen zu unterlaufen und auf den Schmerz von anderen zurückzugreifen.
    »Dafür sind also die Zähne da? Damit man schummeln kann?« Madrigal erschien diese Methode ein wenig unsportlich. »Die armen Tiere«, setzte sie leise hinzu.
    Issa warf ihr einen bösen Blick zu. »Vielleicht möchtest du lieber Sklaven foltern?«
    Das war so gemein und so untypisch, dass Madrigal sie nur stumm anstarren konnte. Es sollte noch Jahre dauern, bis sie verstand, was Issa meinte – es würde der Vorabend ihres eigenen Todes sein, denn erst da sprach Brimstone endlich offen mit ihr –, und sie würde sich schämen, dass sie es nicht alleine herausgefunden hatte. Seine Narben. An ihnen hätte sie es sehen müssen – dieses Netzwerk von Narben, die in seinem Fell so uralt aussahen, schmale Peitschenrisse, kreuz und quer auf Schultern und Rücken verteilt. Aber wie hätte sie es erraten können? Trotz allem, was sie gesehen hatte – die Plünderung ihres Bergdorfs, die Toten und die Vermissten, die Belagerungen, bei denen sie mitgekämpft hatte –, war ihr ein Horror, wie Brimstone ihn in seiner Jugend erlebt hatte, dennoch unbekannt, und er klärte sie auch nicht darüber auf.
    Aber er brachte ihr alles über Zähne bei. Wie man Kraft aus ihnen gewann und wie man die Überreste von Leben und Schmerz in ihnen so manipulierte, dass ein Körper entstand, der so echt war wie ein natürlicher. Es war eine Magie, die Brimstone nicht erlernt, sondern
ersonnen
hatte, und das Gleiche galt für die Hamsas. Sie waren nicht wirklich eintätowiert, sondern Teil des Zaubers – sobald ein Körper sich manifestierte, war er bereits gezeichnet und von Magie durchdrungen, wie es bei einem natürlichen Körper nie möglich gewesen wäre.
    Wiedergänger – so nannte man die Wiedererweckten – mussten Macht nicht mit Schmerzen bezahlen, das hatten sie bereits hinter sich. Die Hamsas waren eine magische Waffe, die sie mit ihrem letzten Tod erkauft hatten.
    Es war das Schicksal vieler Soldaten,

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