Davide
wie zum Beispiel deine vorgetäuschte
Abfuhr an jenem Abend nach der Modenschau!“
„So
ein Quatsch, da war gar nichts vorgetäuscht!“, fuhr sie ihm fast ungehalten
über den Mund. „Ich wollte von ihm wirklich nichts wissen, bis ich ihn dann
persönlich kennen gelernt hatte!“
„Das
mag schon sein, aber dass du nach eurem ersten Rendezvous einfach kommentarlos
verschwunden bist, hat ihn wirklich irritiert! Er war ziemlich ungehalten an
diesem Sonntagnachmittag, bis wir endlich deine Adresse aufgetrieben hatten!“
„Und
woher, glaubst du, hätte ich wissen sollen, dass er so reagieren würde? Es war
doch allseits bekannt, dass bei ihm nichts länger dauerte als eine Nacht!“
Antonio
zögerte nun doch und sah sie forschend an. Seine Angriffslust fiel in sich
zusammen.
„Du
meinst, das war echt? Nicht gespielt, damit er anbeißt?“
„Ich
wollte nie, dass er irgendwo anbeißt, schlag dir diesen Unsinn aus dem Kopf! Er
wollte vögeln, ich wollte vögeln und danach eben ciao!“ Sie zuckte
verständnislos die Schultern. „Wo hätte er wohl deiner Meinung nach anbeißen
sollen?“
Er
schluckte angesichts ihrer Direktheit und erinnerte sich plötzlich wieder an
die Gerüchte, die er Davide vor ihrem ersten Date selber unterbreitet hatte: dass
sie eine einzelgängerische Zicke war, bei der keiner landen konnte, dass sie
mehr auf Frauen als auf Männer stünde. Nun, dass dem wohl doch nicht so war,
dafür schien Davide selbst der schlagendste Beweis zu sein.
Halb
war ihm schon danach, den Rückwärtsgang einzulegen, aber sie konnte auch noch
durchtriebener sein, als er geglaubt hatte. Er war wild entschlossen, das
herauszufinden. Ein schneller Blick in die Runde bestätigte ihm, dass Gandolfo
noch immer außer Sichtweite war.
„Nun,
ich dachte nur, du hättest das Ziel verfolgt, das sie bei ihm alle verfolgen!“,
insistierte er.
„Und
das wäre?“
„Ihn
festzuhalten natürlich. Das ist vor dir eben noch keiner gelungen, so sehr sie
es auch alle versucht haben.“
„Es
ist auch mir nicht gelungen, weil ich es gar nicht erst versucht habe! Warum
kapiert das eigentlich keiner? Ich wollte mir nie Gandolfo angeln. Bei
Aufreißern wie ihm meint jede Frau, die er gerade abschleppt, dass sie
diejenige sein würde, bei der er eine Ausnahme macht und in die er sich rasend
verliebt und für die er sich um hundertachtzig Grad dreht. Dass ausgerechnet
bei ihr alles anders wird. Das ist doch kompletter Blödsinn!“
„Ja,
aber warum hast du dich überhaupt mit ihm eingelassen? Du wolltest doch
angeblich nie mit irgendjemandem ausgehen, warum dann ausgerechnet mit ihm, der
den miesesten Ruf der Stadt hatte?“
Nun
schüttelte sie mit einem milden Lächeln den Kopf.
„Genau
deshalb. Weil ich bei ihm als Aufreißer nicht befürchten musste, dass er meiner
Freiheit gefährlich werden könnte! Er hat mir gefallen und er hat mich
angemacht, das war alles. Ich fand ihn attraktiv und erotisch und ich habe –
gegen alle meine Prinzipien - beschlossen, mit ihm meinen Spaß zu haben. Das
war ein Geschäft unter Gleichgesinnten, nichts sonst!“
Antonio
blieb bei ihren Worten fast der Mund offen stehen. Hatte sein Chef etwa endlich
jemanden getroffen, der ihm gewachsen war? Es schien so, als ob er seine
Meinung tatsächlich revidieren musste. So etwas hatte er in seinem ganzen Leben
noch nicht aus dem Mund einer Frau gehört und schon gar nicht einer Frau, an
deren Angel jetzt gerade ein Fisch wie der große Gandolfo zappelte!
„Aber
offensichtlich ist dir dieser Plan nicht aufgegangen, sonst wärst du heute
nicht hier, oder?“
„Sieht
so aus.“
„Und
jetzt?“
„Was
und jetzt? Ich bin heute offensichtlich schwer von Begriff, drück dich doch
bitte klarer aus!“
„Jetzt
wo du ihn besser kennst - was empfindest du für ihn?“
„Denkst
du, dass dich das irgendetwas angeht?“
Sie
sah einen Moment lang an ihm vorbei, dann plötzlich begegnete sie ganz direkt seinem
Blick. Antonio hatte das Gefühl, als ob sie ihn zum ersten Mal wirklich ansähe
und auch er hatte Mühe, nicht in ihren klaren, grauen Augen zu versinken.
Glücklicher
Davide, dachte er spontan.
Einen
Moment ließ sie sich noch Zeit, doch als sie ihm schließlich antwortete, hatte ihre
Stimme einen sonderbar weichen Unterton. „Ich finde ihn einfach unwiderstehlich
und dabei belassen wir es jetzt besser, okay?“
„Freut
mich ungemein, das zu hören!“, tönte von der Seite die tiefe, volle Stimme des
ungebetenen Lauschers.
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