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"Davon haben wir nichts gewusst!"

"Davon haben wir nichts gewusst!"

Titel: "Davon haben wir nichts gewusst!" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Longerich
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der Polizei über die Endlösung der Judenfrage« vor; es handelte sich offensichtlich um eine Ausfertigung des Protokolls der Wannseekonferenz. »Die Judenfrage muss jetzt im europäischen Rahmen gelöst werden. Es gibt in Europa noch über 11 Millionen Juden. Sie müssen später einmal zuerst im Osten konzentriert werden; eventuell kann man ihnen nach dem Kriege eine Insel, etwa Madagaskar, zuweisen. Jedenfalls wird es keine Ruhe in Europa geben, wenn nicht die Juden restlos aus dem europäischen Gebiet ausgeschaltet werden. Das ergibt eine Unmenge von außerordentlich delikaten Fragen: Was geschieht mit den Halbjuden, was geschieht mit den jüdisch Versippten, Verschwägerten, Verheirateten? Wir werden also hier noch einiges zu tun bekommen und im Rahmen der Lösungen dieses Problems werden sich gewiss auch noch eine ganze Menge von persönlichen Tragödien abspielen. Aber das ist unvermeidlich. Jetzt ist die Situation reif, die Judenfrage einer endgültigen Lösung zuzuführen. Spätere Generationen werden nicht mehr die Tatkraft und auch nicht mehr die Wachheit des Instinkts besitzen. Darum tun wir gut daran, hier radikal und konsequent vorzugehen. Was wir uns heute als Last aufbürden, wird für unsere Nachkommen ein Vorteil und ein Glück sein.« 52
    Seit Ende März 1942 hatte Goebbels präzise Kenntnis über das Schicksal der »in den Osten« deportierten Juden; es werde, so ist in seinem Tagebuch mit Datum vom 27. März 1942 zu lesen, ein »ziemlich barbarisches und nicht näher zu beschreibendes Verfahren angewandt und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel übrig«. Verschiedene Tagebucheintragungen aus den folgenden Monaten zeigen, dass er über die Entwicklung der Mordpolitik weiterhin auf dem Laufenden war. 53
    In den relativ wenigen antisemitischen Anweisungen und Richtlinien, die Goebbels in den kommenden Monaten ausgab, ging er nur in sehr allgemeiner Form auf die Ziele der NS-Judenverfolgung ein, kritisierte aber am 9. März auf der Propagandakonferenz, dass die Deutsche Allgemeine Zeitung »nicht ein einziges Mal einen Beitrag zur Judenfrage geliefert habe. Das sei als eine Unverschämtheit zu bezeichnen. Der Führer halte beispielsweise keine Rede, in der er nicht die Juden als die Hauptschuldigen des Krieges bezeichne, deren Vernichtung rücksichtslos durchgesetzt werden müsse. Umso schlimmer sei, dass es eine deutsche Zeitung gebe, die – von uns finanziert – es wage, auf dieses Generalthema des Kriegs überhaupt nicht einzugehen.« 54 Goebbels ließ die Zeitung daraufhin als »Zwangsauflage« eine Meldung über einen antisemitischen Beitrag der britischen Zeitung Truth veröffentlichen; darüber hinaus, so Goebbels, »erhält die DAZ die Anweisung, alle antisemitischen Meldungen, die freigegeben sind, zu übernehmen, auch wenn dem Leser der DAZ noch so sehr davor grause. Denn gerade die Kreise – so betont der Minister – seien es ja, die in unangebrachter Sentimentalität sich darüber beschwerten, dass die Juden zu hart angepackt würden, weil sie nicht wüssten, warum wir die Juden überhaupt bekämpften.«
    Am 14. Juni äußerte sich Goebbels an prominenter Stelle, in seinem wöchentlichen Leitartikel in der Wochenzeitung Das Reich , zum »Luftund Nervenkrieg«. Nachdem er sich ausführlich mit dem »Terror« der alliierten Luftkriegführung gegen Deutschland auseinandergesetzt hatte, gab er seinem Kommentar folgenden Schlussakzent: »Es hieße, der Londoner und New Yorker Judenpresse zu viel Ehre antun, wenn man auf ihre blut- und rachedurstigen Kommentare zum Luft- und Nervenkrieg überhaupt eingehen wolle. Die Juden treiben in diesem Kriege ihr frevelhaftes Spiel, und sie werden das mit der Ausrottung ihrer Rasse in Europa und vielleicht weit darüber hinaus zu bezahlen haben. Sie sind in dieser Auseinandersetzung nicht ernst zu nehmen, da sie weder britische noch amerikanische, sondern ausschließlich jüdische Interessen vertreten.«
    Am 11. Juli 1942 kritisierte er auf der Propagandakonferenz erneut die Deutsche Allgemeine Zeitung: »Es werden nicht antisemitische Artikel schlechthin gewünscht, z.B. Untersuchungen über die Schuld der Juden am Bankkrach vor 10 Jahren, sondern es ist unsere Aufgabe, gegen die Juden in diesem Zusammenhang zu schreiben, d.h. sie als Schrittmacher des Bolschewismus und der Plutokratie herauszustellen. Es ist nicht damit Genüge getan, dass man sich jetzt mit irgendwelchen Kultur- und Wirtschaftsfragen, die mit dem Judentum in losem

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