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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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erbärmlich.
    Und dann sah sie ihn an.
    Seine Augen waren offen, sein Mund ebenfalls. Seine Reißzähne waren rot von ihrem Blut, sie selbst war rot von seinem. Ihre graue Weste war völlig durchnässt und sah im Sternenlicht schwarz aus. Und der Weiße Wolf, er war … entblößt, obszön, seine Absicht unmissverständlich sichtbar und ebenso tot wie der Rest von ihm.
    Sie hatte den Weißen Wolf getötet.
    Er hatte versucht, sie …
    Aber wen würde das kümmern?
    Er war der Weiße Wolf, Held der Chimären, Triumphator über das Unbesiegbare, die Stärke ihres Volkes. Sie dagegen war die Engelsfreundin, die Verräterin. Die Hure. Alle, die an ihrer Seite gestanden hatten, waren verschwunden – entweder hier an diesem Ort ermordet oder in den Tod geschickt. Ziri würde nicht mehr zurückkommen. Und Issa, was hatten sie mit ihr gemacht?
    Bin ich wieder allein?
    Sie könnte es nicht ertragen, erneut allein zu sein.
    Das Zittern hatte immer noch nicht aufgehört. Es war wie ein Krampf, sie bekam keine Luft, ihr war schwindlig. Ruhig atmen , sagte sie sich. Denk nach.
    Aber es kamen keine Gedanken, und auch das Atmen wurde nur geringfügig besser.
    Was waren ihre Möglichkeiten? Flüchten oder standhalten. Die anderen sterben lassen – alle , alle Chimären in Eretz, und ihre begrabenen Seelen zurücklassen – oder bleiben und … und was? Gezwungen sein, Thiago wiederzuerwecken?
    Allein bei dem Gedanken – wie seine Seele ihre Sinne berührte, wie das Leben in die blassen Augen und die Kraft in die Klauenhände zurückkehrten – fiel Karou auf die Knie und übergab sich. Beide Möglichkeiten waren gleichermaßen unerträglich. Sie konnte ihr Volk nicht im Stich lassen – tausend Jahre hatte Brimstone diese Last getragen, und sie machte nach ein paar Monaten schlapp?
    Aber sie konnte dem Wolf nicht noch einmal gegenübertreten, und wenn sie blieb, würden die anderen sie dazu zwingen.
    Oder töten.
    O Gott, o Gott.
    Wieder übergab sie sich. Sie krümmte sich, würgte, ein Krampf nach dem andern schüttelte sie, bis sie nur noch eine Hülle war, innen so wund wie außen – ein Gefäß , sagte eine Stimme in ihrem Kopf, wir sind alle nur Gefäße , und sie begann wieder zu würgen, aber es kam nur Galle. Ihr Hals brannte. Als das Würgen endlich nachließ, hörte sie plötzlich ein Geräusch, ganz nah.
    Flügel.
    Panik ergriff Karou.
    Sie kamen zurück.
    ***
    »In die Menschenwelt einmarschieren?« Jael machte ein beleidigtes Gesicht. »Du willst mich wohl schlechtmachen, Neffe. Ist es eine Invasion, wenn man willkommen geheißen wird?«
    »Willkommen?«
    »Ja, Razgut hat mir versichert, dass sie uns verehren werden wie Götter. Dass sie es jetzt schon tun. Ist das nicht wundervoll? Ich wollte schon immer ein Gott sein.«
    »Du bist aber kein Gott«, stieß Akiva mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Er dachte an die Menschenstädte, die er gesehen hatte – Bilder von friedlichen Ländern, die ihm anfangs so fremd erschienen waren. Prag mit seiner schönen Brücke, Menschen, die sich trafen, die umherschlenderten, sich auf die Wangen küssten. Marrakesch, mit Tänzern und Schlangenbeschwörern auf seinem turbulenten Platz, die wimmelnden Gassen, durch die er neben Karou gewandert war … ehe sie den Wunschknochen zerbrochen hatten und mit ihm das fragile Glück, das nicht andauern konnte. »Sie werden einen Blick auf Euer Gesicht werfen und Euch als Monster entlarven.«
    Jael hob die Hand und fuhr mit dem Finger über seine Narbe. »Was denn? Deswegen?« Gleichgültig zuckte er die Achseln. »Dafür gibt es Masken. Glaubst du denn, es macht den Menschen etwas aus, wenn ihr Gott eine Maske trägt? Sie werden mir bereitwillig geben, was ich will, da bin ich ganz sicher.«
    Und was war das wohl? Akiva wusste nicht viel über die Kriegsführung der Menschen, aber ein bisschen schon. Er erinnerte sich an das sonderbare Café, in das Karou ihn in Prag mitgenommen hatte, das mit den Gasmasken aus einem vergangenen Krieg dekoriert war. Er wusste, dass die Menschen die Luft vergiften konnten, so dass alles sterben musste, weil niemand mehr Luft bekam, und dass sie einander mit Metall vollpumpen konnten, schneller, als ein Bogenschütze zum Spannen der Sehne brauchte, und er wusste, dass Razgut Jael nicht angelogen hatte. Die Menschen verehrten die Engel tatsächlich. Nicht alle Menschen, aber sehr viele von ihnen, und ihre Verehrung konnte ebenso tödlich sein wie ihre Waffen. Wenn beides zusammenkam – und wenn

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