Dead End: Thriller (German Edition)
ebenfalls Psychiaterin und ehemalige Cambridge-Studentin, setzte sich neben sie. Als Evi das Bedürfnis verspürt hatte, mit jemandem über die Ereignisse des letzten Jahres zu sprechen, war Megan offensichtlich die beste Wahl gewesen. Sie kannte sie und traute ihr, aber sie war keine allzu enge Freundin. Evi traf sich seit drei Monaten einmal die Woche mit Megan. Viel geholfen hatte es bisher nicht, doch wie sie besser als die meisten anderen Menschen wusste, dauerte so etwas seine Zeit.
Wie immer roch Megan nach Patchouli und Marlboro Lights, eine Duftnote aus ihrer Studentenzeit, die sie anscheinend nicht hinter sich lassen konnte.
»Ich glaube, hier bin ich nachts mal eingestiegen.« Evi sah sich um, betrachtete die perfekte Formation aus Beeten, Buchsbaumhecken und grasbewachsenen Wegen. Nach einem Tag schwachen Wintersonnenscheins glitzerte noch immer Reif auf den dünnen Ästen um sie herum, und die Dornen sahen aus, als wären sie so spitz wie Stahl. »Mit Gras und Cider.«
»Ganz allein?«
»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht.« Evi lächelte. »Aber Namen und Gesichter sind irgendwie weg.«
»Das passiert bei Cider und Gras leicht.«
Schweigen senkte sich herab, während die beiden Frauen die zwei Meter hohe Ziegelmauer musterten, über die Evi jetzt nie im Leben würde klettern können.
»Hast du die Polizei angerufen?«, erkundigte sich Megan hastig, als sei sie ängstlich bemüht, das Gespräch wieder ins rechte Gleis zu bringen. »Freitagnacht, meine ich.«
Evi wandte sich wieder zu ihr um. Es hatte keinen Sinn, der Vergangenheit nachzuhängen, doch es war auch nicht immer einfach, sie zu meiden, denn Megan, jetzt ein Fellow des Royal College, sah immer noch genauso jung und dünn und unordentlich aus wie damals. »Natürlich, aber bis die da waren, war von dem Kerl nichts mehr zu sehen.«
Megan zog ihre Jackenaufschläge ein wenig enger um ihren Hals und presste die Kiefer aufeinander, als bemühe sie sich, nicht zu zittern. Sie zog sich bei kaltem Wetter noch immer nicht warm genug an. »Ein Kerl?«, fragte sie.
Evi zuckte die Achseln. Sie hatte keine Ahnung, ob die maskierte Gestalt in ihrem Garten männlich oder weiblich gewesen war.
»Die Polizei war doch ziemlich schnell da?«, fragte Megan.
»Ja. Als Erstes ein paar Streifenpolizisten und dann ein paar Minuten später ein Detective Sergeant.« Direkt vor ihr war ein Rotkehlchen auf dem Zweig eines Rosenstrauchs gelandet. Es hielt inne und schien sie unverwandt zu mustern.
»Haben die das Ganze ernst genommen?«
Das Rotkehlchen flog davon, und Evi schaute wieder auf. »Natürlich«, antwortete sie. »Warum denn nicht?«
Megan schlug kurz die Augen nieder und rückte ein wenig hin und her, als wäre die Bank kalt oder feucht. »Und, was haben sie gefunden?«, wollte sie wissen.
»Gar nichts«, sagte Evi. »Keine Anzeichen für einen Einbruch. Keine Fußspuren im Garten. Keine Fingerabdrücke neueren Datums im Haus, außer meinen.«
Ein Augenblick des Schweigens, dann dehnte der Augenblick sich immer weiter aus. Im Therapeutensessel pflegte Evi solch ein Schweigen auszusitzen.
»Du willst irgendetwas sagen, nicht wahr?«, fragte Megan.
»Es wird dir nicht gefallen.«
»Lass hören.«
Evi wappnete sich. »Besteht irgendeine Möglichkeit, dass jemand sich Zugang zu den Notizen verschafft hat, die du dir während unserer Sitzungen gemacht hast?«
Megan schob sich eine lose Haarsträhne hinter das eine Ohr. »Du glaubst, jemand hat sich in meine Aufzeichnungen gehackt?«, fragte sie. »Und dann ist dieser Jemand bei dir eingebrochen und hat sein Insiderwissen dazu benutzt, dir eine Heidenangst einzujagen?«
Evi setzte ein verlegenes Lächeln auf. »Stimmt, klingt nicht sehr wahrscheinlich«, gab sie zu. »Aber diese Scherze kommen mir einfach so persönlich vor. Ich habe mit niemandem außer dir darüber gesprochen, was letztes Jahr passiert ist. Niemand außer dir könnte wissen, dass ich eine Tannenzapfenphobie habe. Weißt du noch, wie wir darüber geredet haben, in einer von unseren ersten Sitzungen?«
»Das ist nicht nur unwahrscheinlich, es ist unmöglich«, entgegnete Megan. »Unser System in der Praxis ist vollkommen sicher. Muss es auch sein, um die Schweigepflicht gegenüber unseren Patienten zu wahren. Nicht mal meine Kollegen kämen ohne meine Passwörter an meine Dateien ran, und ehrlich gesagt tun sich die meisten von denen schon schwer damit, morgens ihre Computer anzuwerfen.«
»Entschuldige«,
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