Dead End: Thriller (German Edition)
Take-out-Essen gewöhnt als an geschmortes Wild.«
»Brauchen Sie irgendetwas?«, erkundigte sich Evi. »Paracetamol?«
»Hab vor einer Stunde die maximale Dosis genommen, vielen Dank«, wehrte Laura ab. Sie nippte an ihrem Becher, und Tränen traten ihr in die Augen. »Also, Ihr Stalker macht mir echt Kopfschmerzen«, fuhr sie fort. »Sie haben hier in ein Wespennest gestochen. Sie haben die Universitätsleitung und die Polizei aufgemischt, von wegen irgendwelcher bedrohlichen Umtriebe, und plötzlich versucht jemand, Ihnen Angst einzujagen und gleichzeitig Ihre berufliche Glaubwürdigkeit zu untergraben. Ich glaube, da versucht jemand, Sie von weiteren Nachforschungen abzuhalten.«
»Von was denn für Nachforschungen? Laura, was wir hier haben, wenn überhaupt, ist irgendeine gefährliche, aber nicht greifbare Kultur des Anstachelns und Ausnutzens von …«
»Nein, das glaube ich wirklich nicht«, fiel Laura ihr ins Wort, während der Hund tief aufseufzte und sich auf den Rücken rollte.
»Nein?«
»Das ist das Zweite, was mir zu schaffen macht«, sagte Laura. »Diese Theorie, die Sie da haben. Sie wissen schon, das mit dieser subversiven Online-Subkultur? Ich habe nichts dergleichen finden können. Und ich habe gründlich gesucht. Ich war auf jeder Website aus Cambridge, die es gibt, und hab auf Heulen und Zähneklappern gemacht, hab so getan, als wäre ich depressiv und hätte alle möglichen Angstzustände und wäre selbstmordgefährdet. Die Online-Community hier ist eigentlich sehr hilfsbereit.«
Evi wartete. Sie brachte es nicht übers Herz zu widersprechen, und außerdem kam Laura bloß gerade zu demselben Schluss wie sie.
»Im Moment neige ich also eher dazu zu sagen, wenn diese Selbstmorde irgendwie zusammenhängen, dann ist es nicht unbedingt so, dass die Leute durch irgendein suizidales Gruppendenken dazu angestiftet worden sind.«
Evi merkte, wie ihre Augenbrauen in die Höhe klommen.
»Ich hab mir eine Woche lang Psychologievorlesungen angehört«, meinte Laura. »Da bleibt schon mal der eine oder andere Fachausdruck hängen.«
Da war etwas dran. Gruppendenken bezog sich auf das Phänomen, dass Menschen durch den Einfluss anderer in ihrer Umgebung zu Verhalten veranlasst werden, das sie normalerweise nicht in Betracht ziehen würden. »Dann liege ich also falsch«, stellte Evi fest. »Ich habe immer gewusst, dass das möglich ist. Trotzdem bin ich Ihnen dankbar, dass Sie sich damit befasst haben.«
»Oh, ich bin noch nicht fertig«, wehrte Laura ab. »Ich glaube, das, was wir hier haben, könnte noch viel schlimmer sein.«
Draußen rannte ein Eichhörnchen über den Rasen und hielt inne, um ein paar herabgefallene Buchenblätter zu inspizieren. Der Hund sprang auf und trottete zum Fenster hinüber.
»Schlimmer, als andere Leute dazu anzustacheln, sich das Leben zu nehmen?«, fragte Evi.
Laura hatte ebenfalls das Eichhörnchen beobachtet. Sie wandte sich wieder Evi zu. »Ja«, bestätigte sie. »Diese Chatrooms und Websites operieren alle aus der Distanz. Deswegen ist es immer so schwierig nachzuweisen, dass da irgendein Verbrechen stattgefunden hat. Opfer und Täter begegnen sich nie. Es gibt keine greifbaren Beweise.«
Evi wartete.
»Hier dagegen gibt es eine Menge Greifbares. Ihr Stalker, zum Beispiel.«
»Der überhaupt nichts mit all dem zu tun haben könnte«, gab Evi zu bedenken.
»Ja, das Ganze könnte ein Zufall sein. Und dann diese Vergewaltigungen, von denen Sie mir erzählt haben. Fünf derartige Vorfälle.«
»Durch einen oder mehrere Unbekannte, ohne jegliche Beweise, und nur fünfmal innerhalb von fünf Jahren«, hielt Evi dagegen.
»Und dann haben wir diese Fälle, wo junge Frauen plötzlich verschwunden sind«, fuhr Laura fort.
»Wie bitte?«
»Nicole Holt war kurz vor ihrem Tod mehrere Tage verschwunden. Ich habe mit Freundinnen aus ihrem College gesprochen. Als sie zurückkam, war sie ernstlich mit irgendetwas zugedröhnt und hat behauptet, keinerlei Erinnerung daran zu haben, was mit ihr passiert war. Ihre bescheuerten Collegefreundinnen haben sie nicht untersuchen lassen, also haben wir keine Beweise. Aber jetzt ist noch eine Studentin verschwunden. Wussten Sie das?«
Am Fenster winselte der Hund das Eichhörnchen an. Sein Nackenfell war gesträubt. Evi schüttelte den Kopf.
»Jessica Irgendwas. Auf ein paar von den Websites wird darauf eingegangen. Ihre Freunde machen sich langsam Sorgen. Und Nicole war nicht allein, als sie umgekommen ist. Ich habe mir den
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