DEAD SHOT
Bataillons. Vielleicht seien nur noch ein Jahr Forschungsarbeit und Entwicklung vonnöten. Vielleicht aber auch zwei Jahre. Uday und Qusay tauschten Blicke und grinsten. Saddam tippte die Asche von der Zigarrenspitze und nickte, als könne er die Schwierigkeiten nachvollziehen.
Ansatzlos schnellte ein stämmiger Bodyguard vor und schlug Saladins erstem Offizier mit einer langen Eisenstange auf die rechte Schulter. Der Mann krümmte sich vor Schmerzen, als der Knochen brach. Zwei weitere Leibwächter beteiligten sich an der Prügelorgie. Saladin bemühte sich, weiterhin strammzustehen, während sein Freund und Kollege neben ihm zu Tode geprügelt wurde. Immer noch hatte er vor Augen, wie die Knochen brachen und die Blutlache größer wurde. Manchmal hörte er noch die Schreie und spürte Saddam Husseins kalten, unbeteiligten Blick, der nur ihm, Saladin, galt und nicht dem Mann, der unter den Schlägen der Bodyguards starb. Als die Wachen schließlich von ihrem Opfer abließen, beugte Saddam sich leicht vor und sagte: »Sie sind jetzt Colonel und der neue Kommandeur des Bataillons der Unit 999. Sie haben drei Monate Zeit, die Arbeit zu Ende zu bringen. Sie können jetzt gehen.«
Saladin salutierte, machte auf dem Absatz kehrt, marschierte aus dem Palast, fand eine stille Ecke und übergab sich.
Saddam Hussein war verrückt. Das ganze Vorhaben war verrückt, und wenn er, Saladin, weiterhin seinen Job machte, war auch er verrückt.
Der neue Colonel musste sich eine Weile in und um Bagdad aufhalten. Die für die irakischen Massenvernichtungswaffen relevante Technologie wurde auf die Schiene und in umgebaute Boeings verladen, damit die Komponenten aus dem Irak geschafft werden konnten. Einige Frachttransporte wurden über eine Firma in Jordanien nach Amerika geflogen.
Eines Abends dann, während eines Essens in einem stillen Café in Bagdad, lernte Saladin einen jungen Kämpfer namens Juba kennen, der, wie es hieß, einen Einmannfeldzug als Scharfschütze in Afghanistan geführt hatte und ein hervorragender Killer Ungläubiger war. Der junge Mann war still und schien unter einer spirituellen Leere zu leiden. Da Saladin nicht nur Soldat, sondern auch Korangelehrter war, beschloss er, sich diesen Mangels anzunehmen. Denn darin sah er die Möglichkeit, sich dem Desaster zu entziehen, das auf Saddam Husseins Armee zukam.
Abends und bei den Besuchen in Moscheen führte er seinen jungen Freund tiefer in den Koran ein, lehrte ihn die Bedeutung der Worte und erklärte ihm, was es hieß, ein Muslim zu sein. Es fiel ihm nicht schwer, die Gespräche auf den drohenden Krieg zu lenken, und Juba war mit ihm völlig einer Meinung, dass der Irak unterliegen werde.
Da Juba so verbittert über seine Erfahrungen in Afghanistan war, fiel es Saladin nicht schwer, seinen Schützling davon zu überzeugen, dass Muslime ein hehres Ziel brauchten, um nicht im Elend der früheren Jahrhunderte zu verharren.
»Nie wird es eine Wiederbelebung einer vereinten Nation des Islam geben, frei von Kolonialmächten und wertlosen Königen«, erklärte er. »Aber das bedeutet nicht, dass das Streben danach aufhören sollte.«
Juba schnaubte vernehmlich und nippte an seinem Tee. »Wir werden unterliegen. Der Irak ist zum Scheitern verdammt.«
»Was würdest du sagen, mein Freund, wenn ich dir sagte, dass es für dich und mich einen besseren Weg gibt, dem Propheten zu dienen?«
»Dieses Versprechen habe ich schon einmal gehört, aber es war wertlos.«
Im Gebetsraum waren nur sie beide und studierten den Koran. Saladin spreizte die Finger und legte seine Hand auf das Heilige Buch. »Ich erkläre hiermit und schwöre auf den Koran, dass wir den Kampf fortführen können, ganz gleich, was Saddam Hussein widerfährt. Ich überwache die Konstruktion einer Waffe, bei der die Kreuzfahrer um ihre Kinder weinen werden«, schwärmte Saladin. »Ich brauche einen willensstarken Mann, dem ich vertrauen kann. Und das wirst du sein. Denn du wirst mich beschützen, während ich die Arbeit zu Ende bringe.«
»Die Welt werden wir also nicht verändern?«, fragte der Kämpfer.
»Nein, das ist unmöglich«, antwortete der Gelehrte. »Während Saddam in sein Verderben läuft, werden wir unsere Arbeit geheim weiterführen. Das Projekt gehört dann uns allein, und gemeinsam werden wir Allahs Rache und unbändigen Zorn in die Länder der Ungläubigen tragen.«
In jenen Tagen und Wochen hatte der irakische Colonel seinen Schützling Juba in die geheime Forscherwelt der Unit
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