Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
gefunden?«
»Ein paar Sachen«, antwortete Quinn. »Ich bin noch damit beschäftigt, sie zu enträtseln.« Sie ließ sich tiefer in den geräumigen Schalensitz des Cadillacs sinken und blickte aus dem Beifahrerfenster. »Wie sich herausstellt, haben die Cahills eine ganze Reihe Leichen im Keller.«
»Erzähl mir was Neues.«
»Willst du es hören?«
»Gib mir die Kurzfassung.«
»Vergiss es. Du kriegst es Wort für Wort.« Sie ignorierte seinen Seufzer und sagte: »Zunächst mal die alte Geschichte: Eugenia Cahill war verlobt, bevor sie Samuel Cahill kennenlernte, doch sie schickte den ersten Verlobten zugunsten des Mannes, den sie dann heiratete, in die Wüste. Das ist nichts Außergewöhnliches, der Kerl ist schon lange tot, und ich bezweifle, dass er einen Groll hegte. Er hat ein paar Jahre später geheiratet, hatte eine Frau und drei Töchter. Seine Frau ist ebenfalls tot, die Töchter sind alle verheiratet und haben Kinder. In ihrem Leben gibt es überhaupt keine Berührungspunkte mit Eugenia Cahill; in diesem Punkt stecken wir also in einer Sackgasse.«
Paterno hielt vor einer roten Ampel und wartete, während eine Frau mit einem Stock und einer Einkaufstasche die Straße überquerte. Es war einfacher, Quinn schwafeln zu lassen, als den Frust, den er verspürte, zum Ausdruck zu bringen.
»Dann ist da Alex, Sohn Nummer eins. Er hatte ein paar Affären während seiner Ehe mit Marla.«
»Keine Sackgasse also«, bemerkte Paterno. Die Ampel schaltete auf Grün, und er fuhr weiter durch die inzwischen vertrauten Straßen von Sausalito.
»Treue schien in ihrer Ehe keinen großen Stellenwert zu haben. Interessant ist dabei, wie Marla überhaupt in Kontakt mit der Familie Cahill kam: Sie hat eine Zeitlang in Cahill House gelebt – diesem Heim für ledige Mütter –, nicht als Ehrenamtliche, sondern als Bewohnerin.«
Paternos Augenbrauen schossen in die Höhe. »Sie hatte ein Kind, das sie zur Adoption freigab?«
»Eugenias Tagebuch legt die Vermutung nahe. Es ist vermutlich im Grunde keine große Sache, aber ich wüsste gern mehr über dieses Kind. Was ist aus der Tochter geworden? Wer war der Vater? Eugenias Aufzeichnungen ist nur zu entnehmen, dass Alex’ Verheiratung mit Marla Amhurst nicht ihre Zustimmung fand. Sie war, ich zitiere: ›vom gesellschaftlichen Standpunkt aus akzeptabel, vom moralischen dagegen verwerflich‹.«
»Das muss weh getan haben.«
»Falls Marla die Einstellung ihrer Schwiegermutter kannte.«
»Eugenia war ziemlich spießig. Mag sein, dass sie sich der Öffentlichkeit gegenüber mit dieser Schwiegertochter einverstanden gezeigt hat, doch wenn sie Marla nicht mochte, dann hat Marla es garantiert gewusst.«
Quinn nickte. »Stoisch nach außen hin, eine rabiate Hexe gegenüber den Menschen, die sie liebte.«
»Wir wissen also nicht, wo sich diese Tochter jetzt aufhält?«
»Noch nicht, aber ich forsche nach. Die Adoptionsakte ist wohl nicht einsehbar, aber es gibt ja Personen, die während der Zeit von Marlas Schwangerschaft in Cahill House gearbeitet haben – Leute, die sich inzwischen im Ruhestand befinden. Ich habe eine Liste, die ich nach und nach abarbeite. Irgendjemand muss doch etwas über dieses Kind wissen.«
Paterno fuhr an der Dreifaltigkeitskirche vorbei, an der ein Plakat einen schlichten Gruß verkündete: »Geh mit Gott, Cherise, unsere Schwester«, gefolgt von einem Bibelvers.
Er runzelte die Stirn, als er das Plakat sah, und spürte das gleiche Brennen im Magen wie zu dem Zeitpunkt, als er in den Nachrichten Reverend Donald in seiner Rolle als trauernden, gebrochenen Ehemann gesehen hatte, der, obwohl er ein Sünder war, Cherise’ Tod als »Zeichen Gottes« verstand, dass er auf den Pfad der Tugend zurückkehren solle. Die Kameras waren sowohl auf ihn als auch auf die ihn umringende Menschenmenge gerichtet gewesen, und Paterno hatte sämtliche Lokalsender aufgezeichnet.
Heather Van Arsdales Gesicht hatte in der Menge gefehlt, wenngleich andere Nachrichten zeigten, wie Reporter ihr vor ihrer Wohnung auflauerten, sogar vor der Schule warteten, an der sie unterrichtete, doch sie war den Bitten um ein Interview nicht nachgekommen. Paterno konnte es ihr nicht verübeln. Sie war »die andere Frau« in einem schlechten Theaterstück. Irgendwie drehte der Reverend die Situation um, wieder einmal der Schönredner, der sich Publicity verschafft und sich das Image eines reuigen Ehebrechers verleiht, der den tragischen gewaltsamen Tod seiner Frau betrauert. Er gab
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