Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
schlüpfte.
12
Ich sag dir, es war toll! Toll! Niemand hat Verdacht geschöpft! Du wärst so stolz auf mich gewesen! Ich bin durch Cissys Haus gegangen, als ob es mir gehörte, und kein Mensch hat mich schief angesehen.« Elyse sprudelte die Worte enthusiastisch hervor, erklärte Marla, immer noch in ihrem Hochgefühl, was sie getan hatte, wie sie sich unter die Feinde gemischt hatte und nicht nur beim Begräbnis, sondern auch danach bei der privaten Feier aufgetaucht war. Ihre Nerven vibrierten jetzt noch, sie fühlte sich atemlos, als hätte sie die letzten fünf Stunden in Gesellschaft hungriger Wölfe verbracht. Und sie hatte es überlebt! Hatte es genossen!
»Ich sollte stolz auf dich sein?«, höhnte Marla. »War es etwa schwer, dich einzuschleichen? Hör doch auf.«
Elyse starrte sie an. Sie hatte Lob erwartet.
Bei ihrem letzten Besuch im Bungalow hatte Marla sich gefreut, dass Elyse der Mord an Rory gelungen war, so wie sie, Marla, es von ihr verlangt hatte.
»Höchste Zeit, dass der Schwachkopf bekam, was er verdiente«, sagte Marla lebhafter, als sie es die ganze Woche über gewesen war. »Alles klappt ja wie am Schnürchen.« Ausnahmsweise hatte sie sogar mal den verdammten Fernseher ignoriert. »Weißt du eigentlich, was seine Unterbringung in dieser schicken Einrichtung jeden Monat kostet?«
Schick? Die Einrichtung für betreutes Wohnen Harborside war in keiner Hinsicht chic oder vornehm oder teuer ausgestattet, aber die Art von Pflege, die Rory Amhurst benötigte, war natürlich nicht billig.
»Er konnte sich glücklich schätzen, überhaupt am Leben zu sein«, hatte Marla hinzugefügt. »Ich war dabei, als meine liebe alte Mom ihn überfuhr. Ich habe das Knacken der Knochen gehört.« Sie war anständig genug, unter dem Eindruck der Erinnerung zu schaudern, fuhr dann jedoch kaltblütig fort: »Aber er war nun mal ein Amhurst, schätze ich. Wir haben alle einen gehörigen Dickschädel.« Sie hatte tatsächlich gelacht, was Elyse seltsam berührte, wenn sie diesen Witz auch bestimmt früher schon einmal gehört hatte.
»Es war ein furchtbarer Unfall. Der arme Kleine …«
»Ach ja? Ein Unfall?«, hatte Marla hintergründig wiederholt. »Vermutlich hatte die liebe alte Mom nicht die Absicht, ihn umzubringen, aber du – die ihn jetzt verteidigt – hattest sie, als du ihm die Cookies gebacken hast, die sein Tod waren. Wie nennst du ihn? ›Der arme Kleine‹? Er war ein Mann; dieser Unfall ist über fünfunddreißig Jahre her! Und tu nicht so betroffen und warm und sentimental. Zum Teufel, du hast zugesehen, wie er starb, du hast es mir selbst gesagt, und es hat dir Spaß gemacht. Der ›arme Kleine‹ konnte nicht bis zwei zählen. Der Tod war besser für ihn.«
»Ich bin nicht sicher, ob das stimmt.«
»Warum zum Kuckuck hast du ihn dann umgebracht?«
»Ich hab’s für dich getan«, platzte Elyse gekränkt heraus.
»Wie? Das hast du vergessen?«
»Ach, hör auf.«
»Für den Plan. Unseren Plan.«
»Du hast es wegen des Kicks getan«, erklärte Marla wissend. »Weil du die Macht hattest. Es verleiht einem ein unheimliches Gefühl der Macht, jemanden umzubringen, und wenn er noch so armselig ist. Rede dir nur ein, du hättest es für unseren Plan getan … Wir beide wissen es besser. Aber es war gute Arbeit. Jetzt können wir nach vorn schauen.«
Elyse hatte sich in Marlas Lob gesonnt, so widerwillig es auch gezollt wurde. Und Marla hatte recht gehabt. Das Töten hatte ihr Spaß gemacht.
Doch jetzt waren sie wieder in ihre alten Rollen verfallen: Elyse versuchte, die gereizte, mürrische Marla zu beschwichtigen. Verdammt noch mal, die Frau führte sich auf, als wäre sie eine Gefangene, während Elyse ihren Hals riskiert hatte, um ihr zur Flucht zu verhelfen. Diese undankbare, selbstsüchtige Zicke!
»Du hältst dich wohl für etwas Besonderes, wie?«, warf Marla ihr plötzlich vor, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Weil du zwei Menschen umgebracht hast, die den Tod verdient hatten. Ach, streite es doch nicht ab. Ich habe es deinem Gesicht deutlich angesehen, als du nach dem Mord an Eugenia und dann an Rory hier hereingeplatzt bist. Du warst auf einem unglaublichen Trip. Du hast dich unbesiegbar gefühlt.«
Elyse war verblüfft. Verstand Marla sie womöglich viel besser, als sie dachte?
»Aber nun mal ehrlich«, sagte Marla steif, »wie unbesiegbar bist du wirklich? Eugenia war eine kleine alte Frau und hatte bereits ihre Dosis Valium genommen, stimmt’s? Sie brachte es nur
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