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Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet

Titel: Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Kloeppel
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auch Ausländern ein guter Einstieg in das ordentliche Leben in Deutschland ermöglicht wird, erhalten die Neuankömmlinge von ihren Arbeitgebern oft eine Broschüre, in der auf viele Besonderheiten schriftlich hingewiesen wird, meist unter dem Stichwort Sitten und Gebräuche . Darin findet man Auszüge aus Verhaltensratgebern internationaler Unternehmen. Ein paar neu zugezogene ausländische Freunde haben mir diese Broschüre gezeigt, die ich sehr nützlich fand.
    Darin stand zum Beispiel: »An Sonn- und Feiertagen ist es gesetzlich verboten zu arbeiten. Dies schließt auch Fahrzeugpflege, Reparaturarbeiten oder Rasenmähen ein. Letzteres ist zudem auch werktags zwischen dreizehn und fünfzehn Uhr untersagt.« Verstanden, das kannte ich schon. Auch beim Autowaschen gab es etwas zu beachten: »Es ist erlaubt, Fahrzeuge auf Privatgrundstücken zu waschen, nicht jedoch im öffentlichen Straßenraum.« In Ordnung, aber Vorsicht!, nicht an Sonn- und Feiertagen. Selbst den zwischenmenschlichen Beziehungen wurde Beachtung geschenkt. Hier der Hinweis zur Kussetikette: »Unter Freunden ist es üblich, sich mit einem Kuss rechts und links auf die Wange zu begrüßen.« Heißt das, man wird vom Ordnungsamt verwarnt, wenn man nur eine Wange küsst? Oder: »Ein- bis zweimal im Jahr erhalten Sie Besuch vom Schornsteinfeger. Dieser benötigt Einlass ins Haus, um die Heizungsanlage und den Schornstein zu warten. Sie müssen ihn seine Arbeit machen lassen, dazu sind Sie gesetzlich verpflichtet. Einen Schornsteinfeger erkennt man an seiner schwarzen Berufskleidung.«
    So sehr meine deutschen Freunde über diese Ratschläge lachen, so hilfreich sind sie für uns Zugezogene. Männer mit schwarzen Klamotten und merkwürdigen Gerätschaften über der Schulter wären für mich sonst ein Grund, meine Haustür schnellstens wieder zuzuknallen. Der einzige Schornsteinfeger, der mir bis dahin untergekommen war, tanzte im Film Mary Poppins über die Dächer von London.
    Auch wenn Einrichtungen wie das Ordnungsamt oder allzu penible Ordnungswächter keine Freudentänze bei mir hervorrufen, sehe ich nach all den Jahren im deutschen Streben nach Ordnung auch Vorteile. Das tägliche Leben läuft in geregelten Bahnen ab, die Menschen leben in Frieden, und es ist bewundernswert sauber. Aber Ordnung braucht auch Sinn, ein bisschen Fingerspitzengefühl und Humor, wenn sie gut funktionieren soll.
    Außerdem hätte ich da noch einen Wunsch: Vielleicht könnte das deutsche Ordnungsamt ja auch mal an den kanarischen Stränden für Ordnung sorgen. Dort liegen nämlich immer viele nackte deutsche Rentner herum. Und das ist doch wirklich kein ordentliches Verhalten?!

9  DIE NACKTE WAHRHEIT
    »Daddy, Daddy, guck mal unten am Strand. Da ist ein alter Mann, der hat gar nichts an«, sagte meine kleine Tochter eines Tages im Urlaub.
    »Hm, wahrscheinlich hat er seine Badehose vergessen«, entgegnete mein Mann, der nie um eine Antwort verlegen ist.
    »Oh«, sagte Geena. Sie war damals noch in dem Alter, in dem man eine solche Antwort seines Vaters einfach hinnimmt.
    Nur gut, dass sie diese Frage ihrem Vater gestellt hatte, denn im Gegensatz zu meinem Mann war ich sprachlos. Seine Gelassenheit bewahrte mich jedoch davor, vor Schreck zu einer Salzsäule zu erstarren. Stattdessen musste ich laut lachen. Mir wurde nämlich genau in diesem Moment bewusst, dass meine Tochter nicht wie ich im prüden Minnesota aufwachsen würde, wo man in der Öffentlichkeit seine Kleidung anbehält. Nein, sie würde im viel freizügigeren Deutschland groß werden. Hier findet FKK weitaus größere Akzeptanz als in den USA.
    Obwohl ich nun lange Jahre in Deutschland lebe, bin ich selbst, was FKK angeht, noch sehr amerikanisch eingestellt. Ich finde es mehr als befremdlich, dass Leute nackt an einem öffentlichen Strand rumlaufen. Besonders dann, wenn sie in einem fremden Land Urlaub machen und mit ihrem Verhalten die Sitten und Moralvorstellungen der Einwohner missachten. In vielen Ländern ist FKK nicht gern gesehen, in manchen sogar verboten.
    Wie beispielsweise in den USA. Ich war schon an vielen amerikanischen Stränden an der Ostküste, an der Westküste und in Florida, und ich habe dort nicht einen einzigen Menschen gesehen, der sich nackt oder auch nur oben ohne sonnte. Das ist für mich viel angenehmer, denn es gibt keine Überraschungen wie diesen splitternackten Siebzigjährigen, den meine Tochter erspäht hatte.
    Gut, man könnte jetzt einwenden, dass die

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