Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
Hände in die Tasche und schwieg. Decker lehnte sich gegen die Wand. Kelley setzte sich auf das Bett und tätschelte ihren Bruder am Bein.
»Wo waren Sie gestern, Mike?« fragte Decker.
»Hier.«
»Den ganzen Tag?« sagte Decker.
»Ja, den ganzen Tag. Wo sollte ich denn sonst …?« Mist! Ness ermahnte sich zur Beherrschung, sonst würde er sich schon wieder verplappern. »Nein, natürlich nicht den ganzen Tag. Wir haben uns doch gestern bei Lilahs Ranch getroffen. Nach dem Unfall. Ich wollte dort Gemüse ernten, erinnern Sie sich?«
»Anschließend sind Sie hierher zurückgekommen?« fragte Oliver.
»Yeah, ich mußte am Nachmittag meinen Aerobic-Kurs geben.«
»Wo sind Sie danach hingegangen?« fragte Decker.
»Ich hab Pause gemacht, und dann hatte ich noch einen Yoga-Kurs.«
»Und dann?«
Ness löste seine Beine ganz langsam aus dem Lotussitz und stand auf. »Was soll das alles?«
»Wir haben es nicht auf Sie abgesehen, Mike«, sagte Decker. »Wir wollen nur wissen, was Sie den ganzen Tag gemacht haben, Ihnen vielleicht sogar helfen. Also wie wär’s, wenn Sie sich uns gegenüber etwas kooperativer verhielten?«
Ness schwieg einen Augenblick. »Kein Problem. Sie wollen also wissen, was ich den ganzen Tag gemacht hab. Mal sehen, ob ich’s noch zusammen krieg. Ich weiß nicht genau, was ich nach dem Yoga-Kurs gemacht hab. Das heißt wahrscheinlich, daß ich direkt in mein Zimmer gegangen und den ganzen Abend dort geblieben bin. Kell hat mich besucht.«
»Ja, das hab ich«, sagte Kelley und nickte mehrmals mit dem Kopf.
Mit einem Blick forderte Ness sie auf, den Mund zu halten. »Kell war bei mir, Eubie Jeffers kam mal vorbei. Aber die meiste Zeit war ich allein. Ich hab ein bißchen Fernsehen geguckt, ein paar Videos eingelegt. Was soll ich Ihnen sonst noch erzählen?«
»Was für Filme haben Sie sich angeschaut?« fragte Oliver.
»Keine Filme«, sagte Ness. »Videos von mir, wie ich meine Übungen mache. Das hat nichts mit Narzißmus zu tun. Ich seh mir gerne an, welche Muskeln ich trainiere. Wenn ich feststelle, daß ich nicht genug für den Trizeps tue, bau ich mehr Übungen dafür ein. Wenn die Achillessehne überstrapaziert wird, versuch ich, sie etwas weniger anzustrengen. Wollen Sie die Videos sehen?«
Decker erinnerte sich daran, was Marge ihm von den Videos erzählt hatte, und schüttelte den Kopf. »Wo haben Sie zu Abend gegessen, Mike?«
Ness betrachtete ihn einen Augenblick. »Abendessen?«
»Yeah, Abendessen. Eine einfache Frage. Wo haben Sie gegessen?«
»Er hat mit mir zu Abend gegessen«, sagte Kelley.
Beide Detectives sahen sie an. Ness verzog das Gesicht, als hätte er auf eine Zitrone gebissen.
»Mit Ihnen?« sagte Oliver.
»Ja, mit mir«, sagte Kelley mit leiser Stimme. »Was ist denn daran so merkwürdig, daß ein Bruder mit seiner Schwester zusammen zu Abend ißt?«
»Sie haben also gestern mit Ihrer Schwester zu Abend gegessen, Mike?« sagte Oliver.
»Ja.«
»Sind Sie ganz sicher?«
»Natürlich ist er sich sicher!« sagte Kelley.
»Haben Sie hier in der Beauty-Farm gegessen?« fragte Decker.
»In meinem Büro«, sagte Kelley.
»Aber hier auf dem Gelände«, sagte Decker.
»Mein Büro ist doch wohl Teil der Beauty-Farm, Detective«, sagte Kelley.
»Wenn ich also Leute von der Beauty-Farm fragen würde, wo Sie zur Abendessenszeit waren, Kelley, würde sich kein Mensch daran erinnern, Sie im Speisesaal gesehen zu haben«, sagte Decker.
Kelley klappte der Mund auf, und ihre Wangen wurden rosa. »Nun ja, vielleicht hab ich mich mit ein paar von den Frauen unterhalten.«
»Aber Sie haben nicht mit ihnen zusammen gegessen«, sagte Oliver.
»Vielleicht hab ich ein, zwei Häppchen genommen …«
»Aber kein richtiges Abendessen«, sagte Decker.
»Vielleicht hab ich was bestellt, nur um höflich zu sein …«
»Kelley, halt den Mund!« brüllte Ness.
Decker starrte sie an. »Ms. Ness, wenn Sie nicht genau wissen, was Sie da sagen, könnten Sie sich in große Schwierigkeiten bringen.«
»Lassen Sie sie in Ruhe. Sie versucht mir nur zu helfen. Sie hat überhaupt keine Ahnung.«
»Wovon, Mike?«
»Woher soll ich das denn wissen. Um was geht’s hier überhaupt? Sind wir wieder bei Lilahs Vergewaltigung? Ich dachte, Sie hätten Totes heute morgen deswegen verhaftet. Was wollen Sie von mir?«
»Wie alt sind Sie, Mike?« fragte Decker.
Ness beäugte ihn wieder mißtrauisch. »Achtundzwanzig.«
»Achtundzwanzig?« fragte Decker. »Sind Sie sicher?«
»Natürlich
Weitere Kostenlose Bücher