Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
nur um ein paar Punkte. Sie gingen zusammen ins Konzert. Er kannte die Stücke auswendig, hätte sie wenn nötig auch dirigieren können. Sie hatte Mühe, wach zu bleiben. Er zog sie mit ihrem starken New Yorker Akzent auf, aber immer auf nette Weise. Sie gingen zusammen zur Messe. Er betete inbrünstig, während sie ihm Seitenblicke zuwarf und ihr Bein an seinem Schenkel rieb.
Er schubste sie herum wie eine Stoffpuppe, brachte sie dauerhaft aus dem Gleichgewicht. Nachdem die offizielle Verlobung verkündet war, wartete sie … und wartete und wartete. Schließlich kam sie zu ihm. Zu seiner Überraschung war sie noch Jungfrau. Also war er sanft mit ihr gewesen. Sanft, aber leidenschaftslos. Ihr erstes nächtliches Stelldichein, das sie herbeigeführt hatte, um ihre Beziehung zu festigen, hatte sie im Ergebnis nur noch mehr verunsichert.
Was stimmte nicht?
Nichts, es war alles wunderbar.
Was konnte sie tun, um ihm besser zu gefallen?
Nichts, es ging ihm wunderbar.
Was konnte sie tun, um sich selbst zu bessern?
Nichts, sie war wunderbar.
Am Ende hielt er alle Trümpfe in der Hand.
Er zog einen Koffer aus dem obersten Schrankfach herunter. Ihm war nicht nach Packen, also zündete er sich eine Zigarette an.
Was er wirklich wollte, war noch ein Drink.
Aber das war genau das Falsche.
Es war an der Zeit, seinen Verstand zu benutzen und die Frage zu analysieren, warum er diesen Drink so sehr wollte.
Lag es an den Gigs? Bekam er nach all den Jahren plötzlich Lampenfieber?
Nein, er fürchtete sich nie vor etwas.
Hatte er Angst zu versagen?
Nein, er war ein Profi.
War der Kick nicht mehr da?
Er zog an seiner Zigarette.
Das gehörte auch zu den Gründen. Es war einfach nicht mehr so aufregend wie früher. Um ehrlich zu sein, machte er alles nur noch mechanisch. Na und? So ist das Leben, mein Junge. Jeder muss sich irgendwie seinen Unterhalt verdienen. Und nebenbei, er brauchte die Kohle jetzt dringender als je zuvor, weil er ihr so viel davon gab.
Ihr.
Immer noch dieselbe Erregung, sobald er nur an sie dachte. Das hatte sich wenigstens nicht verändert. Er begriff einfach nicht, wie sie ihm bei den Orchesterproben hatte entgehen können. Er rechnete es seiner eigenen Art zu. Er hatte noch nie Mädchen nachgestellt. Sie kamen immer zu ihm.
So wie Cheryl.
Nicht, dass Cheryl ihm nicht aufgefallen wäre. Wie hätte er sie nicht bemerken können? Und, ja, er hatte sie gewollt. Aber Cheryl war das Übliche gewesen. Er hatte seine »Schwingungen« auf sie wirken lassen, und sie war rasch darauf angesprungen … sehr zufrieden stellend …
Terry war anders gewesen. Er hatte sie nicht bemerkt, weil sie in der zweiten Geige ganz hinten gesessen hatte. Sie spielten die Ouvertüre zu Rossinis Wilhelm Teil. Den Anfang des Stücks, wobei Hedding absichtlich das Tempo schleppen ließ, um das Cello-Solo – sein Solo – so richtig auszuquetschen. Dann hatte Hedding unterbrochen. Anscheinend gab irgendwo hinten jemand laute Schnarchgeräusche von sich.
Zu wenig geschlafen, Miss McLaughlin, oder passt Ihnen das Tempo nicht?
Man hörte heftiges Gekicher … zumindest von zwei oder drei Mädchen.
Nein, Sir. Tut mir Leid, Sir.
Es war eine erotische Stimme. Er hatte sich den Hals verdreht, konnte das Mädchen dazu aber nicht ausmachen.
Vielleicht möchten Sie gern hier herauf kommen und das Stück in einem Tempo dirigieren, das Ihnen genehmer ist?
Jetzt war das ganze Orchester dabei und feuerte sie an. Sie stand mit puterrotem Gesicht auf. Aber sie tat es. Dirigierte das ganze Stück. Und noch dazu gar nicht schlecht.
Er erinnerte sich an nichts, außer dass ihm das Herz bis zum Hals geschlagen hatte. Nur gut, dass er so ein Naturtalent war, denn er hatte nicht einmal mehr gewusst, was er überhaupt spielte. Seine Gedanken rasten, in seinem Kopf herrschte völlige Verwirrung.
Wo, zum Teufel, hatte die sich versteckt?
So umwerfend süß, und das Beste war, dass sie es nicht einmal wusste.
Er fing sofort an, ihr seine »Schwingungen« zu senden. Aber es hatte nicht funktioniert, und er konnte sich auch erklären, warum. Sie war ein anständiges Mädchen. Na ja, auch nicht schlecht. Er kannte sich auch mit anständigen Mädchen aus. Sie waren nicht schwer zu kriegen, aber man musste indirekt vorgehen. Dann ging sie eines Tages an ihm vorbei, und Bull machte irgendeine lüsterne Bemerkung. Sie hatten alle darüber gelacht. Bull erwähnte auch, dass sie mal seine Nachhilfelehrerin gewesen war.
Das war der Einstieg, auf
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