Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Schulden im Rahmen eines persönlichen Bankkredits.«
Decker fuhr sich mit der Hand durch das schweißnasse, rote Haar. Er war todmüde. Nur sein eiserner Wille zwang ihn, die Augen offen und den Geist wach zu halten. Trotzdem wusste er, dass es nur noch ein paar Stunden dauern würde, bis sein Gehirn abschaltete. Um sechs Uhr abends fühlte er sich wie um zwei Uhr nachts. »Wie viel?«
»Dreihundertfünfzigtausend und ein paar Zerquetschte.«
Oliver lehnte sich abrupt auf seinem Stuhl zurück und pfiff durch die Zähne. »Donnerwetter!« Er wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. »Bilde ich mir das nur ein oder ist es plötzlich heiß hier drin?«
»Nein, es ist heiß.« Decker lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück. »Wir sind alle ziemlich am Ende. Tom, würdest du den Thermostat etwas runterdrehen?«
Webster, der dem Messgerät am nächsten saß, machte sich daran zu schaffen. Ein kalter Windhauch blies durch Deckers Büro. Er lehnte sich gegen die Wand und schlug mit dem Notizbuch in die Handfläche. »Ich wüsste nicht mal, wie ich so viel Geld ausgeben sollte …«
»Ich schon«, warf Oliver ein. »Ausgeben ist nicht das Problem. Es zu kriegen, ist die Schwierigkeit. Wie hat sich denn Paul einen so hohen Kredit beschafft?«
Gaynor raschelte mit Computerausdrucken. »Dreimal dürft ihr raten.«
Marge rutschte auf dem harten Plastiksitz hin und her. »Dad hat gebürgt.«
»Richtig.«
»Wann hat Paul den Kredit aufgenommen?«
»Vor zwei Jahren. Mittlerweile ist es eine Art Revolvingkredit geworden.«
»Gesichert?«, fragte Decker.
»Ohne Sicherheiten«, erwiderte Gaynor. »Höhere Zinsen, aber dafür musste sich keiner von beiden einen zusätzlichen Kredit beschaffen, um den anderen zu decken. Sparks’ Wort und Kreditwürdigkeit waren ausreichend.«
Martinez fächelte sich mit seinem Notizblock Kühlung zu. »Wie viel ist der Doktor wert?«
Gaynor kramte in seinen Unterlagen. »Er hat eine Reihe Konten, drei am Devisenmarkt bei drei unterschiedlichen Maklerhäusern, ein Sparkonto, zwei Abwicklungskonten. Auf Grund der ständigen Fluktuation ist das Sparkonto vermutlich für die Haushaltsausgaben gedacht. Das Guthaben beträgt gut zehntausend Dollar. Die Abwicklungskonten … also die sehen eigentlich auch wie Haushaltskonten aus. Die Guthaben belaufen sich auf etwa zweitausend Dollar. Dann hat er ein Geschäftskonto mit einem Guthaben von zwanzigtausend Dollar.«
»Das ist ein sehr hoher Kontostand für ein Geschäftsgirokonto«, bemerkte Marge.
»Ja, deswegen habe ich mich informiert«, erwiderte Gaynor. »Offenbar ist es aber nicht unüblich. Ärzte haben hohe Ausgaben.«
»Moment mal! Das New Chris ist doch für alles aufgekommen«, entgegnete Martinez. »Der Doktor musste weder Geräte kaufen noch Personal bezahlen.«
»Nicht mal für die Berufs Versicherung musste er selber aufkommen.« Webster stand vor dem Ventilator der Klimaanlage. »Selbst das hat die Klinik für ihn übernommen.«
Gaynor zuckte die Schultern. »Ich lege nur die Tatsachen auf den Tisch.«
»Was ist mit den Devisenmarktgeschäften?«, fragte Decker.
»Bei Levy, Critchen und Goldberg … hm …« Gaynor blätterte in seinen Unterlagen, während die anderen schweigend warteten. »Da haben wir’s. Er hatte ungefähr eine halbe Million in Aktien, Obligationen, Investmentfonds und Bargeld.«
»Levy und Partner? Das sind doch Pauls Arbeitgeber«, warf Decker ein.
»Dann hat er also bei seinem Sohn investiert«, seufzte Marge. »Er wird ihm schon irgendwie vertraut haben.«
»Bis zu einem gewissen Punkt«, wandte Gaynor ein. »Denn bei Kenner, Carson und Thomas hatte er eine höhere Summe investiert. Bis zu zweieinhalb Millionen, seine Altersversorgung nicht mitgerechnet.«
»Jesus! Der Mann hatte Kohle!«, stöhnte Oliver.
»Die Betonung liegt auf ›hatte‹, Scotty!«, erinnerte Marge.
Oliver zog eine Grimasse. »Richtig. Jetzt hat er auch nichts mehr davon. Tom, hör auf, den Ventilator zu blockieren. Wir zerfließen hier vor Hitze.«
Webster trat beiseite, »’tschuldigung.«
»Geht das Vermögen nicht automatisch an die Witwe?«, fragte Martinez.
»Ich weiß, dass sie seine Altersversorgung erbt«, erklärte Gaynor. »Ich habe die entsprechenden Dokumente aufgetrieben. Aber, bitte, fragt mich nicht, wie.«
»Geht in einer ehelichen Zugewinngemeinschaft nicht automatisch die Hälfte an das Frauchen?«, warf Oliver ein.
»In diesem Fall ist das nicht so einfach«, antwortete Gaynor.
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