Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
Demonstration?«
»Nein, Bob, das ist nicht nötig.«
»Ich gebe denen eine, bleiben Sie dran. Komm mal her, Schätzchen.«
»Bob, nicht!«
Ein ohrenbetäubender Knall kam durch die Leitung. Decker ließ das Telefon fallen, machte einen Satz rückwärts und presste beide Hände auf die Ohren, während in seinem Gehirn Kanonen donnerten und Blitze in seinen Sehnerven explodierten. Schwankend kam er auf die Füße. Sein Herz klopfte wie wild. Jemand berührte ihn.
Er wirbelte herum, torkelte, versuchte sich zu konzentrieren.
Jan Barak betrachtete ihn besorgt. Sie redete mit ihm, aber er konnte nichts hören. Auch McCarry war nicht zu verstehen. Der Agent gab tonlose Flüche von sich.
Decker atmete tief durch … versuchte, das unerträglich laute Getöse in seinem Kopf wenigstens etwas zu vermindern. Seine Blicke schossen herum, er sah das zu Boden gefallene Handy; er hob es auf und hielt es vorsichtig ans rechte Ohr, trotz des schrillen Protests in seinem Kopf.
»Bob, sind Sie noch dran?«, sagte er in den Hörer. Stille. Sein eigenen Worte hallten in seinem Schädel wider. »Bob?«
McCarry schlug sich an die Stirn. Barak schien mit ihm zu reden. Er beachtete sie nicht und versuchte es erneut. »Bob, sind Sie noch da, Junge?«
Keine Antwort. Dann sagte McCarry kaum hörbar: »… Leitung ist tot.«
»Oh.« Decker ließ das Handy sinken. »Mann, das hat wehgetan.«
McCarry redete immer noch. »… zu einem Arzt …«
»Mir geht’s gut.«
»Decker …«
»Ich kann Sie hören, oder?« Decker spürte an seiner Kehle, dass er brüllte. Seine Stimme klang fremd, gedämpft. Das meiste konnte er tatsächlich hören, obwohl McCarry sich anhörte, als spräche er in einem Glockenturm. »Lassen Sie mir ein paar Minuten Zeit, dann geht’s wieder.«
»Decker, seien Sie kein Idiot, Sie müssen …«
Doch seine Worte verklangen. Decker sah nur an seinen Lippenbewegungen, dass McCarry den Satz mit Bastard beendete.
Plötzlich hob sich Deckers Magen, und die Welt drehte sich um ihn. Er setzte sich rasch, steckte den Kopf zwischen die Knie. Barak trat zu ihm, berührte seine Schulter. Er ließ es zu, dass ihre Hand dort kurz liegen blieb, dann richtete er sich wieder auf. Sein Blick fiel auf einen der Monitore, die den gesamten Komplex zeigten.
»Schauen Sie!« Er deutete nach oben. Alle Blicke folgten seiner ausgestreckten Hand.
Die Eingangstür des Ordens wurde weit genug geöffnet, um eine Leiche hinauszuwerfen. Sie flog durch die Luft und landete drei Meter vor dem Eingang, lag da wie eine zerbrochene Marionette mit verhedderten Fäden. Eine schmale Gestalt in einem langen Gewand. Vermutlich eine Frau, wenn auch ihr Kopf vollständig in Handtücher gewickelt war. Sehr nasse Tücher, die sehr viel Blut aufgesogen hatten. Das konnte Decker selbst auf dem Schwarzweiß-Monitor erkennen.
Eindeutig eine Frau. Aber wer?
Nur der Herrgott wusste, wie ihr Gesicht aussah.
32
Marge hockte im Gebüsch, spürte, wie sich ihre Oberschenkel verkrampften. Angespannt sah sie in die Dunkelheit und lauschte. Während der Nacht war immer wieder aus den schmalen Fenstern an der Oberseite des Versammlungssaals geschossen worden. Keine gezielten Schüsse, aber genug, um das Adrenalin hochzuhalten. Die Einsatztruppe hatte vorgehabt. Kanister mit Tränengas durch die Fenster zu schleudern, doch während der letzten vierundzwanzig Stunden hatten die Sektenmitglieder die meisten Scheiben mit Brettern vernagelt.
Wieder sah Marge sich um, warf einen Blick über die Schulter. Die einzigen Geräusche waren die nächtlichen Stimmen der Natur, alles wirkte ruhig. Doch wie rasch konnte sich das ändern. Sie musste das endlose Wartespiel mitmachen. Eine Sekunde, dann zwei … drei … vier … langsam zählen … langsam.
In ihrem Tarnanzug aus Nylon und den dicken Stiefeln wusste Marge, dass der Schweiß, der ihr von der Stirn lief, hauptsächlich auf Anspannung und Furcht zurückzuführen war. Denn die Nacht war kühl, der Anzug aus dünnem Material. Trotzdem schwitzte sie – im Gesicht, unter den Armen; der Schweiß rann ihr in Strömen an den Schenkeln herab. Mit dem Ärmel wischte sie sich das Gesicht unter dem Helm ab.
Weiter warten … sechsundzwanzig, siebenundzwanzig, achtund …
Eine Eule schrie, glitt von den Bäumen herab, Äste raschelten. Augenblicke später stieg sie mit einer zappelnden Feldmaus zwischen den Krallen wieder auf. Mit schweren Flügelschlägen flog sie, beschienen vom Vollmond, durch die Luft. Noch im Flug
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