Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
immer noch George. Wir kennen uns schon so lange, auch wenn du dich im letzten Jahr etwas rar gemacht hast«, nahm der Präsident ihn an seine Seite und geleitete ihn in eine Besprechungsecke.
»Es ist schön, dass du meiner Bitte gefolgt bist. Und Tracy hat wirklich nichts dagegen gehabt, dass ich dich alleine sprechen wollte?«
Spacy schüttelte den Kopf und legte die Stirn in Falten. Er hatte die Nachricht des Präsidenten auf dem Frühstückstisch vorgefunden und sie natürlich auch Tracy gezeigt. Diese hatte daraufhin nur gelangweilt die Schultern gezuckt und etwas Unverständliches gemurmelt.
»Tracy steht vor dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie ist voll und ganz auf ihre Aufgabe konzentriert. Sie wird sich von niemandem davon abbringen lassen, in einer der nächsten Shuttle-Missionen auf dem Pilotensitz Platz zu nehmen. Ganz egal, was wir beide hier besprechen.«
»Mhm«, nickte der Präsident zustimmend und wusste nur allzu gut, wie energisch seine Tochter ihre Ziele verfolgte. »Dann nehme ich an, sie hat dir auch nichts von dem Band erzählt, was ich sozusagen zum Amtsantritt von der HAMAS geschenkt bekommen habe?«, wollte George T. Gilles wissen, und seine Augen drohten Spacy dabei zu durchbohren.
»HAMAS? Etwa die HAMAS aus dem Nahen Osten?«, wiederholte Spacy und war spätestens jetzt hellwach. Er erwiderte den Blick seines Gegenübers und fügte hinzu: »Tracy wirkte zwar so, als würde sie innerlich etwas sehr aufwühlen, was über ihren eigentlichen Job hinausgeht und was auch nichts mit uns beiden zu tun hat. Aber sie hat mir gegenüber nur eine Andeutung gemacht.«
»Ich habe genau gesehen, wie sehr ihr dieses Band zugesetzt hat. Ich habe es ihr gezeigt. Es betrifft schließlich auch die NASA.«
»Die HAMAS erpresst die NASA?«
»Nein, nicht direkt. Sie erpressen eigentlich mich. Wenn ich nicht bestimmte politisch völlig indiskutable Forderungen erfülle, drohen sie mit ich-weiß-nicht-was. Und dabei richtet sich deren Drohung auch gegen die NASA.«
Der Präsident hatte Probleme, seine plötzlich aufsteigende Wut zu unterdrücken. Aber er mochte Mark und sah keinen Grund darin, diesen von seiner Gefühlswelt fernzuhalten. Wären andere Politiker oder gar Militärs im Raum, wäre seine Wut wahrscheinlich in Form einer geballten Faust in der Hosentasche geblieben.
»Willst du mir das Band vorführen? Ich würde mir gerne einen Eindruck davon machen. Ich wäre ohnehin auf dich zugekommen, da mein Treffen mit Tracy das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden sollte. Auch ich habe ein paar Fragen an dich, und Tracy spielt dabei die Hauptrolle.«
Präsident Gilles schaute auf die Uhr. Er hatte genau zwanzig Minuten Zeit, bevor der nächste Termin anstand. Um 11.00 Uhr wollte der italienische Außenminister mit ihm über ein neues Handelsabkommen sprechen.
»Hier«, sagte der Präsident und gab Spacy ein DVD-Abspielgerät mit angeschlossenem Kopfhörer. Dann stand er auf und warf mit hinter dem Rücken verschränkten Armen einen Blick durch das kugelsichere Fensterglas im Oval Office.
Spacy verfolgte aufmerksam aber regungslos das Band. An der Stelle, wo die Drohung ausgesprochen wurde, es könnte ein Opfer bei der NASA geben, biss er sich auf die Unterlippe. Er musste sofort an Tracy denken. Wobei viel wahrscheinlicher war, das die Terroristen wohl eher an den Direktor der NASA dachten.
Die grausige Szene der Exekution von Nicolas Brigg jagte ihm einen Schauer über den Rücken, da er bereits zu einer anderen Zeit und in einem anderen Land so etwas als Augenzeuge miterlebt hatte. Er würde jenen panischen Anblick des Verurteilten, welcher damals unter dem Schwert seines vermummten Henkers sein Leben ausgehaucht hatte, niemals vergessen.
Spacy war oft genug mit dem Tod in all seinen schrecklichen Facetten konfrontiert worden. Er war hart gesotten und kannte die Welt, wie sie wirklich war. Denn jenseits politischer Lippenbekenntnisse gab es eine andere, zweite Realität, nämlich die der Geheimdienste und die der Militärs. Und diese Realität bediente sich einer ganz anderen Sprache. In einer immer komplizierter und konfliktreicher werdenden Welt, in der Informationen sich dank des Internets rasend verbreiteten, fanden Ideen von kranken Köpfen und radikalen Religionsführern reißenden Absatz und mussten bekämpft werden.
Der Preis für die Verteidigung demokratischer Werte war hoch und hing auch mit einer verfehlten Außenpolitik in den letzten Jahren zusammen. Aus diesem Grund hatte
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