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Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
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umzudrehen, um den gröbsten Hunger zu stillen. Es ist die einzige Möglichkeit, an ihr Blut zu kommen, ohne sie zu töten." Tybalt lächelte charmant. "Komm schon, Cousinchen; ich möchte, dass wir uns wieder vertragen! Ich hasse es, wenn du mir böse bist."
    Julia musste daran denken, wie sie als Kind mit Tybalt gespielt hatte. Sie war ziemlich schüchtern gewesen, aber seine groben Scherze hatten sie immer amüsiert. Jetzt aber waren sie beide erwachsen - oder fast jedenfalls. Und während sie zu einer vernünftigen jungen Frau herangereift war, hatte Tybalt seine jungenhafte Unbekümmertheit nie abgelegt.
    "Ich will mich aber nicht mit dir vertragen. Der Friedensvertrag sagt klipp und klar, dass niemand zu Schaden kommen darf. Aber genau das hast du mit dieser Cecilia vor."
    "So ein Unsinn! Wenn ich aus einer gewöhnlichen Frau ein mächtiges und unsterbliches Wesen mache, füge ich ihr doch keinen Schaden zu! Außerdem ist der Friedensvertrag die reinste Tyrannei, jedenfalls für uns. Ich sehe nicht ein, warum ich nicht das gleiche Recht auf Freiheit, Glück und Überleben haben soll wie jeder andere in Transsilvanien."
    "Wir Capulets sind aber nicht wie jeder andere!"
    Tybalt seufzte tief. "Sei doch nicht so streitsüchtig! Das macht dich als Frau nur unattraktiv."
    "Für meine Mutter scheint das aber nicht zu gelten."
    Tybalt nickte nachdenklich. "Stimmt, deine Mutter... Von ihr musst du das wohl geerbt haben."
    "Nimm das zurück! Ich bin ganz anders als sie!" Julia war so wütend, dass sie Tybalt gegen die Brust schlug.
    "Im Gegenteil, du bist genau wie sie." Tybalt lachte. "Genauso stur und rechthaberisch. Und nur zufrieden, wenn du anderen das Leben zur Hölle machen kannst."
    Julia schlug noch einmal auf ihn ein, dieses Mal so heftig, dass er fast das Gleichgewicht verlor. "Sag so was nie wieder! Du weißt ganz genau, dass es nicht wahr ist."
    Tybalt grinste versöhnlich. "Ich würde mich ja noch gern weiter mit dir unterhalten, Cousinchen, aber ich sollte mich um meine Freundin kümmern. Wir müssen uns nämlich ein bisschen beeilen, damit wir im Ballsaal zurück sind, bevor uns jemand vermisst." Tybalt hielt sich die Hand vor den Mund, um zu prüfen, ob sein Atem frisch war.
    "Schon in Ordnung, Tybalt", sagte Julia. "Ich habe sowieso genug von diesem Gespräch."
    Seit seiner Verwandlung zum Vampir interessierte sich ihr Cousin nur noch für zwei Dinge: Frauen verführen und Montagues umbringen. Genauso gern hatte er aber auch jeden anderen umgebracht, den Vladimir loswerden wollte. Dabei sah man es ihm gar nicht an. Als Julia in sein jungenhaftes Gesicht schaute, wünschte sie zum x-ten Mal, dass eines Tages doch noch ein gütiger, anständiger Bursche aus ihm würde. Bestimmt könnte sie seine Hänseleien dann besser ertragen. Aber wahrscheinlich war das einer jener Wünsche, von denen ihre Amme ihr abgeraten hatte, weil sie doch nie in Erfüllung gehen konnten.
    "Ich verspreche dir, dass du mich und meine Freundin hier unten nie wieder antreffen wirst, Cousinchen."
Tybalt grinste jetzt so breit, dass seine Fangzähne zu sehen waren.
    Plötzlich wurde Julia von einer schrecklichen Vorahnung heimgesucht, die sich nicht abschütteln lassen wollte: Sie wusste, dass sie Tybalt tatsächlich nie wieder hier unten antreffen würde - aber nicht, weil er Wort gehalten hätte.
    Als er sich umdrehte und in die Zelle zurückging, rannte sie so schnell wie möglich durch die dunklen Gänge, als wollte sie den Ängsten entfliehen, die sie plötzlich bedrängten.

 

    Zusammen mit Mercutio und Benvolio betrat Romeo die Große Halle, wo es von Leuten wimmelte, die lange die Erzfeinde seiner Familie gewesen waren, und schlenderte dann am Rand der Tanzfläche entlang. Er hatte sich seine gelbliche Kappe tief ins Gesicht gezogen, um nicht gleich erkannt zu werden. Seine Gefährten trugen ähnliche Kopfbedeckungen. Maribel hatte sie ihnen gegeben, als sie ihnen beim Verkleiden geholfen hatte. Die Wirkung des geweihten Knoblauchs hatte nicht lange angehalten, und so waren sie gezwungen gewesen, sich etwas Neues einfallen zu lassen, um sich zu schützen. Von irgendwo her hatte Maribel elegante Abendgarderobe besorgt, die weit genug war, um nicht nur das Aussehen der Männer zu verbergen, sondern auch die Waffen, die sie darunter trugen. Wäre Romeo einem der beiden anderen mit Seidenumhang und allerlei dekorativen Accessoires in der Stadt begegnet, hätte er ihn wahrscheinlich nicht erkannt.
    Während er sich nach

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