Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
Vom Netzwerk:
wurde, zog sie rasch den Kopf ein.
    Bald erreichte sie ihr Versteck, öffnete die Tür und huschte leise hinein. Dabei streckte sie die Hand, in der sie die Kerze trug, vorsichtig nach vorne, denn als Erstes wollte sie die Öllampe anzünden, die sie einige Tage zuvor hierher gebracht und in einer Ecke der Zelle versteckt hatte. Als die Flamme den Raum ein wenig erhellte, kreischte plötzlich jemand laut auf. Julia erschrak so sehr, dass sie stolperte und hinfiel. Zuerst tauchte ein großer schwarzer Stiefel vor ihren Augen auf, dann eine riesige weiße Hand mit langen, scharfen Fingernägeln und zuletzt ein Paar rot glühender Augen. Das breite Grinsen darunter kannte sie nur zu gut.
    "Tybalt? Bist du das?", flüsterte sie.
    Julia tastete nach der Öllampe und zündete sie mit ihrer Kerze an. Im Schein der Lampe entdeckte Julia zu ihrer Überraschung, dass ihr Cousin nicht allein war. Eine vollbusige blonde Frau in spärlicher rosafarbener Spitzenunterwäsche war bei ihm. Auch Tybalt trug nicht mehr viel am Leib und zog sich nun das Hemd wieder an.
    "Hat man dir nicht beigebracht, anzuklopfen, bevor du einen Raum betrittst?", fragte er. Schon immer hatte er bemerkenswert gut ausgesehen, und das warme Licht der Lampe schmeichelte seinen markanten Zügen noch mehr. "Was starrst du mich so an? Es ist nicht, was du denkst!"
    Julia rappelte sich auf und stemmte die Hände in die Hüften. "Ach nein? Was ist es dann?"
    Tybalt grinste. "Du bist viel zu jung für so was. Also lass uns die Sache nicht vertiefen."
    "Du hast gesagt, niemand würde uns hier unten finden, Tibby!", schmollte die halbnackte junge Frau.
    Julia musste lachen. "Sie nennt dich Tibby? Wie süß!"
    "Halt den Mund, Cecilia!", befahl Tybalt unwirsch.
    Julia trat dem Cousin gegen das Schienbein, drehte sich um und lief wieder in den Gang zurück. Sie hörte Tybalt aufstöhnen, aber dann humpelte er rasch hinter ihr her. Nur wenige Augenblicke später holte er sie ein und hielt sie fest.
    "Worüber regst du dich so auf? Cecilia und ich wollen doch bloß ein bisschen Spaß haben. Sie mag Vampire und ist freiwillig mitgekommen. Das ist ja wohl nicht verboten, oder?" Tybalt ließ seine Cousine los und knöpfte sich das Hemd zu.
    "Du bist ein unverbesserlicher Schürzenjäger", sagte Julia wütend und stampfte mit dem Fuß auf.
    Tybalt lachte und tätschelte ihr den Kopf. "Und du würdest am liebsten immer ein Kind bleiben."
    "Genau", blaffte Julia. "Deswegen muss ich mich ja hier unten verstecken."
    "Versuchst du, deinem Schicksal zu entgehen, Cousinchen?"
    Julia nickte.
    "Das hat keinen Zweck", erklärte Tybalt und wurde plötzlich sehr ernst. "Du bist nun mal eine Capulet und hast alles geerbt, was eine Capulet ausmacht - bis zur kleinsten behaarten Warze." Er fuhr sich mit den Fingern durch die schulterlangen braunen Locken.
    "Das mag ja sein", erwiderte Julia. "Trotzdem muss es eine Möglichkeit geben, meinem Schicksal zu entgehen."
    "Indem du dich zu Tode hungerst? Daran solltest du nicht mal denken!" Tybalt schien ernstlich besorgt zu sein.
    "Warum nicht? Wenn ich bei meinem Verwandlungsritual erwischt werde, erwartet mich ja auch die Todesstrafe, wenn es nach Fürst Radu geht."
    "Du lässt dich aber nicht erwischen", sagte Tybalt. "Ich weiß aus Erfahrung, dass unsere angeborenen Instinkte und Fähigkeiten an unserem sechzehnten Geburtstag voll zur Entfaltung kommen, und sie werden dir helfen, nicht entdeckt zu werden. Mit jeder Faser deines Körpers weißt du, was zu tun ist. Auch wenn du es dir jetzt noch nicht vorstellen kannst, wirst du sehen, dass es dann ganz einfach sein wird." Tybalt schaute über die Schulter zur kleinen Kammer zurück nach seiner kaum bekleideten Gespielin. "Vertrau mir, Cousinchen."
    Julia verdrehte die Augen. "So wie die junge Frau da drinnen dir vertraut? Hältst du mich wirklich für so dumm?"
    "Was soll daran dumm sein?"
    "Ich weiß, was du mit ihr vorhast, Tybalt! Du willst sie umdrehen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das nicht weiß."
    Tybalt fühlte sich nicht im Geringsten beleidigt und grinste nur. "Schuldig im Sinne der Anklage, Cousinchen. Aber das macht nichts, denn ich werde Cecilia davon überzeugen, dass ihr das Leben als Vampir bestimmt viel besser gefällt als ihr stupides Menschendasein."
    Julia versuchte, an Tybalt vorbeizukommen, aber er hielt sie erneut fest.
    "Komm, Julia, hab dich nicht so! Was soll ich denn sonst tun? Viele von uns sind wieder verstärkt dazu übergegangen, Menschen

Weitere Kostenlose Bücher