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Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Titel: Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marias
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viel Besitz? Natürlich arbeiten wir von Zeit zu Zeit alle für private Privatpersonen und wissen es oder auch nicht, vielleicht öfter als wir denken, ich habe dir schon gesagt, daß es uns in Wirklichkeit nichts angeht, wenn wir Anweisungen erhalten. Und außerdem, warum sollten wir es nicht tun, warum sollten wir unsere Fähigkeiten nicht gebrauchen? Es ist egal, Jaime, es passiert seit Jahren auf allen Ebenen und es bedeutet nicht viel. Du kannst sicher sein, daß sich deshalb nichts Wesentliches verändert, auch die Unsicherheit der Staatsbürger wächst damit nicht. Im Gegenteil. Vielleicht im Gegenteil. Je mehr Register wir ziehen, je zahlreicher die Bereiche sind, in denen wir Einfluß haben, umso mehr werden wir sie schützen.«
    Ich schwieg einen Augenblick, ich konnte nicht vermeiden, einen weiteren heimlichen Blick à la Loren auf die Laufmasche zu werfen, die sich weiter ausbreitete. Es fehlte nicht viel, und die Strümpfe würden nicht mehr halten, so schien mir, und dann würde sie sie ausziehen müssen, was wäre dann.
    »James Bond ist doch vermutlich ein Feldagent, nicht?« sagte ich unerwartet, zumindest für sie, denn sie mußte überrascht lachen und antwortete inmitten der kurzen Heiterkeit:
    »Ja, natürlich. Wieso?«
    »Ich weiß nicht, aber er gibt verdammt viel aus, und mir ist es nie so vorgekommen, als würde man ihn mit Budget-Problemen behelligen.«


    D ie junge Pérez Nuix lachte erneut und vielleicht nicht nur aus Höflichkeit, sondern weil sie meinen billigen Scherz wirklich komisch gefunden hatte. Ob es nun am Wein lag oder daran, daß sie sich zunehmend wohlfühlte und Vertrauen faßte, das Lachen, so stellte ich fest, kam ihr unaffektiert über die Lippen, ungeschmälert, so wie auch bei Luisa, wenn sie guter Laune oder unvorbereitet war. Es war keine ganz neue Facette für mich, ich hatte sie in dem namenlosen Gebäude und bei dem einen oder anderen nächtlichen Ausgang mit Tupra und den anderen an ihr bemerkt, doch bei der Arbeit erscheinen die Eigenschaften oder Charakterzüge abgeschwächt: Man verkneift sich den Ärger und vertagt das Amüsement, hier haben sie keinen Spielraum und man gibt ihnen wenig Zeit. Das Lachen trug ebenfalls zur Verheerung des beschädigten Kleidungsstücks bei.
    »Du mußt bedenken«, antwortete sie, »daß die Agenten aus dem wirklichen Leben niemals über das Vermögen von Fleming oder die Unterstützung der Broccolis verfügt haben. Ohne sie ist alles mühsamer, geiziger und prosaischer.«
    Sie sagte das, als ob ich letztere kennen müßte, die mit dem etwas witzigen Namen, wenn es denn ein Name war ( ›broccoli‹, bedeutet im Italienischen, was es zu bedeuten scheint, Brokkoli, und mit der übertragenen Bedeutung fährt man auch nicht besser, das genaueste Äquivalent wäre vielleicht ›grober Klotz‹). Aber die Wahrheit war, daß ich sie nicht kannte.
    »Ich weiß nicht, wer das ist«, gestand ich und unterließ es, den Schlaumeier zu spielen. Sie mochten in England bekannt sein, trotz ihres offensichtlichen Ursprungs, aber ich hatte keine Ahnung.
    »Albert Broccoli war jahrzehntelang der Produzent der James-Bond-Filme, zusammen mit einem anderen Typen namens Saltzman. In den neueren erscheinen an seiner Statt eine gewisse Barbara Broccoli und ein gewisser Tom Pevsner. Sie wird die Tochter sein, ich nehme an, daß er gestorben ist, mir kommt es so vor, als hätte ich vor Jahren eine Todesanzeige gelesen. Diese Familie muß eine Menge Geld gemacht haben, die Filme gibt es seit 1962 , hättest du das gedacht, und noch immer werden neue gedreht, glaube ich, natürlich versuche ich, sie zu sehen, wenn ich es mitbekomme.«
    ›Ich muß Peter fragen‹, dachte ich, ›bevor er stirbt‹, und es wunderte mich, daß diese Furcht in mir aufstieg und daß dieser Gedanke mir in den Sinn kam: Trotz seines vorgerückten Alters stellte ich mir niemals die Welt ohne ihn vor oder ihn ohne die Welt. Er gehörte nicht zu diesen Alten, denen man ihr Verschwinden schon ansieht oder in der Sprechweise oder im Gang anmerkt. Im Gegenteil. Der junge Mann, der er gewesen war, war neben dem Erwachsenen weiterhin so präsent in ihm, daß sie unmöglich beide zugleich aufhören konnten, zu existieren, nur weil sich da absurde Zeit angehäuft hatte, es hat nicht den geringsten Sinn, daß es die Zeit ist, die entscheidet und diktiert, stärker als der Wille. Oder vielleicht, wie sein Bruder Toby Rylands vor sehr vielen Jahren gesagt hatte: ›Wenn jemand krank ist

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