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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Schnürsenkel De la Garzas in der Luft schlenkerten, weder er noch ich hatten es geschafft, sie zuzubinden. Ich fürchtete anfänglich nicht, daß das auf dem Grund stehende Wasser ihn ertränken könnte, denn die Schüssel verengte sich wie üblich, und dort würde es nicht ganz hineinpassen, sein Vollmondgesicht, das jedoch jedes Mal, wenn Tupra es ihm wieder hineinstieß, nachdem er es ein wenig hochgezogen hatte, heftig gegen die Keramikwände prallte – und etwas stecken blieb –, außerdem betätigte er drei- oder viermal nacheinander die Spülung, der Strahl des blauen Wassers war so stark und hielt so lange an, daß mich abermals einen Augenblick lang höchste Unruhe erfaßte – ›Er wird ihn ertränken, er wird seine Lungen vollaufen lassen‹, dachte ich, ›nein, das kann nicht sein, das wird er nicht tun‹ –, und mir kam der Gedanke, daß in jedem Fall zwei Fingerbreit Flüssigkeit, eine Pfütze, genügten, um Mund und Nase unterzutauchen, damit jemand keinen Atemzug mehr tun könnte; und daß das vorübergehende Ansteigen des Wasserpegels bei jeder Spülung Rafita mit Sicherheit ein Gefühl von Ersticken oder zumindest von Verschlucken bescheren dürfte; und dabei war es die Toilette der Behinderten: mit ein wenig Glück würde es keinen Rest übler Gerüche geben, mit noch mehr Glück wäre sie noch unbenutzt.
    ›Ich will Tupra nicht als Sir Death sehen, als Gevatter Tod‹, dachte ich, ›mit den kalten Armen eines disziplinierten Wachtmeisters, immer schneidig und eifrig; aber ich fange schon an, ihn so zu sehen angesichts seiner durchschlagenden Fähigkeiten und des vielfältigen Aufgebots seiner Drohungen, Enthauptung, Erdrosselung, Ertränkung, das waren schon drei, wie viele bleiben noch, bei welcher wird er am Ende bleiben, wenn er denn bei einer bleibt, welche wird er wählen, um sein Werk oder seine fachmännische Arbeit zu vollenden, welche wird Vollzug und Tatsache und nicht mehr nur Drohung und Versuch sein.‹ Er tauchte De la Garza nicht lange ins Wasser, also schien auch das nicht die endgültige Form zu sein, obwohl er es sich jeden Augenblick anders überlegen konnte und nur die Sekunden verstreichen lassen müßte, ein paar mehr, einige wenige, sie vergehen gewöhnlich so rasch, daß wir sie gewöhnlich nicht einmal bemerken, Zeitreste, man mußte sie nur vergehen lassen mit dem Gesicht meines Landsmannes im Wasser – Nase und Mund, das genügte –, und so hängen Tod und Leben oft von den verachtenswerten Sekunden ab, die verschwendet werden, oder von so wenigen Zentimetern, daß sie oft verschenkt oder dem Gegner umsonst gewährt werden – jene, die das Schwert nicht zurückgelegt hat. »Zwei Schergen haben mich mit dem Kopf nach unten in ein Faß deines ekelhaften Weines getaucht und darin ertränkt, weh mir, armer Clarence, an den Beinen gepackt, die draußen blieben und lächerlich zu strampeln versuchten bis zum letzten Rausch meiner Kehle, verraten und erniedrigt und getötet durch die unermüdliche List deiner schwarzen, ungestalten Zunge.« Aber das hier war kein abgestandener Wein in einem Faß, sondern bläuliches Wasser, das in Strömen floß, und er war nicht George, Herzog von Clarence, sondern der degenerierte Schwachkopf von De la Garza, und wir beide waren nicht zwei Schergen und schon gar nicht die eines mörderischen Königs. Oder vielleicht war ich es doch in bezug auf Tupra oder Reresby, ich erhielt täglich kleine Befehle von ersterem, und die des letzteren, in jener Nacht, waren größer und von weniger absehbarer Art, anders als die Vergütung meiner Arbeit sie zuließ, man hatte mich von meinen Aufgaben abgezogen oder meine Verpflichtung forciert, die allerdings nie schriftlich festgelegt oder vereinbart worden, nie sehr klar gewesen waren. Oder womöglich waren wir doch beide Schergen, auch wenn ich es nicht wußte, des Staates, der Krone, des MI6, der Armee, des Foreign Office, des Home Office oder der Marine, ich konnte im Dienst eines fremden Landes stehen, ohne mir dessen bewußt zu sein in meinem verträumten Ausländertum, und das womöglich in einer Weise, wie ich es niemals in bezug auf mein eigenes akzeptiert hätte. Oder wir konnten Schergen Arturo Manoias sein (Pérez Nuix zufolge variierten unsere Auftraggeber in jenen Tagen) und Rafita auf sein Verlangen hin fertigmachen, um ihn zu entschädigen, ich wußte nicht, wie er die Rückkehr seiner Frau mit der von dem sfregio oder Schmiß entstellten Wange aufgenommen hatte, sie war

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