Dein ist der Tod
fuhren über Hügel und durch Canyons mit Viehweiden und verstreuten Ranchen. Mia hoffte, dass sie die Landschaft beruhigen würde, aber das klappte nicht. Nichts klappte. Heute hatte zum zweiten Mal in zwei Wo chen jemand auf sie geschossen.
Ric drosselte die Geschwindigkeit, und Mia entdeckte einen schwarzen Fleck am Horizont. Ein Chevrolet Suburban stand neben einer riesigen Eiche. Ric wechselte auf die Standspur und parkte hinter dem groÃen Kombi. Ein Mann stieg aus, ging zum Heck, öffnete die Klappe und begann, Kisten auszuladen.
»Was ist denn das?«, fragte Mia.
»Vorräte.« Ric öffnete die Tür, und auch sie wollte aussteigen. Er berührte ihren Arm. »Du bleibst sitzen.«
Er lieà sie bei laufendem Motor im Wagen warten. Benommen von diesem neuerlichen kleinen Stich saà sie da. Er wollte nicht, dass sie seinen Bruder traf. Bedeutete das etwas? Und was?
Mia verfolgte gespannt die Bewegungen der beiden Männer, die die Kartons auf die Pritsche des Pick-ups luden. Sie hatten die gleiche GröÃe und Statur. Sogar die vielsagende Ausbuchtung von Reys Jacke war die gleiche wie bei Ric. Sie fragte sich, ob es noch mehr Santos-Brüder gab und ob alle ähnliche Berufe hatten. Ihr war, als hätte Ric einen Bruder beim Militär erwähnt.
Nachdem die Sachen aufgeladen waren, sprachen die beiden kurz miteinander. Einmal blickte Rey zu Mia. Sie hätte viel dafür gegeben, die Augen hinter der Sonnenbrille sehen zu können, aber die Santos-Männer schienen ihre Gefühle gern zu verbergen.
Ric legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter und sagte ein paar Worte zum Abschied, ehe er wieder zu ihr in den Wagen stieg. An dieser kleinen Geste erkannte sie, dass die beiden sich nahestanden. Brüder im tieferen Sinn. Sie spürte, wie sich ihre Verkrampfung ein wenig löste und sie stattdessen so etwas wie Sehnsucht beschlich.
Quietschend wurde die Tür geöffnet. Schweigend kletterte Ric auf den Fahrersitz. Kurz darauf wendete er den schweren Wagen, hupte einmal zum GruÃ, und sie waren wieder unterwegs, ihrem Ziel entgegen.
»Wie weit ist es denn noch?«
»Wir sind gleich da.«
Nach wenigen Minuten bog er von der HauptstraÃe auf eine Schotterpiste ab, die sich durch ein paar niedrige Hügel wand. Sie kamen an ein Metalltor, das mit einer rostigen Kette versperrt war. In Mia kam die Erinnerung an die Fahrt zu der aufgelassenen Fabrik hoch. Ric sprang aus dem Wagen, um das Schloss zu öffnen â ein Zahlenschloss, dessen Kombination er wohl mit freundlicher Unterstützung des FBI erfahren hatte. Sie wollte sich nicht länger nutzlos fühlen, daher glitt sie hinter das Lenkrad und steuerte den Wagen durch das Tor, damit er es gleich wieder schlieÃen und die Kette befestigen konnte. Danach rutschte sie wieder auf den Beifahrersitz, und er fuhr die letzte Wegstrecke zu ihrem Unterschlupf.
Mia hatte sich noch nie Gedanken darüber gemacht, wie ein sicheres Haus vom FBI aussah, geschweige denn, dass sie eines gesehen hätte. Aber selbst der einfallsloseste Mensch konnte sich etwas Besseres vorstellen als dieses primitive Steinhaus, das am Fuà eines Hügels kauerte und nicht mal halb so groà wie ihr Bungalow war. Links und rechts davon standen zwei dürre Mimosenbäume. Hinter dem Haus konnte sie einen winzigen Schuppen ausmachen, von dem sie inständig hoffte, dass es kein Plumpsklo war.
»Ist es das?«
Ric stellte den Motor ab. »Jepp.«
Sie stiegen aus und machten sich ans Ausladen. Rics Bruder hatte ihnen die wichtigsten Nahrungsmittel besorgt, auÃerdem eine groÃe Reisetasche, die weià Gott was enthielt. Mia trug einen Karton, und Ric schulterte die Tasche. Auf dem Weg zur Tür hielt sie nach allen Seiten Ausschau, entdeckte aber im weiteren Umkreis keine Spur menschlichen Lebens. Nur Hügel, Felsen und Gestrüpp, so weit das Auge reichte. Allein ein langsam kreisender Falke wurde Zeuge ihrer Ankunft.
Mit einem messingglänzenden Schlüssel sperrte Ric das solide Schloss auf â dem einzigen erkennbaren Hinweis darauf, dass es sich hier um etwas anderes handelte als eine kleine verlotterte Hütte. Dann stieà er die Tür auf.
Mia sah ihn skeptisch an, ehe sie sich hineinwagte. Der Raum war dunkel. In der Luft hing der Geruch von Staub und etwas anderem, das sie nicht zuordnen konnte. Pinienzapfen? An einer Wand befand sich eine winzige Küche, und Mia
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