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Blasenschwäche hin oder her, auf Befehl schon mal gar nichts ausstrahlt. Dafür drückt plötzlich der Darm. O Gott, erschrickt er, wenn ich jetzt scheiÃe, und nachher greift der Urologe mir in den Arsch. Er hat ja keine Ahnung, was Urologen mit den Männern anstellen, aber die schlimmsten Befürchtungen. DrauÃen wartet schon der nächste Patient darauf, den Mittelstrahlurin in die Durchreiche zu stellen, während der Blasenschwache alles daransetzt, sich aus dem richtigen Loch zu entleeren. Endlich tröpfelt es vorne, es tröpfelt, und dann strahlt es und der Becher schiebt sich paÃgenau zwischen zwei UrinstöÃen vor das Geschlecht. Ach! heiÃe zitternde Wonne durchläuft sein Wesen und Taumel und Toben ist so sehr in allen Sinnen, daà er das Gleichgewicht verliert, als er den Becher rechtzeitig vor dem Endstrahl wieder vom Geschlecht fortreiÃen will. Ohne an das Aus im FuÃballturnier zu denken, stützt er sich auf das gebrochene Bein, jault vor Schmerz auf und stöÃt mit der Schulter gegen den Papierhandtuchhalter, indes der Becher das Kämmerchen endbestrahlt. Vergeblich greift er in die Durchreiche, um sich festzuhalten, hüpft noch mehrfach auf dem gesunden Bein, ohne die Balance wiederzugewinnen, und stürzt schlieÃlich getroffen wie vom Blitze zu Boden, wo er Gott sei gepriesen nicht das Haupt, sondern nur die Hand ins heilignüchterne Wasser tunkt. »Weh mir, wo nehm ich, wenn / Es Winter ist, die Blumen, und wo / Den Sonnenschein, / Und Schatten der Erde? / Die Mauern stehn / Sprachlos und kalt, im Winde / Klirren die Fahnen.« Das ist midlife-crisis oder Halbzeitjammer, nicht Sinnfragen, nicht Schwäne, sondern die ganz konkrete Not, in einem öffentlichen Klo zu kriechen, an dessen Tür bereits geklopft wird, und mit Papierhandtüchern den Urin aufzuwischen. Und da habe ich noch gar nicht die Frage aufgeworfen, welchen Mittelstrahl er in die Durchreiche stellen wird. Als er in uralter Verwirrung aus dem Kämmerchen humpelt, sucht ihn bereits die Arzthelferin: Ich dachte schon, Sie seien nach Hause gegangen, schüttelt sie den Kopf wie über einen zerstreuten Greis, der sich in der Praxis verlaufen hat, nimmt die Krücken an sich und stützt ihn unterm Arm, um ihn zum Wartezimmer zu führen, wo der Nachrichtenkanal lautlos gestellt ist, der künftige AuÃenminister einmal stumm, den auch die Mittigkeit seines Wortstrahls so unerträglich macht, die betonte Ausgewogenheit oder eben heilige Nüchternheit in jedem seiner Sätze, die Zeitschriften ebenfalls auf das Geschlecht der Patienten abgestimmt, ohne in Männermagazine abzugleiten. Bin ich nicht zu jung für eine Altersschwäche? fragt er den Urologen. Gute Besserung, wünscht der Urologe zum Abschied und meint das Bein.
Heute lernte ich an GroÃvater eine neue Seite kennen: seine Cleverness. Vierzigtausend Tuman Gehalt bietet die Zollbehörde dem jungen Isfahani, Arbeitsplatz Buschher am Persischen Golf, wo neunzig Jahre später das Atomkraftwerk gebaut wird, das den nächsten Krieg auslösen könnte. Er steht auf, um das Büro zu verlassen. â Jetzt bleiben Sie doch erst einmal sitzen, junger Mann. Die beiden Beamten werfen sich einen Blick zu und nicken: Fünfzigtausend Tuman. â Nein. Sie stecken die Köpfe zusammen und flüstern. Der junge Isfahani weià genau, daà die Behörde Mitarbeiter wie ihn am Persischen Golf benötigt, die Englisch, Französisch und Arabisch beherrschen. Unter allen Freunden hat er als einziger den Eignungstest bestanden und tut deshalb ganz gelassen, als die Beamten ihn bitten, einen Augenblick zu warten, sie müÃten etwas besprechen. Als sie zehn Minuten später ins Büro zurückkehren, erhöhen sie das Angebot auf sechzigtausend Tuman plus einen Aufschlag von 25 Prozent für Kost und Logis, plus Reisegeld bar auf die Hand. â Ein solches Gehalt hat hier noch kein Berufsanfänger erhalten, murren sie. So unglücklich sich der junge Isfahani in Teheran gefühlt hat â um so schwerer fällt ihm plötzlich der Abschied, denkt er doch an die Verse des gepriesenen Saadi: »Entweder kehrt mit vollen Säcken der Kaufmann in das Heimatland: / Wenn nicht, so treiben seinen Leichnam die Meereswellen an den Strand.« Wieder flieÃen gemeinschaftlich die Tränen, beim Abschied von Mirza Mohammad, den alle den Schirazi nennen, von Ahmad Qasemi und
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