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biÃchen mit den Jeeps, über die er verfügte. Indessen mochte er mit seinen Talenten, SpäÃen und Mitteln die Frauen und Kinder der Familie noch so sehr für sich einnehmen, GroÃvater beeindruckte er damit nicht, der in seiner Ernsthaftigkeit und wohl auch Steifheit das Gegenteil von Onkel Oberstleutnant war. Ob GroÃvater sich freute, seine Ruhe zu haben, oder es ihn insgeheim doch kränkte, daà seine lebenslustige, hübsche, zehn oder fünfzehn Jahre jüngere Frau es freitags vorzog, bei einem Bahai zu feiern, obendrein Offizier des Schahs? Oft beschwerte er sich, daà die Schwägerin sich wegen Onkel Oberstleutnant ebenfalls dem Bahaismus zugewandt habe, und forderte GroÃmutter auf, in ihre Schwester zu dringen, damit sie auf den geraden Pfad zurückkehre. Das gehört doch zum Leben GroÃvaters, selbst wenn ihn die Mutter in dem Abschnitt gar nicht erwähnt oder nur seine Mahnungen. Selbst seine Abwesenheit gehört dazu. Ebenso könnte ich ihre Schulzeit seinem Leben zusprechen oder vorher noch die Tage im Badehaus, auch wenn die Mutter sie natürlich mit GroÃmutter und den Tanten verbrachte, aber es war das gleiche Badehaus, das frühmorgens und abends für die Männer geöffnet war und wahrscheinlich eine ähnliche Waschprozedur, wenn GroÃvater mit meinen Onkeln badete. Ja, wenigstens von den Badetagen sollte ich berichten, die besonders gewesen sein müssen auch in GroÃvaters Leben, wenngleich nicht mehr am Donnerstag, dem 11. September 2008, um 0:45 Uhr, wiewohl ich mir wieder angewöhnt habe, nachts zu arbeiten wie der ältere Herr Bachtiar im Internat der Amerikanischen Schule, weil auch in unserem Aufenthaltsraum tagsüber zuviel los ist mit der Frau Gott sei gepriesen zurück in Rom und beiden Kindern, dazu die dreiflügelige Tür stets offen. In vierzehn Stunden fliegt der Enkel nach Köln, um zu erfahren, ob das Carboplatin gewirkt hat. â Wieso ob? fragte der Enkel am Telefon entsetzt: Sie sagten doch, die Dosis wirkt zu hundert Prozent. â Ist nicht schlimm, wenn nicht, antwortete der Uroonkologe, dann bekommen Sie eine andere Chemotherapie. Erst seit er so beruhigt wurde, ist der Enkel unruhig: Er muà doch nicht gleich sterben, um etwas »schlimm« zu finden. 1:02 Uhr jetzt. Die Beschreibung des Badetags zieht sich über zwei der dreiunddreiÃig Seiten hin, die die Mutter den Jahren bis zum Sturz des Premierministers Mossadegh widmet, immerhin den ersten zwanzig Jahren ihres Lebens â angemessener als GroÃvaters Gewichtungen ist das auch nicht â, läÃt sich allerdings gut raffen und hilft vielleicht, den Gedanken an neuerlichen Fischgeschmack, Krämpfe beim Stuhlgang und Niederlagen im FuÃball zu vertreiben: »Bereits am Tag zuvor widmete sich Mama der Reinigung der Waschschüsseln, die sie zusammen mit einem runden Messingtablett und ein wenig Proviant zum Badehaus vorausschickte. Wir gingen immer morgens baden, also Mama, meine kleine Schwester, eine Dienerin und ich. Zunächst betraten wir einen groÃen überdachten Innenhof, von dem aus wir einige Treppen hinabstiegen. Unten liefen wir durch einen kurzen Gang und wieder eine Treppe hinauf zum Empfang, wo uns der Chefbademeister vor der Umkleide begrüÃte. Die Umkleide hatte in der Mitte ein Becken und an allen vier Wänden eine breite Balustrade aus Marmor, auf denen bereits unsere Schüsseln und die Badetücher lagen. Nachdem wir uns ausgezogen hatten, gingen wir an Mamas Hand ins Bad, wo mir jedesmal unheimlich war, bis sich meine Augen nach einigen Minuten an den Dampf und das trübe Licht gewöhnten. Abgesehen von den Bademeisterinnen, die einen kleinen Umhang trugen, waren alle Frauen nackt. Während wir uns mit Eimern gegenseitig das warme Wasser über Kopf und Leib schütteten, wechselte Mama mit ihrer privaten Bademeisterin die BegrüÃungsfloskeln und üblichen Fragen nach dem Befinden aus. Gewöhnlich hatten Mamas Freundinnen ebenfalls ihre Töchter dabei, mit denen wir in einem fort quasselten und uns gegenseitig bespritzten. Wenn unsere Haut durch das warme Wasser und den Dampf weich genug geworden war, begann Mamas Bademeisterin, uns nacheinander zu waschen. Sie schrubbte uns am ganzen Körper mit den groben Schwämmen und den Bleiweià ab, das wir mitgebracht hatten. Wie Mama zu sagen pflegte, schrubbte sie uns eine ganze Lage überflüssiger Haut ab. Danach
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