Dein Name
verlieÃ: »Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen.«
GroÃvater hält die Einladungskarte zum Geburtstag seines lieben Enkels in der Hand, unterschrieben von seiner lieben Schwiegertochter und seinem lieben Sohn. Da ist sie schon wieder: die Zeit, der GroÃvater nicht mehr angehört. Einen Abschnitt zuvor hat er den Fortschritt der Franken noch bewundert, und jetzt weigert er sich, im Fortschritt einen Fortschritt zu sehen. Eine bedâat nennt er das Feiern von Geburtstagen; das ist der Begriff, der in der islamischen Theologie eine ketzerische Neuerung bezeichnet. Bedâat ist jener Fortschritt, der abzulehnen ist. Für viele Theologen sind die Demokratie oder das Recht auf Apostasie eine bedâat , für Gläubige wie ihn waren es die Herrschaft des Rechtsgelehrten und Kindergeburtstage. Zu seiner Zeit üblich waren die aghigheh und auÃerdem das Geburtsfest, bei dem jeder Gast die Haare des Neugeborenen mit Gold oder Silber aufwog, um nicht etwa die Eltern oder ihr Neugeborenes zu beschenken, sondern die Bedürftigen. Obwohl also weder Gastgeber noch Gäste etwas erhielten und jeder nur gab, sind alle doch trunken vom Glück, vom Lachen, von der Freude gewesen, schreibt GroÃvater. Heute wissen nicht einmal seine eigenen Kinder von den alten Festen, kennen wahrscheinlich nicht einmal mehr das Wort aghigheh , das noch ein, zwei Generationen zuvor so verzückte wie Heiligabend die Franken. Heute muà er erklären, was die aghigheh war, nämlich das Pendant zum Geburtsfest, bei dem diesmal die Eltern das Fleisch eines Hammels oder eines Kamels an ihre Verwandten, Freunde sowie an die Bedürftigen verteilten. Nur sie selbst durften nicht von der Speise kosten, so wollte es die Tradition, die niemand mehr wertschätzt. In ihrer gharbzadegi , ihrer blinden Anbetung des Westens, importieren die Muslime mit dem Geburtstag lieber ein fremdes Fest, bei dem das Geschöpf sich selbst feiert statt den Schöpfer und zu allem Ãberfluà auch noch beschenkt wird, statt seine Mitmenschen zu beschenken, wissen sie nicht, was aghigeh bedeutet, aber haben wie Papageien happy birthday aufzusagen gelernt.Und was für Geschenke, was für überflüssige, teure und alberne Geschenke, die niemand braucht, je überflüssiger, teurer und alberner, um so gröÃer die Freude des Kindes, ein, zwei Tage damit zu spielen, bevor es sie in die Ecke wirft. Die einzigen, die etwas von den Geschenken haben, sind die Besitzer der Fabriken, die sie herstellen, und der Geschäfte, die es zu keinem anderen Zweck jetzt überall in Isfahan gibt, als ebenso überflüssige wie heillos überteuerte Albernheiten zu verkaufen, an die Gott trotz Seiner Allwissenheit bestimmt nicht gedacht hat, als Er die Welt schuf. Ja, GroÃvater schimpft, schimpft wieder einmal auf sein Land und die gharbzadegi , auf ketzerische Neuerungen und nutzloses Spielzeug â wie so oft und doch anders: nicht mehr zornig klingt er, auch nicht verzweifelt, obwohl er allen Berichten zufolge verzweifelt doch war. Von einem auf den anderen Absatz, da er unversehens seine Gegenwart auf die Zettel kritzelt, wird der Ton gelassen, bei aller Resignation sogar heiter und der Satzbau geschmeidig, als erzähle GroÃvater in geselliger Runde: »Ich persönlich halte überhaupt nichts von solchen bedâats und würde alles dafür geben, ihnen fernzubleiben â aber als ob man etwas sagen oder gar Widerstand leisten dürfte gegen das, was als normal und geläufig gilt, als ob die, wie es heutzutage heiÃt, âºaktuelle Modeâ¹ barmherzig genug wäre zu erlauben, sich ihr zu entziehen? Um Gottes willen, nein. Man muà hin, natürlich muà man hin, und natürlich darf man nicht mit leeren Händen hingehen. Alle treffen ein, die eingeladen sind, niemand darf fehlen, darauf wird genau geachtet, denn wie ungehörig wäre es, wenn jemand fehlte, und bringen ihre Geschenke mit, die exakt nach dem biblischen Grundsatz Auge um Auge, Zahn um Zahn bemessen sind. Keinen Rial weniger darf es mehr oder weniger kosten als das Geschenk, welches das eigene Kind von den Gastgebern erhielt. Und wenn es doch einen Rial mehr oder weniger kostet, was es natürlich tut, weil man schlecht das gleiche schenken kann, hat man das böse Gerede, mit dem man sich die Geselligkeiten bis zum nächsten Geburtstag vertreibt. Wie könnten da die GroÃeltern abseits
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