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ärmsten Engel den Thron Gottes, zugleich aus Vernunftgründen der Art, daà man Jean Paul doch kennen müsse, fing der Romanschreiber diesmal auf Seite eins an zu lesen, während die Tischplatte des Schreiners, dem Gott kein langes Leben mehr schenken sollte, noch auf dem Teppich lag, und wurde nach einigen Seiten so süchtig, daà er im Sommersemester 2010 die Frankfurter Poetikvorlesung so Gott will über Jean Paul halten wird. Daà das Anschrauben der Tischbeine dem Romanschreiber zwischenzeitlich den Verstand raubte, versteht sich in dem Roman, den ich schreibe, von selbst. War das wirklich so? Nein, schon durch die einfache Rekapitulation erscheint der Vorgang doch arg konstruiert, und jetzt war nicht einmal von all den anderen Zufällen die Rede, etwa von der Lektüre Philip Roths, der Kurzmitteilung des Schwippschwagers, der Verabredung zum Kino, in deren spezifischer Folge die Frau des Romanschreibers Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente Hölderlins von der Tischplatte wischte. Nicht nur Theodor W. Adorno, auch der Prophet Mohammad hat, wenngleich in simpleren Worten, etwas gegen eine Poetik vorgebracht, die allzu blind dem folgt, was sich von selbst ergibt. Der Prophet also sagte: Vertraue auf Gott, aber binde dein Kamel an. Die Designer-TischfüÃe waren wirklich zu siebzig Prozent reduziert, aber unter der Tischplatte lag James Joyces Finnegans Wake , das angesichts der Anlage des Romans zu sinnfällig schien, um als Zufall zu bestehen, und vor allem nicht der deutschen Literatur angehört, deren Aneignung mir für den Romanschreiber besser zupaà kam, der das Leben seines iranischen GroÃvaters schlieÃlich in deutscher Sprache beschreibt, so daà ich mich noch unwissender stellte, als ich war, und Joyce durch Jean Paul als Stütze für die Schreibtischplatte des alten Schreiners ersetzte, den es nun wirklich gab, geben muÃte, da er inzwischen tot ist. »âºDas schönste Beetâ¹ â sagtâ ich â âºist in diesem Eden das, daà mein Werk kein Roman ist: die Kunstrichter lieÃen sonst fünf solche Personen auf einmal wie uns nimmermehr ins Bad, sie würden vorschützen, es wäre nicht wahrscheinlich, daà wir kämen und uns in einem solchen Himmel zusammenfänden. Aber so habâ ich das wahre Glück, daà ich eine bloÃe Lebensbeschreibung setze und daà ich und die andern sämtlich wirklich existieren, auch auÃer meinem Kopfe.â¹Â« Wieder der Reihe nach: Ein Romanschreiber, der an einigen Stellen Jean Paul genannt wird, behauptet, daà der Roman kein Roman sei und die darin auftretenden Personen sämtlich wirklich existierten, auch auÃer seinem Kopfe. Und sein Argument ist, daà ein Roman auf Wahrscheinlichkeiten beruhe, also einer Ordnung, die Unwahrscheinlichkeiten nur in dem MaÃe zulieÃe, daà sie nicht als Regel erschienen. Hingegen in der Wirklichkeit geschähen so viele Zufälle, daà es in einem Roman für unwahrscheinlich gehalten würde und also ausgeschlossen sei. In dem Roman, den ich schreibe, behauptet der Romanschreiber, der an einigen Stellen Navid Kermani genannt wird, daà der Roman kein Roman sei und Jean Paul wirklich unter seiner Tischplatte gelegen habe, auch auÃer seinem Kopfe. Und sein Argument ist, daà ein Roman auf Wahrscheinlichkeiten beruhe, also einer Ordnung, die Unwahrscheinlichkeiten nur in dem MaÃe zulieÃe, daà sie nicht als Regel erschienen. Hingegen in der Wirklichkeit geschähen so viele Zufälle, daà es in einem Roman für unwahrscheinlich gehalten würde und also ausgeschlossen sei. Dieser Logik nach hätte unter meiner Schreibtischplatte doch nicht Finnegans Wake gelegen, sondern wirklich Jean Paul, und ich â also ich, nicht der Romanschreiber, der an einigen Stellen Navid Kermani genannt wird â, ich hätte nur behauptet, daà Finnegans Wake unter meiner Schreibtischplatte gelegen habe, damit Sie denken, es sei ja nur ein Roman, und sich nicht zu sehr über den Zufall wundern, daà unter der Schreibtischplatte, auf dem ich den Roman zu schreiben begann, ausgerechnet Jean Paul lag, der im weiteren Verlauf eine so groÃe Rolle spielt, daà der Romanschreiber und ich ihn sogar im Titel der Frankfurter Poetikvorlesung erwähnen â erwähnen müssen! â, die im Sinne Thomas Manns zum Roman des Romans gehört, den ich schreibe. Und dreht man die Schraube meiner
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