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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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Kirchentor stand, und sagte: «Ist wirklich ein niedliches Ding, die Kleine von ihr und Hauptmann Hellmann.»
    Ich habe gleich nachgehakt. Hat er Hauptmann Hellmann gekannt? Hat er ihn sympathisch gefunden?
    Er starrte mich an und sagte: «Ja, das habe ich. Er war ein feiner Kerl, auch wenn er ein Deutscher war. Sie werden die Kleine von Miss McKenna deswegen doch wohl nicht fallenlassen, oder?»
    «Ich denke nicht im Traum daran!», sagte ich.
    Er drohte mir mit dem Finger. «Das will ich Ihnen auch geraten haben, Fräuleinchen! Finden Sie erst mal das eine oder andere heraus, bevor Sie darangehen, ein Buch über die Besatzung zu schreiben. Ich hab die Besatzungszeit auch gehasst. Werd heut noch ganz wild, wenn ich daran denke. Waren ein paar hundsgemeine Schweinekerle dabei – platzten einfach bei einem rein, ohne anzuklopfen, schubsten einen herum. Die Sorte, die gern rumkommandiert, weil sie’s vorher nie durften. Aber ’s waren nicht alle so – nein, beileibe nicht.»
    Laut Sam zählte Christian nicht dazu. Sam mochte Christian. Er und Elizabeth hatten Sam einmal auf dem Kirchhof angetroffen, wo er sich damit mühte, ein Grab auszuheben, obwohl die Erde steinhart und so eiskalt war wie Sam selbst. Christian hatte die Schaufel genommen und sich mächtig ins Zeug gelegt. «War ’n starker Bursche und im Handumdrehen fertig damit», sagte Sam. «Hab ihm gesagt, er könnte jederzeit bei mir anfangen, da hat er gelacht.»
    Am folgenden Tag kam Elizabeth wieder und brachte ihmeine Thermoskanne mit heißem Kaffee. Echten Kaffee aus echten Bohnen, die Christian ihr geschenkt hatte. Außerdem gab sie ihm noch einen warmen Pullover von Christian.
    Sam sagte: «So viel steht fest, in der ganzen Zeit, in der die Besatzer hier waren, bin ich mehr als bloß einem netten deutschen Soldaten begegnet. Ist ja kein Wunder, wenn man manchen von denen fünf Jahre lang jeden Tag übern Weg läuft. Da wechselt man eben mal ein paar Worte.
    Manche konnten einem nur leidtun – saßen hier fest und wussten, dass ihre Leute zu Hause von Bomben in Stücke gerissen wurden. Da spielte es keine Rolle mehr, wer angefangen hat. Jedenfalls nicht für mich.
    Auf den Lastwagen, die Kartoffeln ins Offizierskasino brachten, saßen hinten immer Soldaten drauf, als Aufpasser. Die Kinder liefen hinterher und hofften, dass ein paar Kartoffeln auf die Straße fallen würden. Die Soldaten guckten stur geradeaus, machten finstere Gesichter, und dann schnipsten sie Kartoffeln von dem Haufen runter – mit Absicht.
    Mit Apfelsinen machten sie’s genauso. Und mit Kohlebrocken – ich sag Ihnen, die waren kostbar, wo wir doch keinen Brennstoff mehr hatten. Kam oft vor, so was. Fragen Sie mal Mrs.   Fouquet nach ihrem kleinen Jungen. Der hatte Lungenentzündung, und sie war halb tot vor Sorge, weil sie nichts zum Heizen und nichts Anständiges zum Essen für ihn hatte. Eines Tages klopft es bei ihr an der Tür, und als sie aufmacht, sieht sie einen Sanitätsoffizier vom deutschen Krankenhaus auf der Schwelle stehen. Er sagt keinen Piep, drückt ihr nur ein Röhrchen von diesem Sulfonamid in die Hand, tippt an seine Kappe und verzieht sich. Das hatte er aus der Krankenhausapotheke für sie gestohlen. Später hat er es nochmal versucht, da haben sie ihn erwischt und nach Deutschland ins Gefängnis geschickt – vielleicht haben sie ihn auch aufgehängt. Das wissen wir nicht so genau.»
    Mit einem Mal starrte er mich wieder eindringlich an. «Undich sag Ihnen was, wenn irgendwer von diesen aufgeblasenen Briten Kollaboration nennt, was einfach nur menschlich gehandelt ist, dann soll er erst mal mit mir und Mrs.   Fouquet reden!»
    Ich wollte etwas erwidern, aber Sam drehte mir den Rücken zu und ging davon. Ich sammelte Kit ein, und wir machten uns auf den Heimweg. In Gedanken noch bei den welken Blumen für Amelia und den Kaffeebohnen für Sam Withers, begriff ich allmählich, was für ein Mensch Kits Vater gewesen war – und warum Elizabeth gar nicht anders konnte, als ihn zu lieben.
    Nächste Woche haben wir Remy bei uns zu Gast. Dawsey bricht am Dienstag nach Frankreich auf und holt sie ab.
     
    Liebste Grüße,
    Deine Juliet

Juliet an Sophie
    21.   Juli 1946
    Liebe Sophie,
    verbrenne diesen Brief, es wäre mir gar nicht recht, wenn er später zwischen Deinen gesammelten Papieren wieder zum Vorschein käme.
    Gewiss, ich habe Dir von Dawsey erzählt. Dass er als Erster von allen hier an mich geschrieben hat, dass er große Stücke auf Charles Lamb

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