Deine Spuren im Sand
die Ampel nun auf Grün, ich zeigte ihm mit einem Schulterzucken, dass ich kein Wort seiner Gebärdensprache verstanden hatte, legte den ersten Gang ein und fuhr sehr langsam an. So langsam, dass der Traummann eine Entscheidung treffen musste. Zügig nach rechts abbiegen, wie es sich gehörte, wenn man sich für die rechte Fahrspur entschieden hatte, oder genauso zögerlich anfahren wie ich, als sei er sich seiner Fahrtrichtung noch nicht sicher, und sich damit den Zorn aller nachfolgenden Autofahrer zuzuziehen, die auf dem schnellsten Wege in ihre Urlaubsdomizile wollten.
Tatsächlich sah es so aus, als wollte Alex Traum sich mit mir im Gleichschritt bewegen. Er verhielt sich genauso zaudernd wie ich, so dass ich mich flugs für Plan B meiner Überlegungen entschied, den Fuß von der Kupplung nahm und zehn Meter vor der Ampel den Motor abwürgte. Damit hatte Alex Traum genauso wenig gerechnet wie mein Hintermann, und deswegen bemerkte er zu spät, dass ich zurückgeblieben war. Er war bereits in die Kreuzung eingefahren, als seine Bremslichter aufleuchteten, als es aber kein Zurück mehr für ihn gab. Er fuhr weiter, und zwar geradeaus! Und das, obwohl er sich in die rechte Spur eingeordnet hatte!
Damit war für mich alles klar! Alex Traum wollte mich verfolgen. Zähneknirschend beobachtete ich, wie er auf den Parkplatz von Aldi einbog. Dass er dort auf mich warten wollte, um mir dann weiter zu folgen, daran hatte ich überhaupt keinen Zweifel.
Wieder wechselte die Ampel auf Grün. Ich gab Gas, schoss auf die Kreuzung, riss den Wagen nach links und konnte von Glück sagen, dass der erste Fahrer auf der linken Spur ein behäbiger älterer Herr war, der gerade erst angefahren war, als ich schon in die Keitumer Landstraße einbog und der City entgegenraste. Wenn Alex Traum auch mein Manöver schnell durchschaut haben mochte, bis er mir folgen konnte, war ich längst über alle Berge.
Hinter dem Polizeirevier bog ich in die Kjeirstraße ein und fuhr auf den Parkstreifen, der sich dahinter auftat. Ich starrte in den Seitenspiegel, betrachtete jedes Auto, das in die Kjeirstraße einbog, aber es war kein grüner Golf darunter. Nach ein paar Minuten war ich sicher, dass ich Alex Traum abgehängt hatte. Langsam fuhr ich nun weiter zur Sylter Welle, dahinter lag das Hotel Roth, in dem ich ein Apartment gebucht hatte. Lieber wäre ich im Hotel Stadt Hamburg oder in der Windrose in Wenningstedt abgestiegen, aber ich hatte mich dann doch für ein unauffälliges Haus entschieden. Wenn Alex Traum der Beweis dafür war, dass man mich durchschaut hatte, dann wurde ich in den First-class-Hotels der Insel gesucht. Im Hotel Roth, das in einem der hässlichen Betonbauten an der Kurpromenade von Westerland untergebracht war, würde mich niemand vermuten.
Es gab eine Handvoll Parkplätze direkt vor dem Hoteleingang, und einer davon wurde gerade frei, als ich vorfuhr. Ehe ich ausstieg, kontrollierte ich vorsichtshalber den Sitz meiner Perücke. Eine kluge Entscheidung! Erschrocken musste ich nämlich feststellen, dass ich aussah, als hätte ich mich im Zustand der Volltrunkenheit als Marilyn Monroe verkleiden wollen. Der Mittelscheitel war von der Kopfmitte in Richtung des rechten Ohrs gerutscht, der Pony sah aus, als wäre einem Friseur während der Arbeit die Schere aus der Hand gefallen. Zwar konnte ich weiterhin hoffen, in dieser Aufmachung nicht erkannt zu werden, aber andererseits wollte ich natürlich nicht für Aufsehen sorgen und vor allem als Hotelgast ernst genommen werden. Also schob ich die Perücke an den Platz zurück, an den sie gehörte, und hoffte, dass niemand ihr einen zweiten Blick schenkte.
Während ich auf den Hoteleingang zuschritt, sah ich an mir herab. Ein Portier mit Berufserfahrung würde sich seine Gedanken machen, wenn er mich zu Gesicht bekam. Meine billige Kleidung und meine Gucci-Handtasche passten weiß Gott nicht zusammen, und dass mein ganzes Gepäck aus einer großen Plastiktüte von Tiffany/New York bestand, würde ihm auch zu denken geben. Ich durfte ihm nicht einmal verübeln, wenn er auf Vorauszahlung bestehen würde.
3.
S chon als die Talkrunde vorgestellt wurde, beschlich Berno Sorge. Ob Emily, als sie ihre Zustimmung gegeben hatte, wusste, dass auch Konrad Kipp zu den Talkgästen gehören würde? Oft genug stand am Morgen einer Life-Sendung noch nicht fest, wer ins Studio gebeten wurde, ob es Absagen und neue Einladungen gegeben hatte oder aktuelle Ereignisse, die es erforderlich machten,
Weitere Kostenlose Bücher