Dekan Diavolo
wissen, deshalb leuchtete ich nach.
Es war tatsächlich ein Vorhang, der in die Höhe glitt. Rasch löschte ich die Flamme des Feuerzeugs und wartete ab.
Wir spürten den Wind, der gegen unsere Gesichter glitt. Er streichelte sie wie mit Fingern. Sekunden verstrichen… Dann war der Vorhang oben. Beide starrten wir auf die Lücke, ohne jedoch etwas sehen zu können, bis zu dem Augenblick, als es vor uns allmählich heller wurde. Licht strahlte auf.
Der Vergleich mit einem Kino kam mir in den Sinn. Woher das Licht kam, konnte ich nicht sehen. Aus der Erde, den Wänden, vielleicht der Decke. Es war eine indirekte Beleuchtung, weich und fließend. Ich hielt den Atem an, auch Will erging es so, denn allmählich kristallisierte sich das Bild eines ungewöhnlichen Raumes hervor. Es gab dort sehr viel zu sehen, aber ich hatte zunächst nur Augen für den Dekan Diavolo. Und der wiederum hatte sich auf grausame Art und Weise verändert…
***
Gaby Willmann war am Rande des Grundstücks stehengeblieben, weil Suko es so hatte haben wollen. Den ersten Erkundigungsgang hatte er allein vorgenommen.
Das Motorrad stand weit entfernt an einer bestimmten Stelle im Wald. Und zwar so versteckt, daß es in dem hohen Farnkraut nicht so leicht entdeckt werden konnte.
Die junge Frau fror. Wenn sie daran dachte, was in den letzten beiden zurückliegenden Stunden alles geschehen war, konnte sie nur den Kopf schütteln.
Das war der helle Wahnsinn gewesen, und sie wunderte sich darüber, daß sie noch lebte. Wäre Suko nicht gewesen und hätte er nicht so rasch reagiert…
Ihre Gedanken stockten. Darüber wollte sie nicht nachdenken. So etwas war kaum zu glauben.
Sie verspürte den Drang nach einer Zigarette. Suko hatte ihr zwar gesagt, sich ruhig zu verhalten, aber er hatte ihr nicht verboten, eine Zigarette zu rauchen. Außerdem würde sie die Zigarette so halten, daß die Glut von der hohlen Hand abgeschirmt wurde.
Die Finger zitterten, als sie das Stäbchen aus der Packung zog. Sie steckte den weißen Filter zwischen ihre Lippen, schaute sich noch einmal scheu um, bevor sie das Feuerzeug aufflammen ließ und die Flamme den Tabak berührte.
Tief und hastig saugte sie den Rauch ein. Er füllte die Lungen, sie schluckte ihn sogar, was noch ungesunder war, dann ließ sie ihn aus den Nasenlochern strömen und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. Ein leichtes Schwindelgefühl hatte sie überkommen. Nach einigen Sekunden war es vorbei. Sie nahm den zweiten Zug, den dritten, dabei sah sie, wie ihre Handfläche rötlich aufglühte, als sie vom Schein der Glut getroffen wurde.
Von Suko hörte sie nichts. Der Inspektor konnte sich tatsächlich so lautlos bewegen wie ein Indianer. Er huschte durch die Büsche, seine Schritte waren schon nach wenigen Metern verklungen, und es bewegten sich auch keine Blätter.
Das Haus selbst lag hinter den Bäumen versteckt. Man mußte sich schon sehr genau auskennen, um den Weg überhaupt zu finden, der von der schmalen Straße her abzweigte und so gut wie zugewuchert war. Von beiden Seiten wuchsen die Zweige des Buschwerks aufeinander zu und hatten so etwas wie einen grünen Tunnel gebildet. Die Nervosität war noch längst nicht vergangen. Auch weiterhin spürte sie das Zittern in ihrem Körper. Das Blut rauschte stärker durch die Adern, in ihrem Kopf spürte sie einen starken Druck, der allmählich in tuckernde Schmerzen überging.
Dennoch dachte Gaby Wittmann darüber nach, was sie alles falsch gemacht hatte. Sie war in die Klauen des Dekans geraten. Er hatte sie durch die Lehren des Ramis geblendet und sie auf dessen Philosophie regelrecht ein geschworen.
Dann aber hatte sie von den Selbstmorden der Vergangenheit erfahren und war sehr nachdenklich geworden. Sie hatte sich auch eine Kontaktperson ausgesucht und deren Vertrauen erschleichen können. Dunja, die Mörderin!
In langen Gesprächen waren sich die beiden Frauen nähergekommen. So war es ihr möglich gewesen, Details über die Zeit in Zagreb zu erfahren. Sogar Namen waren gefallen.
John Sinclair, Suko, Michael Mitic.
Dunja hatte auch nicht vergessen, die Namen der Mordopfer hinzuzufügen. Mit stolzgeschwellter Stimme hatte sie davon berichtet. Sie war happy gewesen, Ramis die Opfer bringen zu dürfen. Aber sie war einen Schritt zu weit gegangen. Wenigstens für Gaby Wittmann. Als für sie feststand, was tatsächlich hinter den Morden steckte, hatte es für sie kein Halten gegeben. Natürlich konnte sie die Horror-Uni nicht
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