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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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verließ Hanß den Saal im erzbischöflichen Palast.
    Bruder Dudo war schon fertig gegürtet. Sie würden nie wieder zurückkehren, sondern gänzlich sich der Freiheit in Gottes Natur hingeben. Hanß spürte, wie ihm alle Last von der Seele genommen wurde, und er dankte Gott und besonders der gnadenreichen Jungfrau Maria, der Mutter des Herrn und Königin des Himmels, der Seligsten unter allen Weibern, die ihm, wie er somit annehmen zu hoffen wagte, die Schande vergeben hatte, die er seiner Mutter hatte widerfahren lassen. Wie der heilige Franz selbst würde er den Vögeln predigen und war sich sicher, unter ihnen mehr Verständnis zu finden als unter den Menschen.
    »Wohin werden wir uns wenden?«, fragte Bruder Dudo.
    Hanß überlegte. »War es bei den Kanonikern in Koblenz nicht fein? Sie erfreuen sich des Besuches sicherlich, sie sind so einsam.«
    »Gewiss«, pflichtete Bruder Dudo bei. »Aber es ist für heute zu weit des Weges.«
    »Die gebenedeite Jungfrau Maria wird uns eine Herberge weisen«, sagte Hanß, und sie stapften frohen Mutes und sonder Sorgen los. Später, wenn es Frühjahr werden würde, würden sie nach Compostela zum Grab des heiligen Jacobus pilgern, wie es ihnen vom Mainzer Erzbischof aufgetragen worden war.
    Und so gereichte Hanß dieser Tag, der das Fest der heiligen Reinhild war und der derart unselig begonnen hatte, schließlich zur hellen Freude und neuerlichen Wende in seinem Leben. Nie wollte er je wieder vom Weg des Herrn abirren.
     
    *
     
    Köln, Ellikints Hurenhaus, am Abend des 13.2.1327
     
    Schließlich begriff es Wilhelm. Nachdem Gepa es zugelassen hatte, dass Bruder Hermann ihr beiwohnte, lief Junta, um noch Wein zu holen. Die Mägde bemühten sich nicht darum, dass Bruder Hermann und er jetzt gingen. Ganz im Gegenteil, Gepa neckte Bruder Hermann und streichelte sein Dynck, weil sie, wie sie sagte, schauen wolle, ob er denn wirklich schon genug habe.
    Wilhelm versuchte zu sprechen. Das war nicht leicht. Denn er hatte eine schwere Zunge von dem vielen Wein, viel zu viel Wein. Schließlich brachte er es heraus:
    »Sie wollen uns beiseite schaffen.« Aber warum bloß?, dachte er, ohne es zu sagen.
    »Was redest du da, Bruder«, schimpfte Bruder Hermann, aber lachte sofort wieder. »Wir feiern unseren Sieg. Würdest du bitte die Freundlichkeit besitzen, mitzufeiern und mir zu helfen, dieser unvergleichlich liebreizenden Magd die Begierde zu stillen?«
    Der mit Thymian abgeschmeckte Wein hat ihm den Verstand benebelt, dachte Wilhelm, er weiß nicht einmal mehr, dass die Dirne nicht der fleischlichen, sondern der Gier nach Gold wegen handelt. Aber wenn er sich nicht belehren lassen wollte, bitte sehr, er sollte ins Verderben rennen, und er, Wilhelm, war Esel genug, ihm hintendrein zu trotten.
     
    *
     
    Köln, Predigerkirche, am Abend des 13.2.1327
     
    Die Predigerkirche war zur Freitagsmesse am Abend nach dem Angriff gegen die Beginen und das Kloster mehr als voll. Sie quoll geradezu über. In der ersten Reihe saß der ehrwürdige Vater und Herr Erzbischof Heinrich unter den Predigerbrüdern. Er trug keine Zeichen seiner Macht außer dem Bischofsstab in der Hand und der Mitra auf dem Kopf. Was er dachte, ließ er sich nicht ansehen.
    Sela sah auch viele Barfüßer unter den Anwesenden. Abt Hanß aber fehlte. Dem Vernehmen nach war er fortgegangen, für immer.
    Vor allem aber befand sich viel Volk in der Kirche. Der Erzbischof hatte Ruhe geboten und einen allgemeinen Sündenerlass gespendet, um die Gemüter zu beruhigen.
    »Das hat Abt Hanß für uns gezaubert«, sagte Ellikint, die neben Sela saß. Sela hakte sich bei ihr unter. Ellikint tätschelte ihr die Hand. Hechard hatte gerufen, und viele waren gekommen. Aber es herrschte große Anspannung. Jeder wusste, dass es um die Anklage wegen Ketzerei ging. Das war eine ernste Angelegenheit, kein Fassnachtsspiel.
    Ich habe Bruder Hermann noch nicht gesehen, dachte Sela.
    Aber sie hatte es wohl doch halblaut vor sich hin gesprochen, denn Ellikint antwortete: »Mach dir keine Sorgen, Kindchen. Gepa und Junta, zwei meiner Mägde, kümmern sich um sie, um Bruder Hermann und seinen elenden Genossen. Sie werden ihnen so viel Wein verabreichen, dass ihr die nächsten Tage von ihnen nichts sehen und hören werdet.«
    Hechard trat vom Seitenschiff an den Altar. Er stand gerade und straff. Er zeigte keine Müdigkeit, und sein Gesicht war gefasst. Mit ernster Miene feierte er die Messe.
    Sela merkte, wie die große Anspannung wegen der

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