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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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er ihn nicht vermutet hatte. Bruder Hermann saß über einem dicken Buch mit Predigten des Barfüßers Berthold von Regensburg.
    »Was gibt’s, mein lieber Bruder Wilhelm?«, fragte Bruder Hermann guter Dinge.
    »Ich denke, es ist etwas, das dir missfallen wird.« Wilhelm wusste nicht, wie er beginnen sollte. »Nun also, es scheint so, als würden aufgebrachte Bürger sich daran gemacht haben, das, was du gestern gepredigt hast, allzu wörtlich umzusetzen. Sie haben den Beginenkonvent angegriffen, aber belagern inzwischen auch unser Kloster.«
    »Hervorragend«, sagte Hermann gelassen. »Hervorragend. Der Herr hätte es nicht besser fügen können.«
    »Was willst du tun?« Wilhelm war fassungslos. »Die Brüder werden uns dafür zur Rechenschaft ziehen, wenn es überhaupt am Ende des Tages noch etwas gibt, das man zur Rechenschaft ziehen kann.« Kaum hatte er dies ausgesprochen, begann Wilhelm zu zittern. Er merkte, dass er wahrhaft Angst hatte.
    »Komm mit«, sagte Hermann und reckte sich. »Du kannst noch etwas lernen. Wo findet das Handgemenge statt? Was hast du gesagt? In unserer Kirche?«
    »Ja.« Mehr konnte sich Wilhelm nicht abringen.
    Er folgte Bruder Hermann.
    Als sie die Kirche durch den Seiteneingang betreten wollten, stolperten sie fast über einen am Boden liegenden Mann, neben dem zwei mit Stuhlbeinen bewaffnete Brüder standen, die auf ihn einschlagen zu wollen schienen. Daneben befand sich eine Begine.
    »Bruder Hermann, der hat uns gerade noch zu unserem Glück gefehlt«, seufzte Bruder Einhard, der eine von den beiden Schlägern. Wilhelm zuckte zusammen und trat einen Schritt hinter Bruder Hermanns breite Schultern.
    »Schluss jetzt«, befahl Bruder Hermann.
    Wilhelm sah hinüber zum Kirchenportal. Es gab dort Schreierei, Puffe und Tritte. Einige Männer, darunter auch Brüder, lagen am Boden.
    »Euch sollten sie eins überziehen!«, erdreistete sich die Begine zu Bruder Hermann zu sagen. Wilhelm duckte sich.
    »Na, na, Schwester Sela«, sagte Bruder Hermann ruhig.
    Wilhelm bemerkte, dass sich auf der gegenüberliegenden Seite zum Portal hin etwas veränderte. Die Leute, die von außen her auf das Portal einströmten, drehten sich abrupt um.
    »Da!«, rief Wilhelm, ohne zu begreifen, was er da sah.
    Alle fünf, Wilhelm, Bruder Hermann, Schwester Sela und die beiden anderen Brüder, rannten zum Portal. Sie konnten nun erkennen, dass die Menge auf der Stolkgasse von links und rechts bedrängt wurde. Links griffen in Hurengelb gewandete Mägde an, rechts Barfüßer. Barfüßer!, dachte Wilhelm entgeistert. Das ist doch nicht die Möglichkeit! Die Welt gerät aus den Fugen. Alles ist verloren! Auch Bruder Hermann würde jetzt keinen Ausweg mehr wissen …
    »Hebt mich hoch!«, befahl Bruder Hermann den beiden Brüdern.
    Sie ließen ihre als Waffen benutzte Stuhlbeine fallen und gehorchten. Das ist erstaunlich, stellte Wilhelm befriedigt fest. Sie tun, was er sagt, obwohl sie ihn hassen. An Bruder Hermann geht ein großer Heerführer verloren.
    Bruder Hermann breitete die Arme aus. Damit drohte er das Gleichgewicht zu verlieren und mit ihm die Brüder, die ihn stützten. Bruder Hermann konnte sich aber an der offenen Portaltür festhalten.
    »Haltet ein!«, brüllte Bruder Hermann. »Hört doch auf! Gute Leute, ich weiß, dass ihr auf Gottes Wort vertraut. Also sage ich euch, dass ihr um Gottes willen aufhören möget. Schluss jetzt mit dem Geraufe!« Er wiederholte das, bis das Kampfgetümmel tatsächlich abebbte und es allmählich stiller wurde.
    »Schön so!«, lobte Bruder Hermann. »Ich will euch den Frieden des Herrn verkünden, denn die, die die Schande über uns gebracht hat, die Begine Guta ist ja, wie ihr wohl wisst, dahingeschieden. Auch ihr Mörder wird seiner gerechten Strafe zugeführt. Ich sage das, weil ich es aus sicherer Quelle schöpfe.«
    »Er lügt«, sagte Magistra Sela, aber ihre Stimme drang nicht weit. Nur Wilhelm schien es bemerkt zu haben. Was macht er da?, fragte er sich.
    »Und mit unserem sündigen Mitbruder«, fuhr Bruder Her mann seine Ansprache fort, »von dem ich euch berichtet habe, nicht minder abscheulicher Verbrechen gegen Gott schuldig, werden wir schon selbst fertig. Das Gericht des ehrwürdigen Vaters und Herrn Erzbischofs Heinrich wird ihn richten für seine ketzerischen Reden und seinen unlauteren Lebenswandel.«
    Warum macht er das?, fragte sich Wilhelm. Die Leute tun, was er gepredigt hat, und nun stellt er sich ihnen entgegen. Vielleicht geht es ihm zu

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