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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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geben«, ergänzte Anna.
    »Das nehme ich nicht an.« Demudis war sich nun ziemlich sicher. Sie hatte sich den zeitlichen Ablauf von Schwester Gutas Weglaufen aus dem Konvent bis vor das Eigelsteintor einerseits und der Wege von Martin andererseits zurechtgelegt, soweit sie davon Kenntnis hatte. Aber es fehlte noch einiges in ihrer Beweisführung. »Du warst doch an Martins Seite in Riehl bei Frau Engelradis.«
    »Der Höllenschlund möge sie vertilgen«, zischte Anna.
    »Du musst also wissen, wann Martin nach Köln gegangen ist«, stellte Demudis fest.
    Anna sah Demudis das erste Mal während des Gespräches in die Augen. »Natürlich, es war zu Maria Lichtmess, als Herr von Riehl verstarb. Martin ist nach Köln, um mit Guta zu sprechen. Uns … mir hat er erzählt, auch dem Grafen, dass sie zugesagt hätte, Zeugnis für ihn abzulegen. Er war so froh, eine Mutter zu haben … nachdem er Maria, meine Mutter, verloren hatte, als Mutter verloren hatte. Aber das war wohl gelogen …«
    »Was war gelogen? Dass er seine Mutter verloren hatte?«, unterbrach Demudis, weil sie Annas Ausführungen nicht mehr ganz zu folgen im Stande war.
    »Nein, dass seine leibliche Mutter gewillt war, für ihn Zeugnis abzulegen; denn da musste er sie ja bereits erschlagen haben.« Anna begann wieder zu schluchzen. Ihre Stimme brach. »Der dumme Junge, gelogen … erschlagen …«
    »Ist er noch mal nach Köln gegangen?«, fragte Demudis und schaute Anna fest in die Augen. Die Antwort auf diese Frage würde die Entscheidung bringen, ob Martin endgültig aus dem Kreis der Verdächtigen gestrichen werden konnte.
    Irmgard hatte sich zu ihnen durchgekämpft.
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete Anna mit einem schnellen, beunruhigten Blick auf Irmgard. »Wir haben, wie der Graf es befohlen hatte, gewartet, bis sie eintreffen würde. Ist sie aber nicht. Konnte sie auch gar nicht. Ich habe gesagt: Geh noch mal schauen, warum sie nicht kommt. Aber er wollte nicht. Hat keinen Zweck, hat er gesagt. Ihm muss ja bekannt gewesen sein, dass sie schon tot war, weil er es selbst zu Wege gebracht hatte.«
    Demudis wusste, dass sie sich nun dem entscheidenden Punkt näherte. Sie beugte sich zu Anna vor und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    »Anna«, sagte sie eindringlich. »Ist er nach Maria Lichtmess noch einmal aufgebrochen? Ohne dich? Irgendwo für längere Zeit allein gewesen, eine Zeit, in der du nicht weißt, was er gemacht hat?«
    »Nein.« Annas Antwort war entschieden, doch dann schaute sie sich ängstlich um.
    »Dann war er kein Mörder, dein Martin«, stellte Demudis fest. »Schwester Guta ist frühestens am Tage nach Maria Lichtmess durch üble Hand vom Leben zum Tode befördert worden.«
     
    *
     
    Köln, Predigerkirche, am „Vormittag des 12.2,1327
     
    Sela hatte Schwester Mentha durch die Hilfe von Bruder Frulof schließlich mittels sanften Zwanges ins Infirmarium bringen können. Das Bein war wohl doch gebrochen, und im Gesicht hatte sie vom Sturz Prellungen und Wunden davongetragen. Bei Physikus Ansgar wusste sie sie in guten Händen. Hier im hinteren Teil des Klosters hatte sich die Kunde von dem Angriff noch nicht herumgesprochen. Sela überließ es Schwester Mentha, das nachzuholen. Sie selbst lief durch den Kreuzgang zu dem klosterseitigen Nebeneingang in das Seitenschiff der Kirche. Die Sonne leuchtete blutrot über die Klostermauern hinweg und erzeugte im hohen Schnee ein gleißendes Licht. Sela hielt sich die flache Hand an die Stirn, um ihre Augen zu beschirmen.
    Im Inneren der Kirche hörte sie krachende Geräusche und ein eigenartiges Rumpeln. Sie zog die schwere Tür auf und trat ein. Ihre Augen brauchten eine Zeit lang, um im Halbdunkel etwas zu erkennen. Am Hauptportal beobachtete sie eine Schlägerei. Sie sah, dass es den Brüdern gelungen war, die Masse der Angreifer draußen zu halten. Vereinzelte befanden sich jedoch in der Kirche, und sie wurden, weil sie in der Minderzahl waren, von den Mönchen durch die Reihen gejagt.
    Ein Mann flitzte an der Stelle vorbei, an der Sela stand, wohl ohne sie zu bemerken. Der Mönch, der ihm folgte, schwang ein abgebrochenes Stuhlbein über dem Kopf. Dabei stieß er Laute wie ein Tier aus. Weil von der anderen Seite sich auch ein sich wild gebärdender Mönch näherte, machte der Mann kehrt. Sela streckte ihr Bein vor, und der Mann flog im hohen Bogen zu Boden. Im Nu waren die beiden Mönche über ihm und hieben auf ihn ein.
    Jakob hob abwehrend seine Hände vors Gesicht. Als er

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