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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Gänsemarsch, hielten ihre Gerätschaften über der Schulter wie zeremonielle Speere. Andere führten Pferde herein, die bei berittenen Kämpfen benutzt werden sollten, die Mähnen glatt gekämmt und das Zaumzeug mit glitzernden, emaillierten Scheibchen geschmückt. Schließlich kam eine unheimliche Gestalt herein, die Rhadamanthus, den mystischen Richter der Unterwelt, darstellte, gekleidet in eine enge, dü- sterfarbene Tunika, lange weiche Stiefel und die mit einem drohenden Schnabel bewehrte Vogelmaske. Ihm folgte sein hartherziger Kumpan Hermes Psy- chopompos, der schwarze Bote mit dem glühend erhitzten Schlangenstab, einem Brandeisen, mit dem er die bewegungslos Daliegenden berührte, um festzustellen, ob sie wirklich tot waren, bewusstlos oder nur so taten.
    Zusammen mit einer Gruppe Arenahelfern beobachteten Justinus und ich vom Eingang aus, wie Rutilius aufstand und das Ziehen der Lose überwachte. Kämpfer mit gleicher Erfahrung würden gegeneinander antreten, aber sie mussten trotzdem für jeden Grad des Könnens ausgelost werden; das geschah jetzt. Einige der Kampfpaarungen waren beliebt und wurden begeistert bejubelt, andere riefen gutmütiges Stöhnen hervor.
    Schließlich war alles festgelegt, und die Waffen, die benutzt werden sollten, wurden dem Schirmherrn formell zur Prüfung gebracht. Dabei ließ sich Rutilius Zeit. Das hob die Stimmung des Publikums noch mehr, weil es zeigte, dass er wusste, was er tat. Er wies sogar ein oder zwei zurück, nachdem er ihre Schneiden geprüft hatte.
    Während der ganzen Formalitäten stellten sich die Kämpfer in der Arena zur Schau. Ihre Aufwärm- übungen bestanden aus einfachen Streckbewegungen, verbunden mit viel Grunzen und Kniebeugen, dazu Kunststücke im Balancieren und Handhaben des Speers. Einer warf sein Schild hoch und fing ihn auf spektakuläre Weise wieder auf. Alle machten eine große Schau daraus, Finten und Abwehrstöße mit Übungsschwertern auszuführen, manche ganz auf sich konzentriert, andere mimten Angriffe aufeinander, heizten vorgespielte oder echte Feindseligkeiten an. Ein paar egozentrische Amateure aus dem Publikum kamen in die Arena und machten mit, wollten wie tolle Hechte aussehen.
    Als die Waffen gutgeheißen worden waren, trugen die Helfer sie von der Loge des Schirmherrn fort, um sie zu verteilen. Das Aufwärmen wurde beendet. Wieder erklangen Trompeten. Erneut formierte sich die Prozession, und alle, die nicht bei der ersten Runde mitmachten, verließen die Arena. Die Gladiatoren marschierten noch einmal um die ganze Ellipse und riefen dem Schirmherrn das altehrwürdige »Die Todgeweihten grüßen dich!« zu.
    Rutilius grüßte zurück. Er sah müde aus.
    Wieder kamen die Gladiatoren durch das große Eingangstor. Wir traten rasch beiseite. Sie waren schwer und breithüftig, niemand, von dem man sich niedertrampeln lassen wollte. Hinter ihnen brüllte jemand das formelle »Zum Angriff!« für das erste Paar.
    Der Lärm ließ nach. Ein Thraker und ein Murmillio, dessen Helm ein Fisch schmückte, umkreisten sich vorsichtig. Das Abschlachten dieses langen Tages hatte begonnen.
    Justinus und ich wandten uns ab. Wir wollten immer noch zu unseren Plätzen zurück. Dann sahen wir einen jungen Mann aus dem Tunnel auf uns zurennen.
    »Das ist Hannos Sohn Iddibal.«
    Ich stellte mich ihm als Erster in den Weg und wollte wissen, was los war. Iddibal wirkte ganz aufgelöst. »Tante Myrrah! Sie ist angegriffen worden .«
    Mein Herz machte einen Satz. Jetzt ging es wirklich los. »Zeig uns, wo sie ist!«, befahl ich. Justinus und ich packten ihn an den Armen und schleiften ihn gewissermaßen dorthin, wo er seine verletzte Tante gefunden hatte.
    Wir riefen nach einem Arzt, aber nachdem wir sie untersucht hatten, war uns klar, dass es für Myrrah keine Hoffnung mehr gab. Justinus wechselte einen Blick mit mir und schüttelte leicht den Kopf. Wir zogen Iddibal weg, an die Seite des Tunnels, unter dem Vorwand, dem Arzt mehr Platz zu machen.
    »Was hat deine Tante hier gewollt?« Ich konnte mich nicht erinnern, mitbekommen zu haben, wie Myrrah ihren Platz verließ. Zuletzt hatte ich sie neben Euphrasia gesehen. Myrrah hatte dagesessen wie eine wohlbeleibte Matrone, die sich auf einen ganzen Tag in der Arena eingerichtet hat, ein Päckchen Datteln in beringten Händen und ein großes weißes Tuch gegen die Sonne über ihrem hochgesteckten, aufgerollten Haar.
    Iddibal starrte über meine Schulter auf seine Tante und zitterte. Wir hatten die Frau neben

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