Den Löwen Zum Frass
stell ihm ein Bein, und bring ihn dazu, über die Scheidungsvereinbarung zu reden.«
»Ruf mich, wenn du ihn hörst, dann unternehm ich einen weiteren Versuch, ihn zur Vernunft zu bringen.«
»Vernunft? Mach dich nicht lächerlich, Falco! Leg ihm einfach eine Schlinge um den Hals, und zieh sie zu. Ich halt ihm die Vereinbarung unter die Nase, damit er sie unterschreibt. Dann kannst du ihn endgültig erdrosseln.«
Das meinte sie ernst.
Smaractus war dabei, Miete von seinen glücklosen Mietern einzutreiben. Das erkannten wir an dem wütenden Geschrei von oben und auch daran, dass die beiden im Verblassen begriffenen Stern seiner Unterstützungsmannschaft, Rodan und Asiacus, mit einem Weinschlauch in Lenias Eingangsportikus lagen. Smaractus führte etwas, das er als Gladiatorenschule bezeichnete, und diese beiden stockbesoffenen Exemplare waren Teil davon. Er schleppte sie zum Schutz mit rum; ich meine, um den Rest der Bevölkerung davor zu schützen, was diese Dösköp- pe anstellen würden, wenn Smaractus sie unbeaufsichtigt ließ. Es bestand kein Grund, Rodan und Asiacus die sechs Stockwerke zu den vermieteten Bruchbuden hinaufzuzerren, weil Smaractus bestens in der Lage war, seinen Schuldnern selbst die Geldbörsen abzuknöpfen, falls er sie zu Hause antraf.
Ich hatte allerdings keine Angst vor ihm. Auch vor seinen Schlägern nicht.
Julia zu baden war meine Aufgabe (daher die Anspielungen auf Cato den Älteren und meine späte Heimkehr).
»Ich möchte, dass sie aufwächst und weiß, wer ihr Vater ist«, sagte Helena.
»Damit sie bei den richtigen Leuten rüde und aufsässig ist?«
»Ja. Und damit du weißt, wer daran Schuld ist. Ich will von dir nie hören: >Ihre Mutter hat sie großgezogen und verhunzt.<«
»Sie ist ein kluges Kind. Das kriegt sie schon alleine hin.«
Es dauerte ewig, bis ich das Baby sauber hatte. Bis dahin hatte Helena längst Julias kleine Tuniken ausgewaschen und war verschwunden, vielleicht, um Lenia zu trösten, obwohl ich hoffte, dass sie zu Hause das Essen für mich vorbereitete. Wie immer versuchte ich vergeblich, Julia für das Schiffchen zu interessieren, das ich ihr geschnitzt hatte, während sie wie üblich mit der Käseraspel spielte. Wir mussten das Ding überallhin mitnehmen, sonst gab es ein Riesengeschrei. Sie hatte inzwischen den Dreh raus, mit der Raspel so aufs Wasser zu hauen, dass sie ihren Papa vollkommen durchnässte.
Die Käseraspel hatte eine merkwürdige Geschichte. Ich hatte sie aus Papas Lagerhaus geklaut, weil ich dachte, sie wäre von einer Haushaltsauflösung übrig geblieben. Als Papa sie eines Tages in unserer Wohnung bemerkte, erzählte er mir, sie stamme aus einem etruskischen Grab. Ob er selbst der Grabräuber war, blieb unbestimmt, wie gewöhnlich. Er meinte, sie sei sicher fünfhundert Jahre alt. Aber sie funktionierte noch prima.
Bis ich Julia schließlich abgetrocknet und angezogen hatte und auch selbst nicht mehr vor Nässe tropfte, war ich erschöpft, doch mir war keine friedvolle Entspannung gegönnt, denn als ich mit dem zappelnden Baby unter meinem Mantel und all seinem Zubehör heimgehen wollte, fand ich Helena Justina, meine angeblich kultivierte Gefährtin, an einer der schiefen Säulen des Außenportikus lehnen, sich die Stola neu um die Schulter drapieren und durch ein Gespräch mit Rodan und Asiacus einen gefährlichen Angriff riskieren.
Das hässliche Paar rutschte nervös herum. Zwei schlecht genährte, ungesunde Exemplare, kurz gehalten von Smaractus' Niederträchtigkeit. Er besaß sie seit Jahren. Sie waren natürlich Sklaven, bleiche Schlägertypen mit Lederröcken und schmutzigen Riemen an den Armen, die ihnen einen Anstrich von Brutalität geben sollten. Smaractus tat immer noch so, als würde er sie in seiner heruntergekommenen »Gladiatorenschule« trainieren, aber das Ding war nur Tarnung, und er konnte es nicht riskieren, sie tatsächlich in die Arena zu schicken. Außerdem kämpften sie noch gemeiner, als es selbst dem römischen Publikum gefiel.
An ihren Unterkünften gab es keine Graffiti von liebestollen Maniküren, keine mit Gold behängten Damen ließen ihre Sänften verstohlen hinter der nächsten Ecke warten, während sie mit Geschenken für den Koloss des Monats hineinschlüpften. Daher musste es Rodan und Asiacus erschreckt haben, als Helena Justina sie ansprach, die in dieser Gegend als Didius Falcos hochnäsiges Püppchen bekannt war, das Mädchen aus der Oberschicht, das mit mir, der ich zwei Ränge tiefer
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