Denken Mit Dem Bauch
Minuten den Lebensgefahr-Button drückt, ist verständlich. Doch derjenige ist dann raus aus dem Rennen. Ein paar drücken nicht und reißen sich zusammen, wollen das Problem kognitiv lösen - und werden einfach ohnmächtig. Wir Menschen sind für eine solche Impulsdichte halt nicht gebaut.
Zurück zum Alltagsleben: Immer dann, wenn die auf uns
wirksame Impulsmenge weiter gesteigert wird, reagiert der menschliche Körper mit ganz präzise ablaufenden
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Schutzmechanismen: mit psychosomatischen Verstimmungen, mit leichter oder schwerer Depression, mit erhöhter
Herzfrequenz, mit Flucht, mit Blutdrucksteigerung oder gar mit einem Herzinfarkt. Wird die Menge der auf uns wirkenden Impulse noch einmal weiter erhöht, erfolgen stärkere
körperliche Reaktionen. Denn der Körper reagiert auf den Stress nach einem genetisch bedingten, fest gefügten Programm: im leichten Fall mit Ohnmacht, im schlimmsten Fall mit Tod. Der Organismus steigt dann aus dem viel zu großen Impulswirrwar einfach aus. Besser so, denkt sich unser genetisches Programm, als dieses Stresstheater weiter mitzumachen.
2. Stressfaktor: Der Handlungsspielraum
Wir Menschen sind dafür gebaut, uns frei zu bewegen. Die Wiese oder die Höhle, die wir mögen, ist unsere. Die Natur hat nicht vorgesehen, dass irgendwer unseren Handlungsspielraum eine ngen könnte. In der modernen Gesellschaft finden wir aber gar nichts anderes mehr als eingeschränkten
Handlungsspielraum. Kein Mensch auf der Welt ist frei in der Wahl seiner Handlungsspielräume. Diese Zeiten sind seit 300000 Jahren vorbei. Und nur selten haben wir die
Möglichkeit, die Bandbreite unserer Entscheidungen
auszudehnen. Da entscheiden andere darüber, wo unsere
Handlungsgrenzen liegen. Der Gesetzgeber, die Polizei, der Richter, der Chef, der Partner, die Gesellschaft und so weiter.
Würde die Bandbreite unserer potenziell möglichen
Entscheidungen weiter und weiter eingeschränkt, führte das unweigerlich zu Stress. Hätten wir die Entscheidungsbandbreite null, würde dies Mega-Stress auslösen und wir müssten
zwingend so oder so reagieren - bis hin zur Flucht in den Tod.
Das wäre Stress in höchster Potenz.
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3. Stressfaktor: Die Werte
Unter einer Wertevorstellung verstehen wir eine Regel, die wir erlernt haben. Es gibt moralische Regeln, ethische Regeln und Normregeln. Alle Regeln sollen das sozialverträgliche Umgehen mit anderen Menschen in engen Sozialgefügen
sichern helfen. Philosophen zum Beispiel haben sich viele Gedanken über die normativen Regeln des Umgangs gemacht.
Anstatt Regeln könnte man auch Werte sagen, oder, noch genauer und psychologisch ausgedrückt: Wertevorstellungen.
Wir Menschen verfügen über eine ganze Menge von
Wertevorstellungen, die wir im Laufe unseres Lebens
gesammelt haben. Das Sammeln von Werten hört nie auf. Bis zum Tode sammeln wir Werte, von denen wir meinen, dass sie uns nützlich sein können. Es sind meistens normative Werte und moralische, die allerdings mit den normativen in Einklang stehen müssen, sonst lehnen wir sie ab.
Ein Beispiel: Er ist ein einfältiger Macho und macht eine hübsche Blondine an. Er hat den Machowert übernommen:
Blondinen sind doof und leicht zu erobern. Sie dagegen hat den Wert übernommen: Blondinen sind genauso schlau wie alle anderen Frauen und finden Machos doof. Also lässt sie ihn abblitzen, weil ihr Wert bedroht ist, und hat damit Stress vermieden.
Erinnern wir uns an die eingangs genannten Stressdefinitionen:
»Stress ist, wenn man in Eile ist«… das ist Impulsstress und Stress wegen eingeschränktem Handlungsspielraum (ich muss pünktlich sein).
»Stress ist, wenn einem einer auf den Wecker geht«,… das ist Bedrohungsstress, der die eigene Haltung und Einstellung, die eigene Meinung bedroht. Und es ist Impulsstress, wenn er häufig auftritt.
»Stress ist, wenn jemand immer eins auf den Deckel
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kriegt«,… das ist Bedrohungsstress der Werte. Ich sehe die Dinge anders, sehe sie aber offenbar falsch - und kriege dafür einen Rüffel von demjenigen, der die Dinge offenbar richtiger sieht als ich. Diese Stressart ist die Grundlage für Mobbing.
»Stress ist, wenn der Vordermann nicht zügig weiterfährt«,…
das ist Bedrohungsstress und Stress des Handlungsspielraums.
Ich kann nicht handeln, wie ich möchte, und werde gegen meinen Willen gebremst. Aber ich bin auch in meinen Werten bedroht: Mein Wert ist Schnelligkeit und Dynamik, dein Wert ist Schleichen… Sehr junge
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