Denn das Glueck ist eine Reise
die junge Frau darauf hinzuweisen.
»Hm, Mademoiselle, wie soll ich sagen ... Ihre Rechtschreibung ...«
»Ach so, ja, wissen Sie, SMS schreibt man anders. Es gibt eine besondere SMS-Sprache, aber Sie werden sehen, das ist cool.«
»Ach, es gibt dafür eine eigene Sprache? Ja, aber warum schreibt man denn nicht ganz normal?«
Die junge Frau überlegte einen Augenblick.
»Es geht einfach besser, wenn man sie in der SMS-Sprache schreibt. Man ist auch viel schneller«, erklärte ihre Freundin ihm dann.
Georges tat so, als würde er es verstehen. Er hätte gerne mehr darüber erfahren, doch in diesem Augenblick kamen drei mit Koffern bepackte Engländer, und er kehrte in sein Zimmer zurück.
Als Georges an seinem Bett ankam, hatte er eine SMS von Adèle erhalten. »OK.« Sicher, die Sache mit der SMS-Sprache war ärgerlich, aber dieses neue Problem hatte seine trüben Gedanken vertrieben. Als Georges die kurze SMS von Adèle las, wurde ihm warm ums Herz. Er schaute sie sich mehrmals an, doch dann ging sie verloren, und er fand sie nicht wieder. Georges wusste aber, dass sie da war – irgendwo. Es war so, als habe er eine kurze Postkarte erhalten. Ah, darüber würden die jungen Leute sicherlich lachen, wenn sie einen alten Dummkopf sagen hörten, eine SMS sei so etwas wie eine Postkarte. Egal, ihm wurde bei dem Gedanken daran jedenfalls ganz warm ums Herz.
Sonntag, 28. September
Brest (Finistère)
....................
Georges und Charles verbrachten den Tag damit, die Stadt zu besichtigen. Georges erinnerte sich an Fotos aus der Vorkriegszeit, an die große Marinewerft von Brest, die Festung und die schönen, großen Schiffe. Aber wie er Charles immer wieder sagte, hatten die Deutschen alles in die Luft gejagt. Gerade Straßen, Betonbauten und überhaupt eine völlig misslungene Architektur waren aus den Trümmern entstanden. Die beiden Freunde folgten dem Tipp der Empfangsdame des Hotels und gingen zum Industriehafen, der authentischer und belebter war als die Stadtmitte.
Als sie am Hafen ankamen, waren sie schon ein wenig durstig. Sie trauten sich nicht, sich in die Straßencafés zu setzen, die von Jugendlichen mit seltsamen Frisuren in Beschlag genommen wurden. Auf der Suche nach einer Kneipe »wie bei ihnen zu Hause« bummelten sie an den Kais entlang, die von stählernen Kränen und grünen und roten Bojen gesäumt waren. Sie folgten den Gleisen, auf denen verrostete Getreidewaggons standen, und vergaßen dabei vollkommen ihre Suche nach einer Kneipe. Das Wetter war angenehm. Die Seeluft tat ihnen gut, auch wenn sie ein wenig nach Diesel roch. Der Spaziergang führte sie zum Jachthafen, der versteckt am Ende der Reede lag. Schließlich kehrten sie in einer kleinen Nebenstraße hinter den Kais in einem kleinen Restaurant namens »Chez Odile« ein. Sie aßen ein Steak mit Fritten, danach etwas Käse, und zum Abschluss tranken sie einen Kaffee. Den Rückweg zum Wagen nutzten sie gleichzeitig als Verdauungsspaziergang und ließen sich dabei viel Zeit. Georges machte ein kurzes Nickerchen während der zehnminütigen Fahrt zurück zum Hotel, wo sie sich auf ein wohlverdientes Mittagsschläfchen einigten.
Es war halb sieben abends, und Charles hatte seit dem frühen Morgen darauf bestanden, bretonische Galettes zu essen, wenn sie schon einmal in der Bretagne waren. Die Mitarbeiter des Hotels empfahlen ihnen die Crêperie Le Saint-Malo, die ganz in der Nähe war. Als sie das Restaurant um Viertel vor sieben betraten, waren sie die ersten Gäste. Charles war gut gelaunt, aber sein Freund rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. Schließlich konnte er sich nicht mehr zurückhalten und schnitt das Thema an.
»Es stimmt doch, dass du von SMS keine Ahnung hast, oder?«
»Ja, das stimmt!«, bestätigte Charles.
»Hm, es ist nämlich so ... ich muss Adèle heute Abend eine schicken. Das ist ja gut und schön, aber ich weiß nicht, wie man sie richtig schreibt.«
»Wie, du kannst keine SMS schreiben? Versteh ich nicht. Du hast doch gestern Abend eine verschickt.«
»Ja, ja, die Technik an sich, die beherrsche ich. Das ist gar nicht so schwierig. Aber weißt du, es gibt da eine besondere Sprache. Eine SMS schreibt man nämlich nicht so wie zum Beispiel ... hm, was weiß ich, eine Postkarte. Wenn man sie ganz normal schreibt, beweist das, dass man den Dreh nicht raus hat«, erklärte Georges ihm, als sei das sonnenklar.
»Ja, nein, natürlich«, stimmte Charles ihm zu, der nicht den Eindruck erwecken
Weitere Kostenlose Bücher