Denn dein ist die Schuld
und dein Komplize Pasquale Scifo, ihr wart um diese Nachtzeit in der Kirche?«
»Na ja, der Typ hatte uns angerufen, wir sollten die Leiche dort abholen. Und sie an einen anderen Ort bringen … also, sie entsorgen.«
»Entsorgen. Was bedeutet das?«
»Sie wegschleppen, verschwinden lassen …«
»Wer hat euch den Auftrag erteilt?«
»Ich weiß es nicht. Der Typ hat mich und Scifo immer nur auf dem Handy angerufen.«
Wieder Sandra Leoni: »War es die gleiche Person, die ihre Hände bei der Entführung der beiden Kinder im Spiel hatte, die du gut kanntest? Des Sohnes und der Tochter der Lebensgefährtin deines Vaters?«
Das war ein Versuch ins Blaue. Ispettrice Leoni hätte nicht erwartet, dass der junge Mann daraufhin buchstäblich in sich zusammenfiel und sich krümmte, als hätte er heftige Magenkrämpfe.
Marino: »Also, hat der Typ, dessen Namen du nicht kennst, etwas mit der Entführung zu tun, ja oder nein?«
»J… Ja. Wir …«
Leoni: »Ihr habt was? Habt ihr ihm geholfen? Hast du zufällig die Kinder im Auto weggefahren?«
»Nein! Ich hab doch noch nich’ mal’nen Führerschein. Das war Scifo.«
Glauco Sereni: »Das stimmt nicht! Der Junge wäre doch niemals zu einem Unbekannten in den Wagen gestiegen!«
Der Tenente Colonnello hatte überraschend das Wort ergriffen und zog so den Blick des jungen Mannes auf sich, der nun völlig in Panik aufgelöst war. Er sah verstört von einem zum anderen, als würde er gesteinigt, und begriff, dass es jetzt für ihn keinen Weg mehr zurück gab.
Die Leoni hakte nach: »Also? Du kanntest den Jungen doch.«
»Scifo aber auch. Ich habe nur das Zeug gebracht …« Marino daraufhin: »Welches Zeug? Das Heroin, mit dem ihr ihm eine tödliche Überdosis verpasst habt?«
»Ich konnte doch nichts machen. Ich musste es tun. Sonst hätten die mich umgebracht.«
Die Leoni: »Wer sind ›die‹? Warum hätten sie dich umgebracht?«
»Weil ich Schulden bei denen hatte, Schulden! Und Pasquale Scifo auch. Ich glaube jedenfalls, dass der auch welche hatte. Bei mir sind es vierunddreißigtausend. Bei ihm, keine Ahnung … Mein Vater schuldete denen auch Geld. Die sagen dir erst: ›Spiel nur! Macht nichts, wenn du verlierst. Bezahlen kannst du später.‹ Also spielst du und verlierst. Aber dann präsentieren sie dir die Rechnung …«
Marino: »Wer? Wer hat dir die Rechnung präsentiert?«
»Na, also die Namen von denen kenne ich nicht. Da gibt es so ein Lokal, in dem um richtig viel Geld gespielt wird. Man fängt mit den Spielautomaten an, und dann geht es ans Roulette im unteren Stockwerk …«
Sereni: »Sie werden uns zu diesem Lokal bringen …«
Daraufhin klapperte der junge Mann vor Angst mit den Zähnen. Er würgte heftig. Der Verteidiger bemerkte es und konnte gerade noch ausweichen, sonst hätte er sich von seinem schönen grauen Anzug verabschieden können.
Man gönnte dem Beschuldigten eine Pause.
Während jemand vom Gefängnispersonal den Boden aufwischte und den Raum lüftete, gingen die fünf anderen in den Hof vor dem Aufnahmezimmer.
»Ich schlage vor, wir lassen meinem Mandanten ein wenig Zeit zum Erholen. Er ist zutiefst aufgewühlt, und ich glaube kaum, dass dies der geeignete Zeitpunkt für ein Kreuzverhör ist«, versuchte es der Anwalt und erntete dafür böse Blicke. Es hätte kaum einen besseren Zeitpunkt für ein Kreuzverhör geben können. Dottoressa Scauri antwortete stellvertretend für alle.
»Wir sind hier nicht vor Gericht, Avvocato. Und wir nehmen gerade eine wichtige Aussage auf. Wir werden nicht gehen, sondern werden im Höchstfall noch fünf Minuten warten.« Mit der Stimme der Staatsanwältin hätte man Glas schneiden können. »Außerdem ist ein Mann, der einen Schwerverletzten in einem Müllsack abtransportieren wollte, bestimmt nicht so zart besaitet! Machen wir also weiter.«
Kurz darauf fanden sie sich alle wieder in dem Raum ein, in dem es immer noch nach Erbrochenem roch.
Leoni: »Also noch mal von vorn. Sie gingen in dieses illegale Lokal, um dort zu spielen. Wie heißt es übrigens? Nennen Sie uns Namen und Adresse.«
»Dany, es heißt Bar Dany . In der Via delle Pioppe, die Hausnummer weiß ich nicht. Vielleicht hat es auch keine. Aber die Bar liegt genau am Ende der Straße.«
Marino: »Gut. Also, Sie haben dann schwer verloren, und jemand hat verlangt, dass Sie Ihre Schulden bezahlen. Sie hatten das Geld nicht, und deshalb hat man von Ihnen gefordert, etwas zu tun. Richtig?«
»J… Ja … Also, ich wollte
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