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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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Faustschläge mitten in den Bauch. Eigentlich waren es ja sogar drei Kinder, wenn man den kleinen Giovanni Simonella mitrechnete.
    Aber das Kindermädchen war richtig was für’s Auge!
    Da er in der Entführung des Säuglings ermittelte, würde er sich auch um die beiden Kinder aus dem Schreiben kümmern müssen, sollte sich herausstellen, dass sie entführt oder sonst einem Verbrechen zum Opfer gefallen waren.
    Wie viele seiner Kollegen hasste Vincenzo Marino Ermittlungen, in denen es um Minderjährige ging. Und das vor allem aus zwei Gründen.
    Erstens: War das Kind nicht einfach von zu Hause fortgelaufen oder von einem Elternteil, der es ganz für sich haben wollte, entführt worden, wurde der Fall selten aufgeklärt. Wenn die Ermittlungen nach den ersten achtundvierzig Stunden nichts ergeben hatten, bedeutete dies meist, dass das Kind tot war und man begann, nach einer Leiche zu suchen, selbst wenn man sich natürlich bemühen musste, den Eltern noch Hoffnung zu machen.
    Zweitens: Wenn die Suche erfolgreich verlief und man die Entführer tatsächlich fand, war es für die Leute, die die Verhöre führten, wirklich hart, nicht durchzudrehen und vor allem nicht Hand an sie zu legen.
    Doch die schlimmste aller Möglichkeiten trat am häufigsten ein. Dass trotz umfassender Ermittlungen in alle Richtungen und des Einsatzes von Sondereinheiten und -kommissionen überhaupt nichts dabei herauskam.
    Keine Beweise.
    Keine Nachrichten über den Vermissten.
    Keine Tipps von Informanten.
    In diesem Fall verbrachten die Angehörigen Monate, ja Jahre in Angst und Sorge, gepaart mit viel Misstrauen gegenüber den Behörden, denen man unterstellte, sie würden nicht ihr Bestes tun, während bei den Ermittlern das frustrierende Gefühl zurückblieb, etwas Wichtiges außer Acht gelassen, etwas ganz Offensichtliches übersehen oder nicht die richtigen Fragen gestellt zu haben.
    Und es blieb ihnen eine keineswegs tröstliche Hoffnung, eine weitere Qual, die erst endete, wenn in einem Busch, einer Mülltonne oder einer Grube ein missbrauchter Körper gefunden wurde oder wenn sich überraschend jemand entschloss zu erzählen, was er wusste oder was er gesehen oder gehört hatte.
    Zu entdecken, wozu Eltern, Freunde der Familie, Verwandte, Nachbarn fähig waren, war für Marino wie für viele seiner Kollegen immer wieder eine schreckliche, ekelhafte und … ja, auch immer wieder überraschende Erfahrung. Genau die Mischung von Gefühlen, die vielleicht ein Höhlenforscher durchlebt, wenn er beim Vordringen in bedrückende unerforschte Winkel plötzlich auf die Überreste eines Festmahls von urzeitlichen Kannibalen stößt.
     

KAPITEL 24
    Donnerstag, 8. Februar, ca. 06:45 Uhr
    Ivan hatte sich im Dunkeln vorangetastet und war auf dem Boden vorwärtsgerutscht, und so war es ihm gelungen, sein Gefängnis zu erkunden und dessen ungefähre Größe zu bestimmen. Es war nur etwas breiter als die Abstellkammer bei ihm zu Hause, wo seine Mutter Besen, Scheuerlappen und den Staubsauger aufbewahrte, denn wenn er beide Arme ausstreckte, fehlte bloß noch ungefähr eine Unterarmlänge bis zur Wand mit der Tür.
    Der Raum war wesentlich tiefer.
    Ivan hatte keine Ahnung, wie lang er tatsächlich war, aber er konnte mehrere Schritte machen, bis er von dem, was eine an die Mauer gelehnte Liege ohne Matratze sein konnte, bis zur anderen Wand gelangte.
    Eine Abstellkammer. Es konnte auch ein kalter, feuchter Flur sein, der nirgendwohin führte. Oder ein Kellerraum. Was auch immer es war, es war auf jeden Fall von einer unüberwindlichen Tür versperrt. Als Ivan das herausgefunden hatte, setzte er sich auf die Liege und stellte den Schulranzen neben sich, den einzigen Gegenstand, der ihm in dieser schrecklichen Umgebung vertraut war. Er schlang seine Arme um sich, um sich ein wenig zu wärmen und zu trösten, dann begann er zu weinen.
    Martina.
    Wo war Martina?
    Er hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen.
    Dann versuchte er sich zu überzeugen, dass die Sozialarbeiter Martina weggebracht hatten. Wahrscheinlich hatte man sie voneinander getrennt, und er musste jetzt darauf warten, dass demnächst jemand kam und ihn irgendwohin zum Arbeiten schickte.
    Giulio hatte ihm doch immer gesagt: Dich sollte man zur Zwangsarbeit in den Steinbruch schicken!
    Es lag jenseits seiner Vorstellungskraft, dass es noch wesentlich Schlimmeres gab, als von seiner Schwester getrennt zu sein, schon dieser Gedanke war so unerträglich für ihn, dass er in tiefe Verzweiflung

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