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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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und dass uns einer meiner Kollegen beobachtet, der uns gefolgt ist, und er doch wohl nicht seiner Mama, seiner Freundin oder Frau große Erklärungen abgeben möchte, wo und wie er mich kennen gelernt hat, dass er mich also besser dorthin zurückbringt, wo er mich aufgelesen hat, und dann verschwindet. Sonst würde er vor Gericht aussagen müssen.«
    »Und wenn du den Verdacht hast, dass es gar kein echter Freier ist?«
    »Hast du schon mal was von Kondomen gehört? Aber darüber möchte ich jetzt nicht reden. Können wir die Unterredung bitte hier abbrechen?«
    Marino begriff, dass er so nicht weiterkam. Er wechselte das Thema.
    »Wann möchtest du anfangen?«
    »So schnell wie möglich. Sobald alles bereit ist.«
    »Hast du dir schon einen glaubwürdigen Namen ausgedacht?«
    »Meine Mutter hieß Helena Smirnova. Lenij. Sie starb vor fünfzehn Jahren. Ich könnte ihren Namen annehmen, der im Übrigen recht verbreitet ist.«
    »In Ordnung. Aber denk noch einmal darüber nach. Versprich mir, dass du das tun wirst.«
    »Ich habe schon begonnen, darüber nachzudenken, sobald ich das Schreiben gelesen habe, das man beim letzten Briefing verteilt hat. Trotzdem … Vince …«
    »Ja?«
    »Danke.«
    » De nada . Ach, eins noch: Ma chi cazzo t’o ffa’fa’? Warum tust du das? Warum exponierst du dich so?«
    »Aus demselben Grund, weswegen ich in den Polizeidienst getreten bin.«
    »Und das wäre?«
    »Weil ich die Welt von Abschaum säubern will.«
    »Auch wenn das bedeutet, dass du selbst schmutzig wirst?«
    »Hey, Vince?«
    »Ja?«
    »Du kannst mich mal!«
     

KAPITEL 44
    Donnerstag, 15. Februar, 08:00 Uhr
    Niemand hätte den Gang der Ereignisse vorhersehen können.
    Einige Tage zuvor, genauer gesagt in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar, war auf dem Platz vor den Toren der Gemeinde Opera ein riesiges Feuer ausgebrochen, wo man ein mit Toiletten und Duschen ausgestattetes Zeltlager für hundertfünfzig Roma aufgebaut hatte. Eine Gruppe »aufrechter« Bürger hatte den Brand gelegt, um so zu verhindern, dass »diese Scheißzigeuner« sich in der Nähe ihrer hübschen Häuschen ansiedeln konnten.
    Die Gemeindebehörden hatten daraufhin in aller Eile ein Ersatzlager errichtet und die Ordnungskräfte zum Schutz gerufen, aber davor hatte sich eine dauerhafte Mahnwache aus wütenden Menschen mit Spruchbändern, Megafonen und Knüppeln aufgestellt, die damit drohten, erneut Feuer zu legen, und zwar dieses Mal, wenn die Roma in den Zelten waren.
    Der Beginn einer Kraftprobe.
    Auf der einen Seite waren da die Einwohner, die nichts von den Roma wissen wollten, weil sie alle für Bettler und Diebe hielten.
    Auf der anderen Seite die humanitären Hilfsorganisationen, die ehrenamtlichen Helfer von Opera für Sinti und Roma und Don Colmegna.
    Zwischen den Fronten die Roma, die nicht so genau wussten, ob sie sich mehr vor den militanten Grünhemden der Lega Nord oder der Aussicht fürchten sollten, ohne festes Ziel durch die Kälte weiterziehen zu müssen. Denn im Gegensatz zu dem, was man gemeinhin annimmt, folgen die Roma wie Zugvögel uralten Routen, und wenn sie bei der Ankunft an den Rastplätzen daran gehindert werden, eine Pause einzulegen, sterben die Alten und die Kinder in der Kälte oder verbrennen bei lebendigem Leib in den Wohnwagen, in denen man unvorsichtigerweise ein Feuer gemacht hat.
    Was war weniger gefährlich: zu bleiben und das zu verteidigen, was der Assessor für Soziales von Mailand in Abstimmung mit der Provinzbehörde ihnen großzügigerweise überlassen hatte, oder Kinder, Frauen, Hunde und Hühner wieder in die Wohnwagen zu laden und sich schleunigst auf die Suche nach einem etwas gastfreundlicheren Ort zu machen, wo man den Rest des Winters verbringen konnte?
    Es war schrecklich kalt. Während die aufgebrachten Einwohner sich dabei abwechselten, die Gegend zu bewachen, hatte der Rat der Familienoberhäupter der Roma diskutiert, ob man nicht auf das großzügige Geschenk der Gemeinde verzichten und schleunigst von hier verschwinden sollte.
    Verschwinden, das war doch ein Wort!
    Nach hitzigen Debatten hatten die Oberhäupter beschlossen, dass eine Gruppe aufbrechen und auf eigene Faust einen Ort suchen sollte, wo sie ihr Lager aufschlagen konnten, zumindest so lange, bis sich hier die Wogen wieder etwas geglättet hätten.
    Daher zwängten sich an diesem Donnerstagmorgen kurz nach Sonnenaufgang acht Männer in zwei Autos und brausten, was die Reifen hergaben, über die Staatsstraße Nr. 35 Dei Giovi

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