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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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Mal geschlagen, als sie ihn bei einem Gespräch über den Krieg von 1812 berichtigt hatte. Es war ein seltsamer Schlag gewesen – er hatte ihr die Faust in den Magen gerammt, dass es ihr den Atem verschlug, wie bei einer Prügelei unter Jungen. Aber sie hatte ihn nie wieder berichtigt, auch wenn er noch so falschlag, und er lag oft falsch, egal ob es sich um Geschichte, Mathe oder nichtige Fragen über Grammatik und Sprachgebrauch handelte. Und häufig auch um Menschen. Eliza kannte niemanden, der sich so stark in Menschen täuschte, vor allem in Frauen.
    »Hör mal, Eliza«, sagte Vonnie mit sanfterer Stimme. »Du bist einfach zu nett. Vergiss Walter. Das geht natürlich nicht, ich weiß, aber …«
    »Du würdest staunen. Ich habe kaum an ihn gedacht, vor allem in den letzten Monaten nicht.«
    »Hmm.«
    Eliza wusste, wie sie bei ihrer Schwester das Thema wechseln konnte. »Was hat sich bei dir getan?«
    »Nichts. Alles. Ich bin um diese unmenschliche Zeit online, weil ich die Nachrichten aus dem Nahen Osten in Echtzeit verfolgen will. Ich kann nicht mehr auf die Morgenzeitung warten, nicht mal auf CNN . Schrecklich, wie schnell sich die Welt jetzt dreht und wie oberflächlich alle geworden sind. Wir müssen mehr denken, nicht schneller. Morgen ist wieder der Außenminister oder irgendein Regierungssprecher mit großspurigen O-Ton-Schnipseln in allen Nachrichten, und die Leute bloggen wie verrückt. Das ist nicht produktiv. Außenpolitik ist zu differenziert, da spielen Jahrhunderte Geschichte hinein, so was kann man nicht auf einen platten Sermon reduzieren. Das soll nicht parteiisch klingen«, sagte sie, als wollte sie ihre eigenen Argumente testen. »Es geht mir um eine intellektuelle Debatte. Diese Themen brauchen Ernsthaftigkeit.«
    Eliza widersprach ihr nicht. Sie sah es genauso, aber ihre Sorgen lagen vor der eigenen Haustür. Die Welt drehte sich wirklich zu schnell, trotzdem war es komisch, diese Klage von der koffeingeputschten Vonnie zu hören. Iso und Albie wurden zu schnell groß, Peters neuer Job verschlang zwölf, vierzehn Stunden am Tag für die Aussicht, in ein oder zwei Jahren wirklich reich zu sein.
    Für sie selbst vergingen die Tage in zäher Trägheit. Sie waren angefüllt mit Terminen und Aufgaben, und am Abend war Eliza erschöpft. Aber sie zockelten voran wie Dinosaurier, wie Sauropoden oder Stegosaurier, laut Albie die langsamsten dieser Urzeitviecher.
    Nachdem Eliza ihrer Schwester noch eine Viertelstunde verständnisvoll zugehört und ihr praktisch in jedem Punkt beigepflichtet hatte, entschuldigte sie sich damit, sie sei müde. Aber statt sich schlafen zu legen, blieb sie vor dem Computer sitzen und schrieb. Sie kannte sich gut genug, um zu wissen, dass sie nicht nur zufällig jetzt die rechten Worte fand, um Walter zu schreiben. Als Peter eine Stunde später nach Hause kam, saß sie immer noch am Computer. Aber sie schloss das Dokument schnell, weil sie an diesem Abend nicht noch einmal über das Thema reden wollte, auch nicht mit einem geneigteren Zuhörer. Sie hatte genug von Walter.

Kapitel 10
    1985
    Sie war noch nie draußen zur Toilette gegangen. Bei dem, was ihr gerade geschah, sollte sie sich vielleicht nicht ausgerechnet daran festhalten, das wusste sie, trotzdem war es ihr peinlich. Sie wollte den Mann davon überzeugen, dass sie brav sein würde, wenn er sie eine Toilette an einer Tankstelle oder in einem Fast-Food-Laden benutzen ließ, aber davon wollte er nichts hören. Er war nicht grob oder grausam. Er schüttelte nur den Kopf und sagte: »Nein, das geht nicht.«
    Zu dieser Zeit hatten sie seit drei Stunden in dem Pick-up gesessen. Er hatte zum Tanken gehalten, aber selbst getankt und ihr vorher gesagt, es wäre keine gute Idee, wenn sie versuchen sollte auszusteigen. »Ich will dir nicht wehtun«, erklärte er, als besäße sie die Kontrolle, als würde ihr Verhalten bestimmen, was er tat. Er hielt mit der Beifahrertür direkt neben der Zapfsäule; hätte sie die Tür geöffnet, hätte sie sich nur schwer nach draußen zwängen können, und selbst dann hätte sie zwischen der Tür und dem Tankschlauch gestanden. Sie hätte natürlich auf der anderen Seite aussteigen können, durch die Fahrertür. Während die Zapfsäule vor sich hin klickte – die Säule auf der staubigen freien Tankstelle war alt, und der Preis stieg langsam, Cent für Cent –, testete sie seine Reaktion, indem sie sich leicht nach links beugte. Er stand schneller an der Fahrertür, als sie es für

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