Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
über dich als Mutter geredet. Wie gesagt, ich hätte nur nicht gedacht, dass das wirklich etwas für dich ist. Mehr habe ich nicht gemeint, als ich dir geschrieben habe. Ich wollte nicht schlechtmachen, was du tust. Es überrascht mich nur, dass du das wolltest.«
»Du kennst mich nicht, Walter.«
»Das trifft mich jetzt aber, Elizabeth. Ja, ich habe dir wehgetan. Ich habe dir Schlimmes angetan, das weiß ich, und ich wünschte, man hätte mich dafür zur Verantwortung gezogen. Es war nicht meine Schuld, dass das nicht passiert ist.« Damit hatte er recht. Sie und ihre Eltern hatten darum gebeten, Walter nicht wegen Vergewaltigung anzuklagen, und Walter hatte sich gemäß einer Absprache der Entführung für schuldig bekannt, was im großen Ganzen nicht ins Gewicht fiel, es hängte nur Jahre an eine lebenslange Freiheitsstrafe, die längst vorüber sein sollte. »Ich kenne nicht jede Facette von dir, das stimmt, aber kennst du denn mich? Kannst du verstehen, dass ich mich geändert habe, dass ich weiß, wie wichtig es ist, Abbitte zu leisten bei allen, denen ich geschadet habe?«
Sie hatte das Gefühl, sie sollte sich entschuldigen. Dann wurde sie wütend, dass sie in eine Lage gedrängt wurde, in der sie auch nur einen Augenblick lang dachte, sie müsste sich bei Walter Bowman entschuldigen.
»Elizabeth, ich würde dir das gerne persönlich sagen, damit du siehst, dass es mir wirklich leidtut. Am Telefon kann ich dich offenbar nicht davon überzeugen. Aber ich glaube, wenn ich dir in die Augen sehen könnte, würdest du erkennen, dass ich ein anderer Mensch geworden bin.«
»Ich glaube nicht …«
»Wenn ich dich sehen könnte – vielleicht könnte ich dann für alles um Verzeihung bitten.«
»Das hast du schon. Du hast dich entschuldigt, als wir neulich telefoniert haben. Und gerade noch einmal.«
»Nein, für alles, meine ich. Wenn ich dich sehen könnte, würde ich über die Dinge sprechen, über die ich sonst nie spreche.«
»Meinst du …?«
»Deutlicher kann ich am Telefon nicht werden. Aber wenn du mich besuchst, wärst du vielleicht überrascht, was ich sagen würde.«
Seine Bemerkung über das Telefon, die Andeutung, die Leitung sei nicht sicher, erinnerte sie an etwas. »Walter, hast du Sonntag angerufen?«
»Nein.« Bestimmt, aber nicht abwehrend. »Du hast mir die Zeiten genannt, in denen ich anrufen darf, und daran habe ich mich genau gehalten.« Er klang, als erwartete er ein Lob.
»Jemand hat aber angerufen. Angerufen und wieder aufgelegt, mindestens zwei Mal. Hast du die Nummer weitergegeben?«
»Na ja, sie steht auf meiner Liste. Und Barbara kennt sie, aber ich habe ihr gesagt, sie soll sie auf keinen Fall benutzen. Aber nein, weitergegeben habe ich sie nicht. Ich will gar nicht, dass noch jemand sie hat.«
»Hm. Na gut.«
»Du kommst mich besuchen?«
»Nein. Ich meine … ich rede mit … ich meine, ich denke darüber nach.« Wieder wollte sie sich nicht anmerken lassen, wie vertraut sie mit ihrem Mann war und dass sie alle wichtigen Entscheidungen mit ihm besprach.
»Die Zeit läuft uns davon«, sagte er.
»Das ist mir klar.«
»Wenn ich erst einmal tot bin … na ja, sagen wir einfach, dass ich bestimmte Geheimnisse mitnehmen werde. Aber vielleicht willst du ja genau das.«
»Was meinst du damit?«
»Nichts. Keine Ahnung. Man wird nur manchmal etwas reizbar, wenn man so lebt wie ich. Ich bin kein Heiliger. Und ich biete dir etwas ziemlich Großes an, Elizabeth. Aber nur dir, niemandem sonst.«
»Walter, ich muss jetzt aufhören.«
»Stimmt, am Mittwoch ist Fußballtraining.«
Woher weißt du das? Aber sie fragte nicht. Er wollte, dass sie fragte, so viel war ihr klar. Aber er wusste, dass er sie verunsichert hatte. Die Pause hatte sie verraten.
»Bis dann, Walter. Wir sprechen bald weiter.«
»Persönlich, hoffe ich. Irgendwann.«
»Mal sehen.« Aber wieder hatte sie gezögert und sich damit verraten. Er wusste, dass sie es in Betracht zog.
Kapitel 31
Die Frau auf dem Mittelsitz blickte Jared Garrett über die Schulter auf die Notizen, die er auf dem Klapptischchen vor sich ausgebreitet hatte. Darauf hatte er gehofft. Er hatte seine Karteikarten herausgeholt, weil er ungeduldig und rastlos war, nach diesem Tag brodelte es in seinem Kopf. Wie primitiv, dass Amtrak in seinen Zügen kein WLAN zur Verfügung stellte. Er hätte doch lieber mit dem Auto fahren sollen, aber er hatte gedacht, er könnte im Zug Mails schreiben. Jetzt steckte er in diesem klapprigen alten
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