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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ich immer eine Menge Zeit mit Reden
verschwendeten, wenn wir eigentlich lernen sollten. Dazu
kam, dass Mom in ihren Bridge-Club gehen wollte, sodass
sie nicht zu Hause sein würde, um aufzupassen, dass wir
auch arbeiteten.«
»Wart ihr frühzeitig mit den Hausaufgaben fertig, oder
glaubst du, dass Andrea dich nur benutzt hat, um aus dem
Haus gehen zu können und sich mit Rob zu treffen?«
»Ich glaube, sie wollte von Anfang an früher weggehen.
Daher glaube ich tatsächlich, dass ich ihr nur als Ausrede
gedient habe.«
Und dann stellte ich die entscheidende Frage. »Weißt du
etwas über einen Anhänger, den Rob Andrea geschenkt
hat?«
»Nein, mir gegenüber hat sie so etwas nicht erwähnt,
und wenn er ihr tatsächlich einen geschenkt hat, habe ich
ihn nie gesehen. Aber dein Vater hat ihr einen Anhänger
geschenkt, den hat sie ziemlich oft getragen.«
Andrea trug an jenem Abend einen dicken Pullover mit
V-Ausschnitt. Deshalb war ich mir so sicher, gesehen zu
haben, wie sie das Kettchen mit dem Anhänger anlegte.
Das Kettchen war relativ lang, und der Anhänger hing
mitten im Ausschnitt.
»Dann trug sie nach deiner Erinnerung überhaupt keinen
Schmuck, als sie bei euch wegging?«
»Das habe ich nicht gesagt. Soweit ich mich erinnere,
trug sie ein goldenes Kettchen. Es war kurz und ging
ziemlich knapp um den Hals.«
Aber natürlich, das ist es, schoss es mir durch den Kopf,
als ich mich plötzlich an einen anderen Augenblick
desselben Abends erinnerte. Ihr Mantel befand sich unten,
wo Mutter schon auf sie wartete. Bevor sie aus dem
Zimmer gegangen war, hatte Andrea den Anhänger nach
hinten gedreht und ihn auf den Rücken zwischen ihre
Schulterblätter fallen lassen. Das Ergebnis war, dass es so
aussah, als ob sie ein eng am Hals anliegendes Kettchen
trage.
Ich hatte die Beschreibung der Kleidung, die Andrea
beim Auffinden ihrer Leiche trug, sorgfältig durchgelesen.
Ein Kettchen wurde nicht erwähnt.
Ein paar Minuten später verließ ich Joans Haus mit dem
aufrichtigen Versprechen, sie bald anzurufen. Ich hatte
nichts davon verlauten lassen, dass sie unbeabsichtigt
meine Erinnerung bestätigt hatte, wonach Andrea den
Anhänger getragen hatte.
Seinetwegen war Rob Westerfield am Morgen nach der
Mordnacht zurückgekehrt. Ich war jetzt sicher, dass dieser
Anhänger zu wichtig gewesen war, als dass er ihn an der
Leiche hätte zurücklassen können. Morgen würde ich ihn
auf der Website beschreiben, so wie ich ihn vor zweiund
zwanzig Jahren Marcus Longo beschrieben hatte.
Das ist eine weitere Spur, die ich verfolgen muss, dachte
ich, während ich erneut am Kloster Graymoor vorbeifuhr.
Wenn für Rob Westerfield so viel auf dem Spiel gestanden
hatte, dass er noch einmal zurückgekehrt war, um den
Anhänger zu holen, dann gab es da draußen vielleicht
jemanden, der an einer Belohnung interessiert war und mir
sagen könnte, weshalb er so wichtig für ihn gewesen war.
Die Kirchenglocken von Graymoor hatten zu läuten
begonnen. Es war Mittag.
Grundschule. Um zwölf Uhr das Angelus-Gebet. Und
der Engel des Herrn verkündete Maria… Und Marias
Antwort an Elisabeth. Meine Seele erhebet den Herrn und
mein Geist frohlocket …
Vielleicht wird mein Geist eines Tages wieder
frohlocken, dachte ich und schaltete das Radio ein.
Aber noch ist es nicht so weit.

23
    VON DER EMPFANGSTHEKE im Parkinson Inn konnte
ich in den Speisesaal sehen und mich davon überzeugen,
dass er, wie am Wochenende nicht anders zu erwarten,
voll besetzt war. Die heutigen Gäste schienen in besonders
guter Stimmung zu sein. Vielleicht hatte der sonnige
Herbstnachmittag seine aufmunternde Wirkung getan,
nach den eher trüben Tagen in der ersten Wochenhälfte.
    »Es tut mir Leid, aber für das Wochenende sind schon
alle acht Zimmer vergeben, Miss Cavanaugh«, sagte der
Angestellte. »Das war schon so bei allen bisherigen
Wochenenden in diesem Herbst, und bis Weihnachten
wird sich daran nichts ändern.«
    Damit hatte sich die Sache erledigt. Es hatte wenig Sinn,
unter der Woche hier zu wohnen und dann jeweils zum
Wochenende auszuziehen. Ich musste eine andere Bleibe
finden. Die Aussicht allerdings, auf der Suche nach einem
Zimmer von einem Gasthaus oder Motel zum nächsten zu
fahren, war nicht gerade verlockend. Daher beschloss ich,
zur Wohnung zurückzufahren und gleich für die nächsten
paar Monate eine Unterkunft zu suchen, indem ich mir das
Telefonbuch vornehmen und die nötigen Anrufe erledigen

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