Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
gespaltene Zunge züngelte vor seinem Maul, als er sich über den Wüstenboden schlängelte, wobei sein Riesengewicht kleine Sandströme zu Tal fließen ließ.
Smith beobachtete, wie die Schlange ganz auf seine Lichtung glitt, und holte unwillkürlich tief Luft. Der Python war mindestens vier Meter lang und hatte den Umfang eines Menschenleibs. Seine Schuppenhaut glänzte im Feuerschein, und die schönen, unglaublich komplizierten Muster schienen sich selbstständig zu bewegen, während gewaltige Muskeln sich zusammenzogen, um das Tier voranzuschieben.
Als die Schlange näher kam, begann sie den Schwanz und dann den Leib einzurollen; ihr ganzer gewaltiger Körper ruhte auf einer sich verjüngenden Spirale, bis beider Köpfe auf gleicher Höhe waren und die schwarzen Schlangenaugen in seine starrten.
Smith starrte das Tier wie hypnotisiert an. Dann, als er kurz davor war, sich in den größer werdenden schwarzen Augen zu verlieren, begann der Python sich zu verändern. Die glatten Linien seines Körpers wölbten sich aus und verdrehten sich, und der schwere, kantige Kopf wich in sich selbst zurück, streckte und veränderte sich. In weniger als zehn Sekunden war die Umwandlung abgeschlossen, und Smith spürte ein Grinsen auf seinem Gesicht: das unschuldige Grinsen eines kleinen Jungen, der eben etwas Wunderbares gesehen hat.
Wo die Schlange gewesen war, saß jetzt ein gut aussehender Schwarzer mittleren Alters, der die Arme über den Kopf hob und den Kopf von einer Seite zur anderen drehte. Smith hörte ein mehrmaliges Klicken, bevor der Mann die Arme sinken ließ und ihn lächelnd ansah.
»Metamorphosen sind scheußlich«, sagte er. »Sogar hier. In den ersten fünf Minuten hab ich immer Angst, dass ich irgendwas nicht richtig gemacht hab – ob ich Schlangenhautzehen hab, wenn ich die Schuhe auszieh. Du verstehst, was ich mein?«
Smith schüttelte den Kopf. Der Mann lächelte nochmals.
»Du verstehst nichts, was?«, sagte er. »Du gehörst überhaupt nicht hierher. Wer hat dir den Pfad geöffnet?«
»Einer der Hopi«, antwortete Smith. »Ich bin – oder war – in Arizona.«
»Das bist du noch immer«, bestätigte der Mann. »Dein Körper bewegt sich nicht. Dein Verstand dagegen …«
»Ich träume also?«
»In gewisser Beziehung. Dies ist die innere Realität, der Raum dazwischen. Sie ist kein realer physischer Ort. Mehr metaphysisch, wenn du mir folgen kannst?«
»Und du lebst hier?«, fragte Smith, dem der Kopf wirbelte.
Der Mann grinste. »Ich lebe in New Orleans«, stellte er fest.
Smith sah sich den Schwarzen, der ihm mit bequem untergeschlagenen Beinen gegenübersaß, sein Gesicht offen und freundlich, genauer an. Über der linken Brusttasche seines Jeanshemds trug er einen Aufkleber von der Art, wie Verkäufer in Elektronikshops sie tragen:
HI! Mein Name ist
Papa Lafayette
Was kann ich
für Sie tun?
»Papa Lafayette«, sagte er leise.
»Der bin ich«, bestätigte der Mann. »Was kann ich für dich tun, nachdem du mich gefunden hast?«
»Gefunden?«, fragte Smith. »Ich hab nicht mal gewusst, dass ich dich suche.«
»Aber du hast’s getan, ob du’s weißt oder nicht. Worum geht’s also? Ich hab nicht die ganze Nacht lang Zeit.«
Smith machte eine Pause, sammelte seine Gedanken. Sein Verstand waberte, trieb im Meskalinrausch mal hierhin, mal dorthin, aber er zwang sich zur Konzentration.
»Ich suche Antworten«, sagte er.
»Auf welche Fragen?«
»Fragen nach Vampiren.«
Papa Lafayette verzog das Gesicht. »Ich bin kein Experte fürs Übernatürliche«, sagte er. »Ich bezweifle, dass ich die Antworten geben kann, die du suchst.«
»Was machst du dann hier?«, fragte Smith. »Warum reden wir dann miteinander? Ein Verrückter hat mich nach Oraibi geschickt, also bin ich hergekommen. Tocho, der alte Hopi, hat mich hier erwartet; er hat gesagt, dies sei der nächste Schritt, und ich habe ihm geglaubt, und jetzt bin ich hier mit dir zusammen. Was soll dieser ganze Scheiß, wenn du mir erzählst, dass du mir bei dem, was für mich wichtig ist, nicht helfen kannst?«
»Keine Ahnung«, antwortete Papa Lafayette, der wieder sein unbekümmertes halbes Lächeln aufgesetzt hatte. »Echt nicht! Vampire sind irdische Wesen, die mit Blut und Tod zu tun haben. Ich bin fürs Spirituelle zuständig.«
»Also frage ich dich noch mal: Was tust du hier?«
Papa Lafayette seufzte. »Heut Abend hab ich den Drang gespürt, in die innere Welt zu wechseln«, sagte er halblaut. »Vielleicht stärker
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