Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
nicht passte. Am Tisch in dem kleinen Esszimmer, das durch eine Tür mit Glaseinsatz vom Wohnzimmer abgetrennt war, telefonierte seine Mutter mit ihrer Schwester. Sie sprach ruhig, aber animiert über ein Starlet, das einen B-Promi am Traualtar stehen gelassen hatte. Das war offenbar der Skandal der Woche.
In der Küche goss Matt sich ein Glas Wasser ein und leerte es an einen der Schränke gelehnt. Er bezweifelte, dass irgendjemand auf der Welt so viel über Vampire wusste, wie er in den zwei Monaten nach seiner Heimkehr in sich aufgenommen hatte.
In dem Wagen mit den dunkel getönten Scheiben, der ihn nach Hause brachte, wusste Matt, dass die ersten Augenblicke seiner Heimkehr entscheidend sein würden. Wenn man ihm glauben sollte, wenn seine Eltern wie der Arzt auf dem Stützpunkt denken sollten, er könne sich nicht daran erinnern, was ihm zugestoßen war, musste er sein Blatt perfekt ausspielen.
Der Arzt war über sein Erwachen aus dem Koma so befriedigt gewesen, dass er den vorgetäuschten Gedächtnisverlust kaum beachtet hatte. Matt musste sich zahlreichen Tests unterziehen, aber er erkannte rasch, dass der Arzt damit gerechnet hatte, er werde mit schweren Gehirnschäden aufwachen, und das gab ihm den Mut, überzeugend zu lügen. Er entschied sich für einen Zeitpunkt vier Tage vor dem Vorfall und beharrte darauf, sich an nichts erinnern zu können, was seitdem geschehen war. Er spielte den wegen seiner Amnesie Frustrierten und Sorgenvollen; er vergoss aus Angst und Verwirrung bittere Tränen, während der Arzt seine Hand hielt und ihm beruhigend versicherte, alles werde wieder in Ordnung kommen.
Ein kritischer Augenblick kam, als eine Krankenschwester einen Test mit dem Lügendetektor vorschlug, der vielleicht verschüttete Erinnerungen zutage fördern würde, falls Matt log, ohne es eigentlich zu wollen. Aber der Arzt fuhr sie aufgebracht an und sagte, der arme Junge habe schon genug mitgemacht. Die junge Frau entschuldigte sich eingeschüchtert für ihren Vorschlag, und Matt atmete innerlich auf.
Mit dem Brief, den er abgeben sollte, in der Hand stand er mehrere Minuten lang vor dem kleinen Haus seiner Eltern, während er sich auf seinen Auftritt vorbereitete. Dann klingelte er und wartete, bis sein Vater die Tür öffnete. Letztlich brauchte er nicht viel zu schauspielern; er hatte kaum begonnen, eine weitschweifige Entschuldigung zu stottern, als sein Vater ihn in die Arme schloss und ins Haus zog.
Greg Browning schleppte ihn in die Küche, setzte ihn ab und sank auf einen der abgenutzten Plastikstühle. Seine Augen drohten aus den Höhlen zu quellen, und er griff sich so krampfhaft an die Brust, dass Matt einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete, sein Vater habe einen Herzanfall. Dann entrang sich Greg ein lautes Schluchzen, und die Spannung wich aus seinem Körper, als er zu weinen begann. Während ihm Tränen übers Gesicht liefen, griff er nach dem Telefonhörer und wählte mit zitternden Fingern eine Nummer, ohne Matt eine Sekunde aus den Augen zu lassen, als fürchte er, der Junge könnte sonst wieder verschwinden. Dann meldete sich eine Stimme, und Greg heulte Rotz und Wasser, als er seiner Frau mitteilte, ihr Sohn sei wieder daheim.
Matts Mutter traf am nächsten Morgen mit dem ersten Zug aus Osten ein. Matt sagte nichts, vermutete aber, seine Eltern hätten sich gestritten und seine Mom sei zu seiner Tante in Sheffield gefahren. Sie kam mit seiner kleinen Schwester auf dem Arm ins Haus, rief laut nach Matt, bis sie ihn sah, und verstummte dann. Ihr Gesichtsausdruck war unbeschreiblich, zumindest für Matt, und ließ ihn sofort in Tränen ausbrechen. Nun begann seine Mom ebenfalls zu weinen. Sie setzte seine kleine Schwester vorsichtig aufs Sofa und umarmte ihn so fest, dass er sich fragte, ob sie ihn jemals wieder loslassen würde.
An diesem Abend saßen sie zu dritt im Wohnzimmer und sprachen zum ersten und letzten Mal über die Nacht, in der Matt verloren gegangen war. Bei seiner Geschichte zu bleiben war einfach; seine Eltern waren von Erleichterung über seine Heimkehr so überwältigt, dass sie nicht einmal auf die Idee kamen, der Junge könnte mehr wissen, als er sagte. Als sie sich ausgesprochen hatten, gab sein Vater ihm den Brief, den er mitgebracht hatte.
»Den solltest du lesen«, sagte er.
Matt nahm den Brief entgegen, faltete ihn auseinander und las.
Mr. und Mrs. Browning,
der Vorfall, bei dem Ihr Sohn seine Verletzungen erlitt, ist ein Vorgang, der höchste
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