Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
Zügel schießen lassen konnte.
Alexandru war allen, die ihn sahen, als schemenhafter Todesengel erschienen; um ihn herum waren ganze Trauben von Türken zu Boden gesunken, klein gehackt und zerschlitzt und zerstückelt. Er war keinen Augenblick in Sorge gewesen, er könnte verwundet werden; dergleichen war in seinem gewalttätigen, chaotischen Leben noch nie passiert, und so auch hier nicht. Jetzt ging er äußerlich ruhig neben seinem Bruder her, aber in seinen Gedanken drehte sich weiter alles um Blut und Gewalt.
Rechts neben Valeri ging mit unergründlichem Gesichtsausdruck der jüngste der drei Generale des walachischen Heeres. Auch Valentin Rusmanov war ohne Verwundung davongekommen, aber er wirkte trotzdem bedrückt. Er teilte weder Alexandrus instinktive Gewaltbereitschaft noch Valeris Überzeugung, der Tod von tausenden ihrer Soldaten stelle schlimmstenfalls eine Unannehmlichkeit dar.
Nein. Die Vernichtung ihres Heeres erfüllte Valentin mit Abscheu und Sorge; er hatte auf der Flucht die Leichen von Männern zurückgelassen, die er als Freunde betrachtet und die selbst gegen eine riesige Übermacht tapfer gekämpft hatten. Diese Schlacht war nie zu gewinnen gewesen und hätte nie gefochten werden dürfen; das war Valentin und sogar Valeri klar gewesen – auch wenn der älteste Rusmanov das nie zugegeben hätte –, lange bevor der erste Schwerthieb geführt worden war. Wie in den meisten Schlachten gaben letztlich einfache Zahlen den Ausschlag, und zahlenmäßig waren die Türken weit überlegen gewesen. Numerische Unterlegenheit ließ sich manchmal durch brillantes Führertum oder Geländevorteile wettmachen, aber dieser Fall war heute nicht eingetreten, sondern sie waren unbarmherzig schnell in die Flucht geschlagen worden.
Valentin hielt seinen Blick während des Marschs auf mittlerer Entfernung. Jeder Beobachter hätte glauben müssen, er starre ins Leere, aber das war nicht der Fall. Unter seiner äußerlichen Ruhe beurteilte er wie immer alles um ihn herum, hielt Ausschau nach potenziellen Gefahren: hinter der nächsten Kurve der staubigen Straße, unter den mächtigen Bäumen des Waldes, durch die sie verlief, oder aus der murmelnden Menge, die seinen Brüdern und ihm folgte. Seine scharfen Ohren vernahmen immer mehr flüsternde Stimmen, die sich begreiflicherweise mit den Umständen befassten, durch die sie in diese Lage geraten waren. Valentin wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, wann sie bei der Suche nach Antworten das Verhalten ihrer Offiziere und vor allem das ihres abwesenden Fürsten kritisieren würden.
Das geschah rascher, als Valentin erwartete.
»Warum hat er uns im Stich gelassen?«, schrie eine Stimme aus den Reihen der Soldaten, dann wurde ein Schwert scheppernd auf die Straße geworfen. Die Menge begann sich zu teilen und zurückzuweichen, sodass der Mann, der die Stimme erhoben hatte, sichtbar wurde. Seine staubige Rüstung war mit Blut befleckt, und er hielt sich den verwundeten linken Arm, an dem er einen durchgebluteten Verband trug. Seine Augen blitzten vor Zorn, als er die Brüder Rusmanov anstarrte, die sich nach der Ursache des Tumults umgedreht hatten.
»Warum flüchten wir wie Ratten?«, fragte der Mann. »Während unsere Brüder sterbend zurückgeblieben sind und unser Fürst desertiert ist? Derselbe Prinz, der uns einen Sieg versprochen hat.«
Alexandru Rusmanov, auf dessen blutverschmiertem Gesicht ein erwartungsvoller Ausdruck stand, machte einen Schritt auf den Mann zu, aber als Valeri eine Hand hob, machte er halt. Valeri trat seinerseits vor und musterte den Soldaten, als habe er ein besonders interessantes Insekt vor sich.
»Was sagst du da?«, fragte er täuschend sanft. »Was soll dieser Verrat?«
»Ist’s Verrat, die Wahrheit zu sagen?«, blaffte der Soldat, der Florin hieß, wenn Valeri sich recht erinnerte. »Fürst Vlad hat uns im Stich gelassen, damit wir in seinem Namen sterben. Wie konnte er das nur tun? Wie konnte er uns so den Rücken kehren?«
Valeri zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. »Wenn Fürst Vlad das Schlachtfeld verlassen hat«, sagte er so gleichmütig wie möglich, »wird er gute Gründe dafür gehabt haben. Deinesgleichen steht’s nicht zu, über sie zu spekulieren.«
»Meinesgleichen?«, rief Florin aus. »Was sind Leute wie meinesgleichen? Gut genug, um durch türkische Krummsäbel zu sterben, aber nicht gut genug, um fragen zu dürfen, wo mein Fürst war, als wir in verzweifelter Not waren? Nicht gut
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